Hexen: Vier historische Romane (German Edition)
Platz!“
„Wo?“
„Ja - hier, wenn, wenn du magst“, bot er ihr den Stuhl neben seinem Bett an.
Darauf schlug sie tatsächlich seine Richtung ein. Sie kam näher, er wagte es nicht zu glauben. Jetzt trat sie die Erkerstufe hoch und ließ sich dann scheu auf dem Stuhl neben seinem Bett nieder.
Beide schwiegen, fühlten nur ihr eigenes, heftiges Herzpochen, sie ebenso wie er. Keiner brachte ein Wort hervor. Waldur versuchte, den Anfang zu machen - vergeblich, nicht nur seine Stimme, auch sein Kopf war blockiert. . .
Nun schweifte Siglinds Blick durch den Raum, wodurch Waldur endlich zu einer Äußerung fähig wurde: „Es ist verändert hier.“
„Ja“, ging sie darauf ein, „sieht sehr schön aus, ganz dein Geschmack.“
Nach einer Weile brachte sie es fertig, sich zu erkundigen: „Wie lange liegst du jetzt hier?“
„Genau eine Woche.“
„Aha.“
Wieder Schweigen, peinlich lange. Waldur bemühte sich, doch nichts, nichts wollte ihm über die Lippen kommen. Stattdessen sah er sie an, fortwährend, sie dagegen nestelte mit gesenktem Blick an den Fransen ihres weißen Schultertuchs. Etwas anbieten müsste er ihr jetzt, dachte er und wollte nach dem Klingelband greifen - noch nicht, hielt er sich jedoch im nächsten Moment zurück, vorher muss ich sie ja fragen, was sie wünscht. Sie aber wirkte so ablehnend. Und jetzt bückte sie sich gar, wie zum Gehen, nach ihrer Tasche.
„Nein“, entfuhr es ihm darauf entsetzt, wobei er nach ihrem Arm griff.
Sie sah ihn fragend an, und darauf purzelten ihm unaufhaltsam nicht eingeübte Erklärungen aus dem Mund - wie schmerzlich er sie vermisst hatte, wie sehr er sie doch verehre, ja, liebe, wie viele unabgeschickte Briefe er ihr geschrieben, und wie oft er in Erlingen, verborgen in einer Kutsche, vor ihrem Haus gestanden hatte. Dann hielt er erschreckt inne - ihre Augen füllten sich mit Tränen. Er wollte sich entschuldigen, doch in dem Moment legte sie ihren Kopf zu ihm aufs Kissen und strich ihm wie früher zärtlich übers Haar. „Liebster, mein Allerliebster“, flüsterte sie, „wenn ich das nur alles geahnt hätte.“
S iglind wohnte wieder zu Hause bei Waldur.
Für Waldur noch wie ein Traum, aber sie lebte tatsächlich wieder bei ihm. Sie war gar nicht erst nach Erlingen zurückgekehrt und wich hier kaum von seinem Bett. Sie müssten doch die Zeit ihrer Trennung nachholen, meinte sie, und als er ihr vorhin gestanden hatte, dass er noch nie von einem solch dankbaren Glück erfüllt gewesen sei wie jetzt, hatte sie ihm geantwortet, ihr ergehe es nicht anders. Warmherzige, einfühlsame, aufmunternde Siglind, erlebte und dachte Waldur nun Stunde um Stunde, du hast alles in mir verwandelt, zurückverwandelt. Selbst unsere Wohnung ist wieder erfüllt von deinem Flair, jedem fällt das auf.
„Die Seele des Hauses ist wieder eingekehrt“, hatte sich Hermod heute früh geäußert, „bereits an der Wohnungstür empfängt einen die altvertraute Wärme, und hier drinnen lachen einem jetzt all die neuen Blumen fröhlich an. Und dir, Waldur, geht wieder dein Lotosherz auf.“
Ja, mein Herz öffnet sich wieder, freute sich Waldur, weil du es erhellst, Siglind. Du bringst auch meine Grübeleien zur Ruhe, machst mir meine zunehmende Körperschwäche und die immer beißenderen Schmerzen erträglicher und nimmst mir das Gefühl der Hilflosigkeit, indem du meine Wünsche, oft noch ehe ich sie ausgesprochen habe, so freudig erfüllst, als bereite dir nichts auf der Welt größeres Vergnügen.
„Dich zu umsorgen, ist mir nach wie vor die größte Freude“, bestätigte sie Waldur jetzt, während sie sich vorsichtig auf seine Bettkante setzte und ihn liebevoll mit ihren Nixenaugen anschaute. Dieser zarte, lila Ätherblick, er hatte ihn so entbehrt. Nun wurde ihr Blick allerdings keck, sie nahm ihre Haarspitzen in die Finger, tupfte Waldur damit auf die Lippen und kündete ihm an: „Ich habe eine Überraschung.“
„Bau! Und welche?“
Darauf kam sie mit ihrem Gesicht zu ihm herunter und forderte: „Erst einen Kuss . . . M m m - und jetzt noch einen . . . So, jetzt verrate ich’s dir.“
„Och, schon jetzt?“, beschwerte er sich lächelnd, worauf sie ihn neckte:
„Ich könnte es auch für mich behalten.“
„Nein, Liebes, sag schon.“
Ein klein wenig ließ sie ihn noch warten, dann verriet sie ihm: „In zwei, drei Tagen kommt Gernod.“
„Wie - wieso denn? Er bekommt doch erst nächste Woche Ferien.“
„Schon“, erklärte sie ihm, „aber ich habe gestern mit
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