HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 01
antut, wenn Ihr sie vernachlässigt oder ihr untreu werdet, dann wird Euer Verhalten solche Brutalität nach sich ziehen, dass man diese Fehde für den Maitag halten könnte.“
„Ich liebe sie, Sir“, erwiderte Gerald.
„Dann sorgt dafür, dass es so bleibt.“ Lord Henry drehte sich mit seinem Pferd zu Edmund um. „Und nun, Lord Edmund?“
„Seid Ihr mit meinem Plan einverstanden?“
Lord Henry nickte.
„Je eher wir mit dem Bau des Klosters beginnen, umso früher kann das Banner dort untergebracht werden. Vielleicht schon am nächsten Maitag.“
Joan konnte sich nicht länger zurückhalten. „Man könnte aus Holz eine Kapelle errichten, während das Kloster gebaut wird. Diese Kapelle ließe sich noch vor dem Ende der Weihnachtszeit aufbauen.“
Keiner der Männer schien über ihre Bemerkung glücklich zu sein. Bei Lord Henry vermutete sie als Grund für seinen finsteren Blick, dass sie sich eingemischt hatte, aber Edmund war womöglich so verärgert, weil er den letzten Schritt gern noch eine Weile hinausgezögert hätte. Dann jedoch nickte er zustimmend. „Ich bin einverstanden. Lord Henry, werdet Ihr mir Männer zur Verfügung stellen, um beim Bau zu helfen?“
„Damit Ihr das Banner nicht länger unter Verschluss haltet? Bei Jerusalem, das werde ich machen. Ich und meine Söhne werden persönlich bei dieser heiligen Aufgabe mithelfen.“
Um zu verhindern, dass Edmund übereilt einen ähnlichen Vorschlag machte, rief Joan dazwischen: „Lord Edmund ist verwundet. Aber Sir Gerald wird zweifellos mithelfen. Vielleicht könnten er und Nicolette sogar dort heiraten, wenn …“
„Joan“, sagte Edmund.
„Joan!“, fuhr ihr Onkel sie an. „Halte deine Zunge im Zaum! Ich weiß nicht, welcher Kobold von dir Besitz ergriffen hat, Nichte, dass du dich zu Männerangelegenheiten äußerst!“ Er beugte sich vor, bekam die Zügel zu fassen und zog ihr Pferd zu sich.
„Komm her, und du ebenfalls, Nicolette. Bis du heiratest, wirst du zumindest so tun, als wärst du ein anständiges Mädchen!“
Nicolette hatte unterdessen Geralds Fesseln gelöst. Beide standen neben ihren Pferden, küssten sich und berührten gegenseitig ihre tränenüberströmten Gesichter, dass Joan unwillkürlich vor Sehnsucht einen Kloß im Hals verspürte.
Es gab jetzt kein wahres Hindernis mehr, das sie und Edmund hätte voneinander trennen können, doch er musste erkannt haben, dass sie als Braut des Goldenen Löwen ungeeignet war. Und damit hatte er auch völlig recht, denn sie würde sich in einer solchen Umgebung elend fühlen.
Doch als sie weggeführt wurde, meldete sich Edmund noch einmal zu Wort. „Lord Henry.“ Als ihr Onkel sich umdrehte, fuhr er fort: „Seid so gut und bestraft Lady Joan nicht für ihre Abenteuer.“
Lord Henry reagierte mit einem wachsamen, argwöhnischen Blick, erwiderte dann jedoch: „Wenn sie einen sanften und respektvollen Tonfall anschlägt, wird sie von mir keine Bestrafung zu erwarten haben.“
9. KAPITEL
Die erste Reaktion in Woldingham war Bestürzung, die aber schnell in ausgelassene Freude umschlug, begleitet von einer unterschwelligen Wärme und Entspannung, die erkennen ließ, wie tief der Frost der Feindseligkeit vorgedrungen war.
Wenngleich anfänglich von Widerwillen begleitet, übernahmen ihre Cousins schließlich doch den Standpunkt des Vaters und machten sich voller Eifer daran, die hölzerne Kapelle zu errichten, betrachteten sie diese doch als einen Sieg über die de Graves.
Mountgrave würde nicht länger im Besitz des Banners sein!
Joan fragte sich, wie man dort wohl diese Neuigkeit aufgenommen haben mochte.
Sicherlich würde mancher es als Kapitulation betrachten, als Zeichen der Schwäche, doch Edmunds Status als Goldener Löwe würde ihn vermutlich alle Anfeindungen überdauern lassen. Was sie selbst anging, arbeitete sie hart daran, alberne Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen. Von einer unerwarteten Freundschaft abgesehen, war zwischen ihr und Lord Edmund de Graves nichts von Dauer geblieben.
Doch, die Lust, flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf ihr zu. Ja, das musste sie akzeptieren. Die Lust war tatsächlich geblieben. Aber die allein genügte nicht. Joan war nicht dazu erzogen worden, eine bedeutende Lady zu sein, und Edmund war sicherlich klug genug, sie nicht mit dieser Idee in Versuchung zu führen. Das Letzte, was sie wollte, war, dass jemand hinter ihre törichte Seite kam, jene Seite, derentwegen Edmund de Graves sie sofort geheiratet und darauf
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