Herrscher der Eisenzeit
Provinzkönige werden lokale Herrscher von Gnaden des englischen Königs, womit ihre Ländereien – zumindest für eine gewisse Zeit – für Einwanderer tabu sind und somit der Kolonisierung entgehen.
Irland beginnt, Bestandteil des englischen Feudalsystems zu werden.
Ab 1260 gibt es keinen irischen Hochkönig mehr. Ab 1303 ist auch der letzte Erzbischof in Irland durch einen Anglo-Normannen ersetzt. Ist das schon das Ende der Kelten in Irland? Die ehemaligen Aristokraten als formelle Untertanen der englischen Krone und im täglichen Leben Vasallen anglo-normannischer Landräuber?
Hibernicis ipsis Hiberniores – »Irischer als die Iren«
Mitte des 13. Jahrhunderts ist Irland ein Land des Krieges. Iren kämpfen gegen Normannen, Normannen kämpfen untereinander, und die London treuen Dubliner, Wexforder und Waterforder kämpfen gegen alle um ihre Existenz. In dieser Zeit der Macht- und Verteidigungskämpfe hat der Beruf des Söldners Hochkonjunktur.
Die königstreuen Normannen können ihren Bedarf an professionellen Kriegern schon bald nicht mehr aus den eigenen Reihen decken. Doch Abhilfe ist bald geschaffen. Auf den westschottischen Inseln hat sich aus der Vermischung von rauen Schotten und Wikingerkriegern eine eigene Kriegerkaste herausgebildet, die g allógláigh (Galloglas – auf Deutsch: fremde Krieger, s. Farbbildteil Abb. 29), große, schwer bewaffnete Berufskämpfer. Sie anzuheuern ist jedoch nicht ganz ungefährlich, denn ihre Loyalität ist käuflich. Sie lassen sich von jedem Herrn kaufen (bzw. auch abwerben), der bereit ist, ein entsprechendes Entgelt für ihre Dienste zu zahlen, sei er nun Normanne aus Dublin oder auch irischer Kleinkönig. Die heute in Dublin stationierten Royal Galloglas, eine speziell für den Personenschutz ausgebildete Spezialeinheit, leiten ihre Geschichte direkt von diesen westschottischen Söldnern her.
Die gallógláigh stehen in direkter Konkurrenz zu den irischen ceatharnaigh , den Kerns. Bereits seit dem Ende des 12. Jahrhunderts ziehen diese leicht bewaffneten rauen Gesellen, die weder Kopfbedeckungen noch Schuhe kennen, in Gruppen bis zu 20 Kriegern durch die Lande und verkaufen ihre Kriegsdienste auf Zeit. Gibt es keine Auftraggeber, nutzen sie ihre kämpferischen Fähigkeiten zur Selbstversorgung. Mit diesem kriegerischen Potenzial im Hintergrund passieren in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts schließlich mehrere Dinge, die so vorhersehbar wie folgenschwer sind.
Eine Einrichtung des traditionellen keltischen Rechts, dem sich viele Kleinkönige und Adlige verpflichtet fühlen, stellt für die englische Krone eine besondere Gefahr dar: die Möglichkeit, einen König frei zu wählen , statt der Erbfolge ihren Lauf zu lassen. Einen Warnschuss erhält England schon Mitte des 13. Jahrhunderts. Der früher intern heiß umkämpfte Titel des Hochkönigs wird sogar Ausländern angeboten, vorzugsweise erklärten Gegnern Englands. Der Kandidat des Jahres 1263 ist König Haakon IV. von Norwegen, den jedoch sein unerwarteter Tod daran hindert, die Ehre anzunehmen.
52 Jahre später landet der schottische König Edward Bruce in Ulster, ein Anglo-Normanne und Gegner des englischen Königs. Allein das qualifiziert ihn zum neuen Champion vieler irischer Aristokraten, die sich ihm anschließen, speziell als er auf Dublin zuhält. Edward Bruce wird zwar letzten Endes geschlagen, doch das Schlachten richtet im Hinterland von Dublin so viel Verwüstung an, dassdie Herrschaftsstrukturen der »Ostmänner« und Normannen dort komplett zusammenbrechen. Viele der vormals enteigneten irischen Familien nutzen die Chance und nehmen ihr Land wieder in Besitz.
Knapp 30 Jahre später zeigt ein weiteres Ereignis, dass Henry II. und seine Nachfolger mit der Stadtbevölkerung als Bollwerk in Irland auf ein äußerst unsicheres Pferd gesetzt haben. 1348/49 werden die Einwohner der Städte von der Pest heimgesucht und stark dezimiert. Die hiberno-normannische, sowie die einheimische irische Landbevölkerung bleibt davon weitestgehend unberührt. Sie lebt an frischer Luft in großzügig gestalteten Landsitzen und Gehöften direkt an der Quelle frischer Nahrungsmittel.
Es sind auch die Gebiete außerhalb der Städte, in denen von nun an verstärkt eine sogenannte Hibernisierung stattfindet. Schon in den Zeiten des Strongbow haben sich Grenz- oder »Cambro-Normannen« (i.e. die Normannen aus den Grenzgebieten zu Wales) und Iren vermischt. Übergreifende Heiraten (oft genug Zweckehen) waren und
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