Hexen: Vier historische Romane (German Edition)
umfasste Thekla meine Oberarme und versprach mir bewegt: „Du hast mich bei der Wirtin offensichtlich nicht angeschwärzt, obwohl gerade du allen Grund dazu gehabt hättest. Dafür werde ich dich unterstützen, Tora.“
Und Gretel, die bisher nachdenklich geschwiegen hatte, sprach jetzt aus, was ihr durch den Kopf gegangen war: „Jetzt weiß ich endlich, wieso sie wie eine Klosterfrau wirkt.“
„Was? - Ich?“
„Ja, du, Tora“, meinte auch Ulrike, „du bist immer so“, sie überkreuzte mit den Armen ihren vollen Busen, „so rühr mich nicht an.“
„Was euch da durch die Köpfe flattert!“, wehrte ich mich lachend gegen diesen Vergleich, wiewohl ich fürchtete, er treffe zu.
S o hatte ich nun, zwischen Thekla und dem netten hellblonden Lehrmädel Elgrin, Eugenies ehemaligen Arbeitsplatz inne, und am ersten Tag ließen mich die Köchinnen unbeeinträchtigt wirken. Vielleicht beobachteten sie mich verstohlen, doch das konnte mir nicht auffallen, da ich zu intensiv beschäftigt war. Ich war aufgeregt, sehr, denn zum ersten Mal ohne Gerlindes Nähe Heilspeisen zubereiten, kam mir wie ein kaum zu bewältigendes Abenteuer vor.
Nachdem ich am nächsten Morgen einen Beruhigungstee zu mir genommen hatte, legte sich meine Nervosität etwas, und entsprechend sicherer ging mir dann die Arbeit von der Hand. Wobei ich erleichtert feststellte - seit dem Verlassen der Klosterküche hatte ich nichts verlernt. Heute zeigten die Köchinnen etwas Interesse an meinem Tun, und als ich am Nachmittag für das Mittagsmahl des kommenden Tages Hirschbraten in eine Buttermilchbeize legte, wollte Thekla erfahren: „Für was soll das gut sein?“
„Diese Beize entzieht dem Fleisch schädliche Säfte und verleiht ihm gleichzeitig ein raffiniertes Aroma“, erklärte ich ihr.
Dass es auch, so hergerichtet, normalisierend auf Herrn Schramms Sexualwünsche wirken wird, behielt ich für mich.
Die Köchinnen wurden immer neugieriger, da auch sie bisher Heilgerichte für Hexen- oder Apothekergebräu gehalten hatten. „Lass mich mal diese gequollene Soße kosten“, bat mich schließlich Alma und gleich drauf auch die früher so griesgrämige Karoline:
„Ohja, mich auch.“
Sie fanden die Soße delikat, und als darauf auch Elgrin kosten wollte, ging Thekla dazwischen: „Schluss damit, da bleibt ja nichts mehr übrig. Ab morgen kochst du etwas mehr, Tora, ja?“
„Mach ich. Nur fehlen mir dazu mehrere Kräuter“, wagte ich endlich anzubringen, worauf sie mir widerspruchslos entgegenkam: „Ganz einfach, ich gebe dir Geld aus der Küchenkasse, und du kaufst sie im Dorf ein. Wir haben dort einen Gewürzladen, der sich sehen lassen kann.“
Ich besorgte die Kräuter noch am gleichen Tag und konnte mit ihnen fortan die Speisen noch feiner auf Frau und Herrn Schramms Bedürfnisse abstimmen. Speziell die Vorspeisen, von denen jeder eine andere erhielt. Wobei ich für Frau Schramm Zutaten wählte, die ihre augenfälligen Wechseljahrsbeschwerden lindern sollen, und bei ihrem Gatten war ich nicht nur darauf bedacht, sein hitziges Blut zu kühlen, sondern auch seinen übermäßigen Appetit bei Tisch einzudämmen, der ihm bereits die ersten schmerzhaften Gichtknoten an den Fingerknöcheln beschert hatte.
Zwar waren die Köchinnen angenehm überrascht von dem Geschmack meiner Speisen, wie aber mundeten sie den Wirtsleuten? Sie ließen es mich mit keinem Wort wissen. „Aber es ist jedes Mal alles weggefuttert“, redete Thekla mir zu, „ein gutes Zeichen, Tora.“
N ach elf Tagen endlich betrat die Wirtin frühmorgens die Küche und eröffnete mir laut, damit es alle vernehmen: „Mit dem heutigen Tag bist du fest als Köchin und stellvertretende Küchenmeisterin eingestellt, Tora Tornle.“
Mein Hals hatte sich momentan verengt, weshalb ich nur krächzen konnte: „Danke, Frau Schramm!“
„Nein“, lächelte sie, „wir alle danken dir, weil wir froh sind, so schnell eine tüchtige Nachfolgerin für Eugenie gefunden zu haben. Deine Gerichte waren abwechslungsreich und köstlich, mal etwas völlig anderes. Außerdem haben sie uns gut getan, mein Mann und ich fühlen uns beide ausgeglichener. Deshalb unsere Bitte an dich, würdest du auch unser Lehrmädel in die Kunst des Heilkochens einführen?“
„Aber gerne doch.“
„Schön“, fuhr sie fort, „und heute Nachmittag kommst du in mein Kontor, um deinen Anstellungsvertrag zu unterschreiben. Natürlich steht dir auch ab sofort eine eigene Kammer zu, wir suchen dir dann gemeinsam eine
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