HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 01
durchatmete.
„Was, wenn es in niemandes Händen verbleibt? Weder in unseren noch in Euren?“
„Edmund, nicht!“, rief Sir Gerald.
Lord Henrys Pferd machte ein paar Schritte, offenbar hatte es sich über eine unbedachte Bewegung erschreckt. „
Ihr wollt das Banner vernichten?“
„Nein. Mein Vorschlag ist der, Lord Henry, dass die de Graves und die de Montelans hier auf dem Bethlehem-Feld ein Kloster errichten, in dem das Banner ein neues Zuhause finden wird. Wir würden beide schwören, es zu beschützen und niemals von seinem Platz zu entfernen. Hier könnte es von jedem verehrt werden, der herzukommen wünscht.“
Irritiert sah sich Lord Henry um, während sich Joan auf die Lippe biss. Es war eine geniale Lösung, aber ob ihr Onkel zustimmen würde …? Sie hatte ihn noch nie für sehr entschlussfreudig gehalten, aber er war auch nicht dumm, sodass sie Grund zu der Vermutung hatte, er sei die Feindseligkeiten genauso leid wie Edmund. Zudem wusste er, dass Nicolette Gerald de Graves liebte.
Die Ruhe wurde von lautem Hufgetrappel unterbrochen, und alle drehten sich um, als ein Pferd auf das Feld galoppiert kam. Die langen, hellblonden Haare konnten nur zu einer Frau gehören: Nicolette.
Das Pferd machte einen Satz über die Hecke und stürmte weiter auf sie zu. Joan hätte ihre Cousine nie für eine so ausgezeichnete Reiterin gehalten.
„Vater!“, verkündete sie. „Ich werde Gerald begleiten.“
Joan entging nicht Edmunds entsetzte Reaktion auf diese Störung, doch sie selbst fühlte sich versucht, laut zu lachen. Sollte denn eigentlich gar nichts nach Plan verlaufen?
„Ich hatte dich eingeschlossen, Tochter, und das hätte auch so bleiben sollen!“
„Nichts kann mich daran hindern, in diesem Augenblick hier bei dir zu sein, weil es mich betrifft, Vater. Du weißt, ich liebe Gerald. Wenn du ihm nicht gestattest, mich zu heiraten, werde ich dennoch mit ihm gehen müssen.“ Trotzig hob sie das Kinn, obwohl sie gleichzeitig kreidebleich wurde. „Ich bekomme ein Kind von ihm.“
Lord Henry lief rot an und hob die geballte Faust, um nach dem gefesselten Mann zu schlagen.
„Halt!“ Edmunds herrischer Tonfall ließ den älteren Mann tatsächlich innehalten.
„Ich kann mich hier nicht einmischen, ohne damit eine blutige Schlacht auszulösen, Lord Henry. Aber ich werde nicht zulassen, dass Ihr meinen Bruder schlagt. Ohne die Fehde wären er und Nicolette glücklich verheiratet, und wenn Ihr meinem Plan zustimmt, könnten sie das auch wirklich sein. Sie wären der Beweis dafür, dass bessere Tage angebrochen sind.“
Lord Henry schaute sich um und stand erkennbar kurz davor, ein Blutvergießen um des Blutvergießens willen auszulösen. Nicolette streckte ihre Hand nach ihm aus.
„Vater, ich liebe dich. Aber ich liebe auch Gerald. Und nun, wegen meiner Sünde,
muss
ich mit ihm gehen. Doch das heißt nicht, dass ich dich dafür verlieren muss.“
Lord Henrys Lippen bebten. „Es ist fürwahr eine Sünde, Tochter“, gab er zurück.
Obwohl es zweifellos wie ein Grollen hätte herauskommen sollen, klang er einfach nur unglücklich. „Aber wenigstens hast du nicht unsere Tradition beschmutzt, da du nicht die Jungfrau spieltest.“
Joan sah ihn ungläubig an. Niemals hätte sie von ihm so viel Verständnis und sogar Zustimmung erwartet.
„Und du, Joan“, wandte er sich an seine Nichte, „du hast dich gut verhalten. Jedoch nicht“, fügte er dann hinzu und fand zu seinem finsteren Tonfall zurück, „was deine Anstrengungen angeht, einem de Graves zur Flucht zu verhelfen.“
Sie schluckte und dachte an Edmunds Erklärung. „Ich glaubte, deine Männer würden ihn töten, Onkel, und ich wusste, das hättest du nicht gewollt.“
Lord Henry wirkte nicht im Mindesten beeindruckt. „So, so.“
„Mein Tod oder auch nur eine ernsthafte Wunde“, mischte sich Edmund ein, „hätten einen Frieden zweifellos erheblich schwieriger gemacht, Lord Henry. Aber wenn wir diesen Frieden nicht jetzt besiegeln, dann könnte es immer noch zu einem Todesfall kommen, der auch den kommenden Generationen viel Leid bringen wird.“
Eine Zeit lang schaute Lord Henry zwischen Gerald und seiner Tochter hin und her, und Joan konnte ihn fast murmeln hören, dieser Mann sei ihrer nicht würdig. Dann jedoch dirigierte er Geralds Pferd zu Nicolette und drückte ihr die Zügel in die Hand.
„Hier, Tochter, du kannst ihn haben.“ Im gleichen Moment packte er Gerald am Waffenrock. „Wenn Ihr meiner Tochter etwas
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