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Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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versperrte mir der Stallknecht den Weg und brachte zwischen den Zähnen hervor: „Hau ab hier, schnell!“
Die Warnung kam zu spät, der massige Wirt trat zwischen den Pferden hervor, kam auf uns zu und tadelte den Knecht: „Nicht so unhöflich, Fridolin, bitte unsere nette Besucherin herein.“
Fridolin musste den Weg freigeben, ich wollte fix umkehren, doch der Wirt erfasste mit seiner kräftigen Hand meinen Arm: „Komm, Kleine, ich zeig dir was“, und zog mich zwischen den mächtigen Hinterteilen der Pferde tiefer in den Stall.
Fridolin folgte uns auf leisen Sohlen. Ich versuchte, mich dem Wirt zu entwinden, worauf er stehen blieb, mich mit beiden Armen umschlang - und jählings schwanden meine Sinne, wobei ich in die Knie gesackt wäre, hätte er mich nicht an sich gepresst.
„Ja, du süße Schabe, so ist es recht“, hörte ich ihn darauf in mein Ohr röhren, während er seinen Unterbauch an mir rieb und mit einer Hand versuchte, unter meinen Rock zu finden. „M m m m , ja, du Süße, genau so liebe ich das - o u u !“
„Achtung“, kreischte plötzlich Fridolin, „der Gaul!“
In meiner Trance erkannte ich, wie sich seitlich von uns das Pferd mit seinen gefährlichen Hufen rückwärts auf uns zu bewegte. Der Wirt reagierte augenblicklich, zerrte mich zur Seite und stützte mich. Seine Aura, eben noch flammende Begier, war jetzt ein einziger Schreck. Trotzdem versuchte er zwischen schwerem Keuchen, mich zu beruhigen: „Ist nichts passiert . . , gar nichts passiert. � Geht es wieder? Ja?“
Vorsichtig löste er seine Hände von mir, und als er erkannte, dass ich meinen Halt wieder gefunden hatte, redete er mit ängstlicher, jedoch bemüht gebieterischer Stimme auf mich ein: „Dass du ja keinem erzählst von diesem Zwischenfall, hörst du? - Ist ja auch nichts weiter passiert. - Wirst du den Mund darüber halten? Ja?“
„Ja“, presste ich hervor.
Einige Herzschläge lang blieb ich noch unbeweglich stehen, dann trugen mich meine Beine ohne mein willentliches Dazutun Schritt für Schritt vor zum Ausgang. Von dort aus vernahm ich dann, wie der Wirt Fridolin anherrschte: „Das warst du! Du hast den Gaul losgebunden und nach hinten gedrückt!“
„Nein, Herr Schramm . .“
„Drecksack, du, das zahl ich dir heim!“
„Herr Schramm, ich hab doch . .“
Mehr nahmen meine vernebelten Sinne nicht auf.

    E rst als ich zur Nacht zwischen Gretel und Ulrike auf unserer Strohmatratze lag und beide eingeschlafen waren, geriet mein Verstand allmählich wieder intakt. Währendessen erlebte ich im Geist wiederholt die scheußliche Begebenheit im Stall. Zweimal - dreimal. Ein viertes Mal verhinderte ich es, ich setze mich auf, rieb mir mit beiden Händen Stirn und Schläfen, schüttelte den Kopf und ließ mich dann wieder vorsichtig über das knackende Stroh zurück auf den Rücken rollen.
Mit nun klarem Kopf wurde mir bewusst - ohne Fridolins Eingreifen wäre ich dem Wirt wehrlos ausgeliefert gewesen. Und diese Situation kann sich wiederholen, denn Herr Schramm wird mir weiterhin nachstellen, und dann wird kein hilfreicher Fridolin zur Stelle sein. Wie aber kann sich eine Frau gegen einen kraftstrotzenden Mann zur Wehr setzen?
‚Mit weiblicher Kraft, Tora’, antwortete mir zu meiner Überraschung eine innere Stimme. ‚Sie ruht in der Seele einer jeden Frau, auch in deiner. Erforsche sie, erwecke sie.’

    D ieser Hinweis aus dem Unterbewusstsein veranlasste mich nun in jeder freien Minute zu intensivem Nachdenken über mich selbst. Ich sei eine erwachsene Frau, hatte mir die Äbtissin bei unserem Abschied einschärfen wollen, vergeblich, diese Tatsache traf zwar auf meinen Körper zu, hatte sich aber nicht auf mein Inneres übertragen, oder nur unzulänglich. Auch die wiederholte Aussage der verstorbenen Palmatia, ich verfüge über eine starke Seele, weshalb ich zu einer starken Frau heranreife, hatte sich bis heute nicht mal ansatzweise bewahrheitet, obschon ich dieses Jahr bereits zweiundzwanzig werde. Bei meiner Selbstanalyse gelangte ich eher zu einer gegenteiligen Erkenntnis: Meine mangelnde Stärke war in meiner seelischen Beschaffenheit zu suchen. Die äußeren Verletzungen meiner einst erlittenen Gewalttat waren zwar verheilt, nicht aber die inneren. Daher war auch noch immer mein Gedächtnis blockiert, und ich war von meinem Wesen her nach wie vor zu kindhaft. Auch zu unweiblich, worauf mich Palmatia ebenfalls hingewiesen hatte. Die rechte Körperhälfte eines jeden Menschen, ob Frau oder Mann, sei

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