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Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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vierwöchiger Reise, wir näherten uns nun Eisenach, konnte ich mich wieder klar äußern, wenngleich ich noch etwas rammdösig war. Doch das führte ich auf das eintönig schleppende Vorwärtskommen unseres Zuges zurück und genauso auf den Gestank des vielen Tierkots auf den Straßen. Tag für Tag dieser beißende, betäubende Gestank, vom Morgen bis zum Abend. Einzig nachts in den Herbergen konnte man seine Lungen mit erträglicher Luft füllen.
Damit meine Reike nicht außer Übung geriet, ritt ich nun auf Ritter von Aues Anraten von Zeit zu Zeit mit ihr vor unserer Karosse her. Auch diese Gelegenheit nutzte dann meist Herr Rubinez, um sich auf seinem Wallach an meine Seite zu begeben und mir Episoden von seiner geliebten Mischpoke oder seiner viel frequentierten Sabadeller Advokatenkanzlei zu erzählen. In einem fort, ohne Unterbrechung. Gesellte sich dann noch sein ebenso redefreudiger Sohn zu uns, begann mein Schädel zu dröhnen. Aus diesen Situationen konnte ich mich nur befreien, indem ich mich zu meinem Schutzritter auf die Kutschierbank setzte und mir von ihm das Lenken unserer Rappen beibringen ließ. Woran wir beide mit meiner zunehmenden Geschicklichkeit zunehmenden Gefallen fanden, ich umso mehr, da durch die dabei erforderliche Konzentration stets meine Dösigkeit abklang. Das geschah trotz des trödeligen Vorankommens und des unentwegten Gestanks - Tag für Tag.
Hatte ich bislang fast ausschließlich unter Frauen gelebt, so musste ich mich hier an eine Männerwelt mit gänzlich anderen Umgangsformen gewöhnen. Vornehmlich an diesen lauten, ruppigen Ton, den ich zunächst für Streiterei gehalten hatte. Fröhlich gelacht wurde in dieser Gesellschaft nie. Zu schätzen dagegen lernte ich hier eine uneingeschränkte Kameradschaft, von der sich die Odenborner Klosterbewohnerinnen eine gehörige Scheibe hätten abschneiden können.
Odenborn - sicher war der Bischof bereits im Kloster eingetroffen. Seine und der drei Kapuziner Augen hätte ich sehen wollen, als sie feststellen mussten, dass die rote Hexe unterdessen davongesaust war. In mir blinkte indessen Interesse an meiner künftigen Hildesheimer Schule, wo ich in gut vier Wochen eintreffen werde. Was wird mich dort erwarten? Jedenfalls kann ich von dort aus sicher bald wieder die Korrespondenz mit Raimund aufnehmen, und dieser Gedanke begann, mich zu beflügeln.

    J etzt nur noch dreieinhalb Wochen bis Hildesheim.
Herr Rubinez war mir nach wie vor sympathisch, auch lauschte ich gerne für eine Weile seinen interessanten Geschichten, tat ich wirklich, wenn allerdings sein Redefluss nach einer Stunde noch immer nicht erschöpft war, dann war ich es. So auch jetzt wieder, weshalb ich mich gedanklich anderweitig beschäftigte. Zu seiner Entschuldigung sei jedoch angeführt, dass ihn ständige Angst peinigte, von der ihn sein Schwadronieren wohl ein wenig ablenkte. Einige Wagen vor uns zogen in ihrer schwarzen Tracht zwei Freunde des Herrn Rubinez her, ebenfalls spanische Juden, denen man die gleiche nervöse Furcht anmerkte wie ihm. Juden wurden nun mal unter den fadenscheinigsten Vorwänden von Kirchen- und Staatsmännern schikaniert und nicht selten gar ihrer angeblich unrechtmäßigen Habe beraubt. Dennoch trugen sie ihre Judentracht, an der sie jeder als solche erkannte. Mir fiel ohnehin auf, dass sie, wie auch die mit uns reisenden fünf Muselmanen, in ihrem Glauben gefestigter waren als jeder mir bekannte Christ.
Während wir nun tiefer in den Harz gelangten, beäugten die Straßenaufseher des hiesigen Nordhauser Gaus unseren Tross besonders gründlich. Vorwiegend, wie nicht anders zu erwarten, das Gespann der Juden. Herr Rubinez, dem ohnedies vor dem Durchritt des Harzes graute, geriet dadurch vollends in Panik und ebenso sehr seine zwei jüdischen Freunde. Sie sahen sich und mehr noch ihre Güter im höchsten Maß gefährdet, weshalb sie erwogen, die Karawane zu verlassen.
„Eure Mitgift würde ich dann selbstverständlich in Eurem künftigen Kloster abgeben“, versicherte mir Herr Rubinez, „noch vor Eurem dortigen Eintreffen, da wir ja bedeutend früher dort anlangten.“
„Hoffen wir, dass es so weit nicht kommen muss, Herr Rubinez.“
Doch es kam so weit. Bereits am nächsten Morgen meldeten sich die verängstigten Juden beim Karawanenleiter ab, fuhren und ritten dann, was ihre Rösser hergaben, auf eine unbewachte Nebenstraße und waren fortan nicht mehr gesehen.
Wie sich bald erwies, ein kluger Entschluss. Denn am Nachmittag des gleichen

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