Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
Vom Netzwerk:
nicht bleiben, entschuldigte sie sich, denn Hermod habe ihr vorhin, als sie auf seine, Waldurs, Tür zugesteuert sei, einen messerscharfen Blick zugeworfen.
Bevor sie sich nach dem Frühstück auch rasch wieder zum Gehen entschloss, holte sie einen kleinen Stoß alter Aufzeichnungen aus ihrem Korb und überreichte ihn Waldur: „Bitte, damit es dir in meiner Abwesenheit nicht langweilig wird. Es ist ein alter, in Runen aufgezeichneter Skaldengesang, ich habe ihn Hermod abgeluchst. Du magst doch Skaldenlieder?“
„Ja, sehr.“
„Weiß ich doch noch. Studiere ihn durch, er bringt dich auf angenehme Gedanken.“
„Danke, Gudrun, für diese Kostbarkeit!“
    A m folgenden Morgen, wartete Waldur vergeblich auf Gudrun, bis lange nach dem Frühstück. Endlich klopfte es doch an die Tür. Aber nicht Gudrun, sondern Hermod und zwei Pfleger, die eine Trage mit sich führten, traten ein, wobei Hermod Waldur ausrichtete, Gudrun erwarte ihn in seiner Wohnung.
„In meiner Wohnung?“
„Ganz recht, Waldur, und diese beiden Herren werden dich hinüber befördern.“
Bis zur Nasenspitze zugedeckt, wurde er nun vom Krankenheim in den Palast transportiert. Dort ging es die Treppen hoch zu seiner Wohnung, und schließlich in den Aufenthaltsraum.
„Halt“, bat Waldur, kaum durch die Tür gebracht worden, „bleibt stehen.“
Die Pfleger kamen seiner Bitte nach, worauf sich Waldur auf die Ellbogen hoch stützte und sich erstaunt umblickte. - Alles, alles war hier voll blühender Pflanzen, bis in den Erker hinein. Von den Birkenästen hingen Körbe mit Geranien, Begonien und Buschrosen herab, und überall waren auf dem Boden ebenso viele hohe Zimmerpflanzen wie Vasen mit bunten Sträußen verteilt. Anstelle der bisherigen schweren Eichengarnitur standen jetzt vor dem Kamin nichts als drei lederne Sitzkissen, und zwischen all dem vielen Grün und Bunt entdeckte er nur noch einen einzigen Tisch, einen runden Gartentisch mit vier hellen Rohrgeflechtstühlen. - Zauberhaft, wie eine Gartenterrasse.
„Gudrun“, rief er erfreut aus, und sie lachte ihn mitten aus der Blumenpracht her an.
„Ich habe auf einmal gewusst, was dir gefehlt hat“, erklärte sie ihm und winkte den Pflegern zu, Waldur weiter hinein zu tragen.
Sie trugen ihn durch den Raum bis in den um eine Stufe erhöhten, besonders blütenreich hergerichteten Erker, und dort legten sie ihn in ein vorbereitetes Bett. Das hatte Gudrun so aufstellen lassen, dass er über das Fußende den Raum überblicken und zu beiden Seiten aus den noch offenen Fenstern hinab in die Mainanlage schauen konnte. Wahrlich, als liege er hier im Freien auf einer Blumenterasse.
Nachdem sich die Pfleger zurückgezogen hatten, holte sich Gudrun einen der Rohrgeflechtstühle in den Erker, wobei sie zu ihm hinsagte: „So kann man’s aushalten, gib das zu.“
„Ich kann es noch nicht glauben. Wie hast du das nur so schnell geschafft?“
„Ich hatte hundert begeisterte Helfer, darunter auch Ortrud.“
„Trotzdem. Gudrun, ich möchte dir . .“
Mit warnend angehobenen Händen schnitt sie ihm das Wort ab: „Erspar mir jetzt bloß dein Dankeschön, und hör auf, so rührselig zu gucken.“
„Gut, schon gut“, lachte er und bat sie dann: „Setz dich zu mir, ich fürchte, du musst bald abreisen, oder?“
„Ja“, bestätigte sie leise, wobei sich ihr Kopf senkte.
Ohne es aussprechen zu müssen, wussten beide, dass dies ihr letztes Beisammensein war, und bald war nicht mehr zu übersehen, wie viel es Gudrun kostete, bei ihrer Unterhaltung Fröhlichkeit zu wahren.
Schließlich hörten sie aus den Fenstern eine Kutsche zum Schlossplatz vorfahren, Gudruns Kutsche. Darauf wurde sie nervös, sie hüstelte, setzte zum Sprechen an, das jedoch abermals in Hüsteln endete. Bis sie endlich mit belegter Stimme herausbringen konnte: „Schade nur, dass Siglind nicht mehr hier ist.“
Das versetzte ihm einen Stich, sie aber sprach weiter: „Die Ärmste fühlt sich ebenso einsam wie du. Auf dem Heimweg schaue ich bei ihr herein, soll ich ihr etwas bestellen?“
„Nein.“
Sie blieb unbewegt sitzen, wartete auf eine andere Antwort. Die er ihr nach längerem Zögern erteilte: „Schön, du könntest ihr . . Nein, besser nicht.“
„Sturer Esel. Was hast du gegen dein Herzblatt?“
Sein Hals schnürte sich zu, selbst wenn er wollte, er könnte ihr jetzt nicht antworten.
„Ich werde ihr aber doch Grüße von dir bestellen“, kündete sie ihm an, „und werde sie sogar bitten, dich zu besuchen. Was sagst du

Weitere Kostenlose Bücher