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Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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schätzte ich, würde es schon werden, bevor ich
endlich zu Hause war. Das hieß drei Stunden Schlaf, morgen früh musste ich auf
den Großmarkt.
    Weil sich weit und
breit keiner mehr für die letzten Crèmes brûlées interessierte, ging ich schon
mal nach hinten und holte die Geschirrkisten. Wieder zurück, bemerkte ich
sofort, dass meine Lötlampe fehlte. Eine der schwarzen Witwen hatte sie sich
geschnappt. Wie eine Pistole hielt sie sie in der einen Hand, in der anderen
hielt sie ein Blatt Papier. Beides, Papier und die Flamme der Lötlampe,
richtete sie auf den Typen mit der grünen Krawatte, der spätestens jetzt jedem
im Raum auffiel, weil alle wie gebannt auf dieses schwarz-grüne Paar starrten.
    »Schluss mit
lustig! Das mache ich mit deinen Verträgen, du krummer Hund«, rief die Witwe
erregt, zündete das Papier an und warf es in seine Richtung. Während der Mann
das brennende Papier von sich abstreifte, sprang die Frau auf ihn zu, hielt ihm
die Flamme mitten ins Gesicht und zischte: »Und dir soll es nicht besser
gehen!« Es knisterte, als die Flamme auf die Augenbrauen traf, der beißende
Geruch von verbrannten Haaren verpestete die Luft.
    Der Mann schrie,
jemand packte die Frau von hinten, die sich aber schnell befreite. Sie ließ die
Lötlampe fallen, straffte ihren Rücken und strich mit einer trotzigen Bewegung
durch ihr schwarzes Haar. Niemand hinderte sie, als sie wie ein Racheengel ohne
Eile den Saal verließ. Leise wimmernd verbarg der Mann sein Gesicht zwischen
den Händen und schlug dann hastig den Weg in Richtung Toiletten ein. Allen im
Raum hatte es die Sprache verschlagen, umso deutlicher konnte man die Bläck
Fööss aus den Lautsprechern singen hören: »Drink doch eine met, stell dich nit
esu ahn.«
    Ich gab dem Abend
eine Fünfzig-fünfzig-Chance, dass all die Bankrotteure, Schaumschläger,
Angeber, Saboteure, Giftspritzen und Jongleure in diesem Raum bald das bequeme
Mäntelchen des Vergessens über den unangenehmen Vorfall legen und fröhlich
miteinander feiern und schunkeln würden. Aber als ich in das Gesicht von Dirk
Bause blickte, wusste ich, dass ich falschlag.
    Das Fest war
gelaufen. Finito, Ende, aus. Bauses Gesichtsfarbe wechselte in Windeseile
zwischen Rot und Weiß, ein für viele Kölner recht typisches Farbenspiel. An
jedem FC -Spieltag konnte man sehen, wie sich die
Fans im lustvollen Wechsel von Rot und Weiß, von Spannung und Erlösung badeten.
Aber in Bauses Gesicht lag nichts Lustvolles und nichts Erlösendes. Der Mann
sah aus, als hätte er gerade sein persönliches Waterloo erlebt.

ZWEI
    Hinterher ist man
immer klüger, hinterher weiß man immer, was man hätte sehen, hören oder spüren
können. Wenn ich bei dem Bause-Fest all das gewusst hätte, was ich heute weiß,
dann wäre ich der schwarzen Witwe nachgelaufen, hätte mir Minka vorgeknöpft,
den Giftzwerg unter die Lupe genommen oder Adela besser zugehört. Vielleicht
hätte ich dann zumindest den zweiten Mord verhindern können.
    Früher war ich mal
davon überzeugt, Katastrophen und Unglücksfälle riechen zu können, eine maßlose
Selbstüberschätzung, wie ich heute finde. Katastrophen scheren sich nicht um
feine Nasen, sie kommen überfallartig daher, schlagen über dir zusammen, rammen
dir Schwerter in den Leib, ziehen dir den Boden unter den Füßen weg, wirbeln
dein Hirn durcheinander, zerquetschen dein Herz, treiben dich in den Ruin oder
nehmen dir das Leben. Und immer, wirklich immer treffen sie dich unvorbereitet.
    Ich hatte also
keine Ahnung, was sich über mir und um mich herum zusammenbraute, als ich in
dieser Nacht das schmutzige Geschirr in den Aufzug lud. Ich war nur müde und
wollte bald ins Bett.
    Eingeklemmt
zwischen Kisten mit dreckigem Geschirr, den unangenehmen Geruch von
Essensresten in der Nase, fuhr ich mit dem Aufzug nach unten. Im Parterre
angekommen, stolperte ich aus der Tür. Ich konnte mir aussuchen, ob meine
Benommenheit vom Müll, vom Tempo des Aufzugs oder von meiner Müdigkeit herrührte.
Wie auch immer, nach Stunden in diesen schwindelnden Höhen tat es gut, wieder
festen Boden unter den Füßen zu haben. Ein Nachtzug rumpelte über die
Hohenzollernbrücke, ein eiliger Radfahrer strampelte Richtung Innenstadt, zwei
vorwitzige Ratten huschten über die Straße. Mehr war nicht los vor dem LVR -Turm um zwei Uhr morgens. Die Stadt schlief. Das
wollte ich auch, doch es würde noch Stunden dauern, bis ich ins Bett kam. Ich
packte das Geschirr in den Transporter, stieg ein und rief

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