Herrscher der Eisenzeit
und hat keine eigene sachliche Bedeutung, sondern bezeichnet die Kelten als Völkerschaft. Daneben gibt es im Lateinischen das phonetisch ähnliche celsus bzw. celsi , was ebenfalls »erhöht« bedeutet. Dieser herleitbare gemeinsame Ursprung im Indogermanischen legt die Vermutung nahe, dass keltoi in der Tat nicht der Name einer Völkerschaft, sondern die eingebürgerte Bezeichnung für die Oberschicht gewesen ist.
Etwas anders liegt die Sache mit den galli . Weder im Altgriechischen noch im Lateinischen taucht ein anderes, ähnlich klingendes Wort auf, außer dem Eigennamen, mit dem eben diese Völkerschaft bezeichnet wird (also galli bei den Römern und galatae bei den Griechen). Die Wurzel »gal-« scheint also eine rein »keltische« Wortschöpfung aus der Zeit nach dem Auseinanderfallen der »Ursprache« in die einzelnen Sprachfamilien zu sein. In den modernen keltischen Sprachen finden wir gal sowohl im Walisischen mit der Bedeutung »grimmig«, »wild«, als auch im irischen Gälisch, wo es direkt »kriegerisch« bedeutet.
Und warum nannten die Römer sie nun galli und die Griechen keltoi ?
Die in diesem Kapitel beschriebene Entwicklung mag eine Erklärung bieten. Die Ansprechpartner der Griechen in der Phase der Kontaktaufnahme waren die keltoi , die Herren der Handelsrouten. Der Erstkontakt mit den Römern dagegen kam erst wesentlich später zustande. Hier waren es im 4. vorchristlichen Jahrhundert auch keine Händler, die über die Alpen gestürmt kamen, um Geschäfte zu machen, sondern die Kriegerhorden – galli – unter ihrem Fürsten Brenn, latinisiert Brennus, derselbe, der dem bekannten Alpenpass seinen Namen gegeben hat.
Auch die Griechen gingen im 3. Jahrhundert v. Chr. dazu über, verstärkt den martialischen Terminus galatae zu verwenden. Angesichts der keltischen Kriegerhorden, die plündernd und brandschatzend über Makedonien, Thrakien und Griechenland herfielen und später diese – den nachbarschaftlichen Gemeinschaftssinn nicht gerade fördernde – Lebensweise unter anderem als Söldnerheere im Dienste regionaler einheimischer Fürsten in Kleinasien fortsetzten, ist dieser Wandel nicht wirklich verwunderlich.
Krieg der Welten anno 750 v. Chr.
Die wohlhabende frühkeltische Handelsgesellschaft wächst und gedeiht über mehrere Jahrhunderte hinweg. Doch gegen Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. geschehen seltsame Dinge. Es sind Ereignisse, die unauslöschbare Spuren hinterlassen, ohne dabei jedoch wirklich drastische Veränderungen zu bewirken. Über das, was da im 8. vorchristlichen Jahrhundert geschah, kann heute nur spekuliert werden. Fakt ist, dass es (was immer ›es‹ letzten Endes war) den Menschen solche Angst einjagte, dass viele ihre Siedlungen verließen und sich in entlegenere Gebiete zurückzogen. Bedingt mag hierfür ein Klimasturz verantwortlich sein, der mit viel Regen einherging. Gehöfte wurden oft an Gewässern errichtet, durch den Regen stiegen die Pegel und die Ufer wurden überschwemmt. Verstärkt wird jetzt auch um den Beistand der Götter gebeten. Die Tieropfer nehmen zu, doch nehmen die Götter sie anscheinend nicht wahr. Angesichts der Gefahr, die den Gemeinschaften droht, müssen die Opfer offenbar größer und wertvoller werden. Daher bieten die Menschen in ihrer Not das Wertvollste an, das sie besitzen: sich selbst. In Böhmen stießen Archäologen 1950 auf eine Höhle mit Tierknochen und den Überresten von 40 meist jungen enthaupteten Menschen. Dass es sich um den Schauplatz eines Rituals und nicht etwa das Entsorgen der Leichen von Ausgestoßenen handelt, beweist ein weiblicher Schädel, der zu einem Trinkgefäß umgearbeitet worden war.
Doch stellen das vereinzelte Verlassen angestammter Wohnsitze und das nachweisliche Ansteigen der Opferhandlungen nicht die einzigen Entwicklungen im 8. Jahrhundert v. Chr. dar. Mehr oder weniger unvermittelt halten einige neue Sitten bei den Frühkelten Einzug.
Eine der auffälligsten Veränderungen tritt bei der Fortbewegung ein: Die wohlhabenden Anführer der Kriegergruppen beginnen auf Pferden zu reiten, und zwar nicht nur von A nach B, sondern auch und vor allem im Kampf. In Gräbern aus dieser Periode findet manspäter vereinzelt neuartige Gebisstrensen, die ihren Ursprung definitiv außerhalb des keltischen Siedlungsgebietes haben.
Etwas später taucht eine lang vergessene Tradition im Zusammenhang mit Begräbnisritualen wieder auf: der Grabhügel, der mehr als 500 Jahre vorher der Urnenbestattung gewichen war.
Weitere Kostenlose Bücher