Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hitzeflimmern

Hitzeflimmern

Titel: Hitzeflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
Vom Netzwerk:
mit dem Rücken gegen seine Brust gelehnt lag, streichelte er selbstvergessen und fast mechanisch ihre Brüste.
    „Woher kannst du denn eigentlich so gut Deutsch? Und Englisch?“ fragte er.
    „Ich kann auch Russisch, ein bisschen Polnisch und Französisch“, sagte sie stolz.
    „Darauf wäre ich gespannt...“, murmelte er.
    „Doch, wirklich“, betonte sie. „Ich habe verschiedene Sprachen studiert, um als Übersetzerin in einem grossen internationalen Unternehmen zu arbeiten.“
    „Und statt dessen hast du gedacht, du gehst dich für ein internationales Unternehmen in goldene Körperfarbe tauchen?“ spottete er.
    „Seit der Krise kann ich nicht mehr studieren, es reicht einfach nicht. Ich musste mich auf meine krisenfesten Talente verlassen“, sagte sie kühl.
    „Ich sehe“, sagte Karl und streichelte weiter die glatte, warme Haut, griff in ihr festes, straffes Fleisch und konzentrierte sich nur darauf.
    Er hatte seine eigene Krise, er mochte sich keine Gedanken um die anderer Leute machen.
    Als Karl sie am anderen Morgen einlud, ihn zum Frühstück zu begleiten, lehnte sie strikte ab und als er ins Zimmer zurückkehrte, war Fayna mit ihrem Geld verschwunden.
     
    Treue war für Karl ein erstrebenswertes, aber nicht zu realisierendes Ideal. Irgendwann vor vielen Jahren hatte er sich der Tatsache gebeugt, zu viel auf Reisen zu sein und in Christelle eine zu sensible oder komplizierte Gefährtin zu haben, als dass ihre körperliche Beziehung ihm hätte genügen können. Es war dies ein Zugeständnis, keine Suche nach Abwechslung, wie er sich selbst gegenüber gelegentlich betonte. Dann wiederum prüfte er sich selbst, ob das nicht nur eine faule Ausrede sei. Doch im Grunde war es gleichgültig. Es war einfach die Realität, die er akzeptiert und an die er sich gewöhnt hatte.
    Aus diesem Blickpunkt war es zwar durchaus ungehörig, aber irgendwie symptomatisch, dass seine erste Handlung nach Christelles grauenvoller Eröffnung seine Einladung der vergoldeten Fayna war. Diese war ihm ein wenig rätselhaft und manchmal machte er sich Gedanken darüber. Es hielt ihn davon ab, sich über andere, weit schlimmere Dinge den Kopf zu zerbrechen.
    Karl konnte sich selbst gewissermassen zusehen, dass er die Realität seiner Trennung so weit von sich schob, dass sich Christelle nur fragen konnte, ob sie all die Jahre mit einem Eisberg zusammen gewesen war.
    Hinwiederum war Karl ein Eisberg. Wie die meisten Menschen. Der Grossteil seiner Persönlichkeit lag unter seiner Bewusstseinsgrenze verborgen. Es war dies die Garantie für seine Fähigkeit, das Leben in jeder Situation zu meistern. Es war die Versicherung, stets die Lage zu überblicken. Aber es war auch der Garant dafür, jederzeit zu wissen, dass er sich belog, dass er sich aus dem Weg ging und dass all dies ihn wohl einmal einholen würde. Dass sein Alter wohl einmal von psychischen Rückschlägen und einer Art fiebernden Ehrlichkeit geprägt würde. Manchmal besorgte ihn die Vorstellung, wie sein Grossvater als eine verwirrte, schimpfende und unflätig fluchende Erscheinung zu enden. Ein bedrückender Ausblick. Noch dazu, da er nun nicht mehr Teil der Familie war, für die er die letzten zwölf Jahre gelebt hatte. Oder geglaubt hatte zu leben.
    Da war es angenehmer an die vergoldete Fayna zu denken, die mit einer sachlichen Bewegung das Bett aufschlug und ihre durchsichtigen Hemdchen ablegte. Die Wein trank als sei es übersüsster Krimsekt – den sie wahrscheinlich vorgezogen hätte – und behauptete, goldene Körperschminke sei ein Kostüm. Alles war so einfach gewesen. Keine Diskussionen, keine Kompromisse. Nur die einfachen Lebensbedürfnisse. Wie entspannend.
    Er bereute, sie nicht um ihre Telefonnummer gebeten zu haben. Er hätte sie gerne wieder gesehen. Mit ihr geschlafen. Ihr unbeschwertes Plaudern angehört. Nun war sie eine weitere Erinnerung, etwas mehr, das er vermisste.
    Karl vermisste seine Familie. Das ganze Haus, die Einrichtung im modernen Atelierstil, alles erinnerte ihn an Christelle. Die Kinderzeichnungen, die vereinzelt herumliegenden Spielsachen, das alles verursachte ihm quälendes Unwohlsein, sobald er daheim war. Schliesslich hatte er die Haushälterin beauftragt, Christelles Sachen und einen Grossteil der der Kinder zu packen und sie im grossen Wagen zu verstauen, den Christelle sich so dringend gewünscht hatte. Es war ein mächtiger Geländewagen mit verdunkelten Scheiben und einem erstaunlichen Treibstoffverbrauch. Ihr Wagen,

Weitere Kostenlose Bücher