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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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bedeckt, das Jahr um Jahr dichter wurde. Der Rosenturm von Hawkstone. Sie war im Schutze dieses Turmes aufgewachsen und man nannte sie und ihre Schwestern die Töchter des Rosenturmes. Jene, die in ihrem Herzen trotz der christlichen Priester noch dem alten Glauben anhingen und die große Mutter verehrten, wussten, dass die Lady von Hawkstone und ihre Töchter über eine Macht verfügten, die über den gewöhnlichen menschlichen Verstand hinausging. Eine Macht, die Roselynne im Gegensatz zu ihren Schwestern stets geleugnet hatte. Sie glaubte sich erhaben über diesen dummen Aberglauben und all den Hokuspokus. Es gab für alles eine logische Erklärung, und nur einfältige Gemüter ließen sich davon beeinflussen. Wenn sie auf etwas stolz war, dann auf den Adel ihres Namens, die Makellosigkeit ihres Blutes und die innere Ruhe, die sie von dem albern tratschenden Weibervolk unterschied.
    Sie hatte früh gelernt, allzu heftigen Gefühlen zu misstrauen. Es brachte nur Unruhe und Verdruss, sich das Herz schwer zu machen. Sie hatte es einmal getan und ihre Lehren daraus gezogen. Weshalb aber versagte ausgerechnet jetzt ihre sonst so nüchterne und realistische Sicht der Dinge? Was hatte die Dämme zerstört und sie in diesen Mahlstrom der Verzweiflung gezogen?
    Die Macht des Rosenturmes? War sie umsonst vor ihm geflohen? Reichte sein Schatten gar bis nach Winchester?
    »Tut es nicht!«
    Es waren weniger die Worte als der drängende Tonfall, der den Edelmann zu einem erstaunten Hochziehen der Brauen veranlasste, und sein stets gelassenes, marmorschönes Antlitz zeigte einen Hauch von Leben.
    »Wovon sprecht Ihr, Gräfin?«
    Die stattliche Edeldame, die sich auf einen Stock mit Silberknauf stützte und deren faltige Züge die Spuren lebenslanger Herrschsucht wie auch vergangener Schönheit in sich bargen, schnaubte unwillig.
    »Ihr wollt, dass ich es ausspreche? Lasst Euch von unserem ehrgeizigen Herzog nicht ins Verderben schicken, mein Freund. Die Rolle des Spions passt nicht zu Euch und ich sehe keinen Sinn darin, dass Ihr das Meer überquert, um alte Wunden von Neuem aufzureißen.«
    Es waren die falschen Worte. Die Gräfin hatte trotz ihres hohen Alters sehr scharfe Augen, und das kurze, unwillige Aufleuchten in dem saphirblauen, kalten Edelsteinblick entging ihr nicht. Der junge Seigneur, verärgert über ihre persönliche Einmischung, suchte nach höflichen Worten, um sie zum Schweigen zu bringen.
    »Erspart es Euch und mir.« Eine schroffe Handbewegung verlieh der Forderung der alten Dame Nachdruck. »Ihr wollt es nicht hören, aber ich sage es Euch trotzdem. Wilhelm selbst hat sein Erbe aufgeteilt und Rufus ist der rechtmäßige König von England. Unser allzu ehrgeiziger Herzog Robert von Anjou giert nach einer Krone, die ihm der eigene Vater verweigert hat. Lasst Euch nicht für einen Bruderkrieg missbrauchen, nur weil Euer Groll gegen eine Person sich auf ein ganzes Land ausdehnt.«
    »Zum Henker, Gräfin! Findet Ihr nicht, dass Ihr Euch in Dinge mischt, die Euch nichts angehen? Woher wisst Ihr überhaupt davon?«
    »Sie gehen mich sehr wohl etwas an«, beharrte die Greisin eigensinnig. »Hätte ich nicht um jeden Preis versucht, Euch zu meinem Enkelsohn zu machen -wenn auch vergebens -, so wäret Ihr durchaus noch der Mann, der auf den Rat einer alten Frau hört.«
    Sie erhielt ein zynisches Lächeln zur Antwort, das wie Eis in seinen Augen glitzerte und reihenweise die Herzen der jungen Edeldamen am Hofe zu Rouen brach. Nicht, weil es so warm und Anteil nehmend war, sondern weil ihm die ferne, kalte Klarheit eines makellosen Edelsteins anhaftete. Eines Juwels, dessen sich jede der Schönen am Hofe des Herzogs gern gerühmt hätte, weil es der eigenen Verführungskraft den Ruf verliehen hätte, unwiderstehlich zu sein.
    »Werft einem Mann nicht vor, dass er seinen Verstand entdeckt hat, verehrte Gräfin. Ihr erinnert Euch an einen grünen Spund, der noch nichts vom wirklichen Leben wusste«, entgegnete er in vollendeter Höflichkeit. »Ich weiß Eure Sorge zu schätzen, aber Ihr solltet sie nicht an mich verschwenden. Ich bin ein treuer Vasall meines Fürsten, und wenn er geruht, mich um meine Dienste zu bitten, so ist auch dies eine Aufgabe, der ich mich gehorsam unterwerfe.«
    »Papperlapapp«, schnaubte die Nobeldame, als hätte sie es mit einem ungehorsamen Pagen zu tun. »Ihr nehmt sie wahr, weil Ihr hofft, sie zu sehen! Ihr habt sie nie vergessen!«
    Die jähe Stille zwischen ihnen klirrte vor frostiger

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