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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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Verkettung von Zufällen gewesen war. In diesem Fall hatte sie vielleicht einfach den Kopf verloren und war aus Stratton Hall geflüchtet, nachdem sie zuvor eine Reihe unglücklicher Begegnungen mit dem Tod gehabt hatte. Raphael könnte in ihre Fluchtpläne eingeweiht worden sein, immerhin standen die beiden sich zweifellos sehr nah.
    Die zweite Möglichkeit war ungleich unheimlicher. Sie fußte auf einer Bemerkung, die ihre Mutter während des Abendessens von sich gegeben hatte. Schwester Veronica war ebenfalls davon ausgegangen, dass Eleanor zeitweise verwirrt gewesen war und unter großen seelischen Druck gestanden hatte. Sie führte diese Punkte aber weniger auf Eleanors zerfranstes Nervenkostüm zurück, sondern mehr noch auf ein Medikament, das Eleanor im Zuge einer Studie verabreicht worden war. Schwester Veronica glaubte zwar davon gehört zu haben, dass keiner der Probanden außer Eleanor irgendwelche Nebenwirkungen gezeigt hatte, doch warum sollte Eleanor Storm nicht eine Ausnahme gebildet haben? Ihre Freundin Emily, die zu diesem Zeitpunkt in Eleanors Abteilung tätig gewesen war, hatte ihr unter dem Siegel der Verschwiegenheit jedenfalls von einigen Vorkommnissen mit Eleanor berichtet, die dieses Medikament in äußerst ungünstigem Licht erscheinen ließen.
    Bess atmete tief durch. Die eigentliche Frage schien ihr zu sein, wohin Eleanor und Raphael sich wohl auf ihrer Flucht gewandt haben mochten. Sie stand auf und begann in ihrem Zimmer auf und ab zu laufen. Sie ahnte nicht, dass ihr Bruder Michael im Zimmer nebenan das gleiche tat.
     
    Engel und Dämonen starrten gebannt gen Himmel, wo sich Wunderliches abspielte. Eleanor hätte gern ebenfalls zuges ehen, doch sie stand zu tief in der Höhle, als dass sie freien Blick auf den Himmel gehabt hätte. So musste sie ungeduldig abwarten, was sich draußen tat.
    Der Himmel bezog sich nun in Sekundenschnelle, türmte Wolke auf Wolke, verfinsterte sich mehr und mehr. Erste Blitze leuchteten auf und der Donner rollte durch die umliegenden Schluchten, hallte von steinernen Felswänden wieder und verklang in der Ferne.
    Endlich erstrahlte in den Wolkenbergen über ihren Köpfen ein flimmerndes Gleißen, dessen Lichtkegel auf die Versammlung der Engel und Dämonen gerichtet war. Und aus diesem Strahlen und Leuchten sank langsam ein Engel auf die Erde hinab. Auch Eleanor konnte ihn nun sehen. Er schien ihr ungewöhnlich groß, mit wilden Haaren und einem Blick, der alles zu durchdringen schien. Seine mächtigen Schwingen rauschten in der Luft, durchteilten sie mit einer Eleganz, die allen Grundsätzen der Physik widersprach und doch zugleich wunderschön und natürlich wirkte.
    Er blieb unmittelbar über der Schlucht in der Luft schweben und sah sich um. Es herrschte völlige Stille, nur seine Flügelschläge waren zu hören.
    „Der Herr schickt mich“, sprach er mit einer Stimme, die leise schien und dennoch mühelos jeden Stein, jeden Felsen durchdrang. Sie schien aus dem Innern der Berge zu kommen und Teil der Schöpfung zu sein. Niemand der Anwesenden hätte die Worte überhören können. Tausende Engel und Dämonen sanken auf die Knie und beugten gemeinsam das Haupt. Auch Raphael verhielt sich so. Eleanor stand einen Augenblick unschlüssig hinter ihm. Dann trat sie neben ihn und ging ebenfalls auf die Knie. Diese Geste erschien ihr zunächst unnatürlich und fremdartig, doch das Gefühl von Macht, das der Engel ausstrahlte war so groß, dass Eleanor sich wie ein Frevler vorgekommen wäre, wäre sie stehengeblieben. Sie wusste, dass niemand hier vor dem Engel kniete, sie alle beugten sich der Macht Gottes, für die der Bote des Herrn hier und heute stand.
    „Gabriel “, sprach Samael im Namen aller. „Was befiehlt der Herr?“
    Gabriel lachte. Sein Lachen war freundlich und so angenehm, dass Eleanor ein Kribbeln über den Rücken lief.
    „Der Herr hat gesehen und gehört. Er hat euch nicht vergessen und er weiß um das Leid, das ihr habt ertragen müssen.“
    Gabriel lächelte.
    „Einige von euch haben gelernt. Diese werden gehen dürfen. Die anderen…“, er zögerte und sah sich um, ohne den Satz zu vollenden.
    Erneut wandte er sich nun um, sein Auge suchte jemanden, den er zunächst nicht zu sehen vermochte. Schließlich blieb sein Blick auf Eleanor haften. Gabriel legte den Kopf schief und betrachtete sie. Dann ließ e r sich von zwei mächtigen Flügelschlägen mit unglaublicher Geschwindigkeit vor den Höhleneingang treiben. Dort blieb er in der

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