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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ich will«, ahmte er sie höhnisch nach. »Für ein Mädel, das gestern noch vor Verzweiflung lieber verhungern wollte, als mit mir zu sprechen, stellst du eine beträchtliche Menge Forderungen.«
    »Gestern war gestern«, ließ Roselynne einen Schimmer jenes übermütigen Temperaments aufblitzen, das unter der Fassade der gelassenen Edeldame schlummerte. »Macht Ihr mir jetzt zum Vorwurf, dass ich Euch besser kennen lernen will, ehe Ihr mein Gatte werdet?«
    Sie konnte spüren, wie sehr sie den Grafen verwirrte und erstaunte. Ihre Jahre bei Hof hatten ihr die Fähigkeit eingetragen, auch die griesgrämigsten Gemüter zu besänftigen und zu bezaubern, wenn sie es nur darauf anlegte. Ihre innere Stimme sagte ihr, dass es möglich war, diesen Bären von einem Mann ähnlich zu dressieren wie das Zotteltier, das beim Erntedankfest den Hof amüsiert hatte. Er war nicht raffiniert genug, um die Winkelzüge ihres Geistes nachzuvollziehen und viel zu gerade heraus, um mehr zu bemerken als das, was sich genau unter seiner Nase abspielte.
    Die ersten Erfolge ihrer subtilen Taktik konnte sie im Laufe das Tages verfolgen, und als sie in der hereinbrechenden Nacht wieder ihr Lager aufschlugen, war sie mit sich selbst sehr zufrieden.
    Sie hatten ein verlassenes Gehöft gefunden, dessen Dach halb eingestürzt war, das aber dennoch trockene Ecken rund um die gemauerte Feuerstelle aufwies. Der gestampfte Lehmboden war mit Blättern und Unrat bedeckt, aber die groben Steinmauern boten ein wenig Schutz vor der nächtlichen Brise und der zunehmenden Kälte.
    Was immer die Bewohner des Hauses veranlasst hatte, ihr Heim aufzugeben, es musste in größer Eile geschehen sein. Es gab noch Reste von Strohsäcken, ein paar verkratzte Holzschalen, einen dreibeinigen Hocker und einen eisernen Kessel, der halb vergraben in der letzten Asche gelegen hatte. Roselynne hatte ihn mit dem Wasser gesäubert, das MacDonald von der nahen Quelle geholt hatte, und nun simmerte über dem Feuer der Hase in einem duftenden Gemisch aus wilden Kräutern und gehackten Wurzeln.
    Roselynne rührte das Gericht von Zeit zu Zeit mit einem geschälten Zweig um und beobachtete verstohlen ihren künftigen Gatten, wie er in der Gürteltasche herumfuhrwerkte, die er nie ablegte. Ob er den Ring des Herzogs dort verbarg? Trotz aller Ergebenheit in ihr Los vermochte sie die Existenz dieses Kriegspfandes nicht einfach zu vergessen. Sie würde für die Ihren tot sein, aber sie wollte nicht, dass ihnen zusätzliches Leid zugefügt wurde.
    »Seid Ihr sicher, dass es klug ist, Robert Kurzhose zu unterstützen?«, sagte sie aus diesen Gedanken heraus, als er die Tasche schloss und sich hungrig schnuppernd über den Kessel beugte. »Er neigt zum Verrat, das hat er beim eigenen Vater oft genug unter Beweis gestellt. Er ehrt nur einen Menschen, und das ist er selbst.«
    »Was weißt du schon von solchen Dingen«, schnaubte der Graf unwillig und fuhr zu ihr herum.
    »Trägt der Ring überhaupt das richtige Wappen?«, sprach Roselynne unbeeindruckt weiter. »Kennt Ihr das Wappen der Anjou in allen Einzelheiten?«
    »Du etwa?«
    »Natürlich. Es handelt sich immerhin um die Familie meines Königs. Zeigt mir den Ring!«
    Robert Duncan wusste selbst nicht, was ihn dazu trieb, dem sanften Befehl zu folgen. Aber was konnte schon geschehen, wenn er ihrem Wunsch nachkam? Sie würde wohl kaum das Kleinod an sich reißen und im Dunkel der Nacht verschwinden.
    Er fasste in die Tasche und holte das saubere Leinentuch heraus, in das er das Pfand geschlagen hatte. Auf dem hellen Gewebe schimmerte der breite Goldreif mit dem fein geschliffenen Rubin um die Wette. Ein prachtvolles Juwel, das sich der sonst so geizige Robert für seinen schottischen Verbündeten da vom Fierzen gerissen hatte. Überredung und Belohnung zugleich. Eigentlich bedurfte es des eingeritzten Wappens gar nicht mehr, nur Könige besaßen solchen Reichtum.
    »Heilige Mutter Gottes«, flüsterte Roselynne andächtig und berührte mit einer Fingerspitze den Stein. Er war kühl und brennend zugleich. »Er ist verflucht, das ist steinernes Blut!«, fügte sie erschauernd hinzu.
    »Narretei«, polterte der Graf, dem ihre plötzliche Blässe nicht gefiel. »Das ist ein Ring wie jeder andere, du musst ihn nicht fürchten. Noch hat er nichts bewirkt, und vielleicht wird er es auch nie tun. Willst du ihn tragen?«
    Was ihn dazu trieb, ihr ein so absonderliches Angebot zu machen, war ihm selbst ein Rätsel. Vielleicht, weil er wieder ein

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