Hochzeit auf Sizilianisch
hatte, waren ihm die Folgen des Unfalls noch deutlich anzusehen gewesen. Vielleicht erschrak sie deshalb, als sie den kräftigen, sonnengebräunten Mann sah, der entschlossener und verwegener wirkte als je zuvor.
Wozu in erheblichem Maße seine legere Kleidung beitrug. Statt eines Maßanzuges trug er Jeans und ein ärmelloses weißes T-Shirt, und sein Haar war zerzaust. Er schien körperlich gearbeitet zu haben, denn auf seiner Stirn glänzten feine Schweißperlen. Doch selbst sein zwangloses Äußeres tat der natürlichen Autorität, die er ausstrahlte, nicht den geringsten Abbruch.
Umso erstaunter war Heather, wie respektvoll Renato seine Mutter begrüßte, bevor er zu ihr kam und ihr die Hand auf die Schulter legte. "Da ist ja meine Lebensretterin", sagte er lächelnd, beugte sich herunter und küsste ihre Wange.
"Herzlich willkommen im Kreis der Familie."
Noch ehe Heather etwas erwidern konnte, setzte sich Renato und schenkte sich ein Glas Wein ein. Dann lehnte er sich entspannt zurück und verfolgte das Gespräch der beiden Frauen, ohne Heather aus den Augen zu lassen.
"Wirst du eigentlich schnell seekrank?" fragte er unvermittelt.
"Bisher hatte ich noch nie Gelegenheit, es auszuprobieren", erwiderte Heather verunsichert.
"Dann wird es höchste Zeit. Ich habe Lorenzo angeboten, dass ihr eure Flitterwochen auf meiner Segelyacht verbringen könnt. Und da er morgen nach Stockholm muss, können wir den Tag nutzen und herausfinden, ob du auch seefest bist. Das Mittelmeer kann tückisch sein, und du sollst deine Hochzeitsreise ja genießen und nicht darunter leiden."
Heather hatte sich in der Hoffnung bereit erklärt, dass Angie sie begleiten würde. Doch die hatte bereits andere Pläne.
"Bernardo will mir die Insel zeigen", berichtete sie strahlend, als die beiden Freundinnen allein in ihrem Zimmer waren.
"Geht das nicht ein bisschen sehr schnell?" wandte Heather ein. "Ihr kennt euch doch erst wenige Stunden."
"Na und?" Angie teilte ihre Bedenken nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Sie schien mit dem Verlauf der Dinge mehr als zufrieden, und als sie Heather zulächelte und im Bad verschwand, stand ihr die Vorfreude auf den kommenden Tag deutlich ins Gesicht geschrieben.
So musste Heather am nächsten Morgen wohl oder übel ohne ihre Freund in zu Renato ins Auto steigen.
Schon von weitem war der hohe Mast im Hafen von Mondello zu erkennen, der erahnen ließ, dass es sich bei der Santa Maria nicht um irgendeine Segelyacht handelte. Doch als Renato den Wagen geparkt hatte und sie zu einem strahlend weißen Einmaster führte, glaubte Heather zunächst, er erlaube sich einen Scherz.
"Willkommen an Bord", sagte er mit deutlichem Stolz in der Stimme und half ihr an Deck einer Luxusyacht von mindestens dreißig Meter Länge.
"Ist das wirklich Ihre Yacht?" fragte Heather ungläubig.
"Erstens ist sie das, und zweitens finde ich es ziemlich unpassend, dass du deinen Fast-Schwager siezt“, erwiderte Renato bestimmt und gab dem Skipper einige Anweisungen.
Ehe Heather recht begriffen hatte, wie ihr geschah, hatten zwei Matrosen die Leinen losgemacht, und der riesige Segler glitt beinahe lautlos durch die Hafeneinfahrt hinaus auf die offene See.
Vor der Bucht wehte eine kräftige Brise, und sobald die Segel gesetzt waren, legte sich die schwere Yacht leicht auf die Seite und schnitt elegant durch die Wellen.
"Wie fühlst du dich?" erkundigte sich Renato, der kurz unter Deck gewesen war und sich umgezogen hatte.
"Es geht mir blendend", erwiderte Heather. Die Schiffsbewegungen machten ihr nicht das Geringste aus, und das traumhafte Wetter trug seinen Teil dazu bei, dass sie die kleine Seereise schon nach wenigen Minuten genoss.
Renato schien es nicht anders zu gehen. An Bord seiner Yacht war er offensichtlich in seinem Element, denn er erinnerte in nichts an den undurchschaubaren und selbstherrlichen Mann, den Heather in London kennen gelernt hatte. In den Shorts und dem weißen ärmellosen Hemd wirkte er völlig entspannt und energiegeladen zugleich.
"Komm jetzt mit“, forderte er Heather auf und nahm ihre Hand. "Du willst doch sicherlich wissen, wo du deine Flitterwochen verbringst."
Er führte sie unter Deck und einen schmalen Korridor entlang, der direkt zur Eignerkabine führte. Der Raum hätte der Luxussuite eines Grandhotels alle Ehre gemacht, und angesichts des Komforts mochte Heather kaum glauben, dass sie sich auf einer Segelyacht befand. Vor allem die Größe des Doppelbettes wollte so gar nicht zu
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