Hoerig
wir ins Badezimmer, wo ich mich mit einer rosa Seife einseifen musste, die aus der Grundaus-stattung von Barely Legal stammte. Die Seife sei der Türöffner zum Körper des anderen, sie gebe der Szene die Glaubwürdigkeit, sagten sie, allein die Seife mache schon geil. Ich fragte mich, ob den Internauten eigentlich auffiel, daß alle Mädchen bei Barely Legal sich mit der gleichen rosa Seife einseiften, und ob das ihrem Ständer abträglich war. Sie hatten auch eine Plastikente mitgebracht, die ich zwischen meinen Beinen schwimmen lassen sollte. Die Ente war wirklich nicht zu übersehen, und mit der Ente sah man auch die rosa Seife, Ente und Seife setzten einander gegenseitig ins Licht. Meine zu großen Brüste versanken im Schaum; Bauch und Bauchna-bel mußten allerdings sichtbar bleiben. Weiß doch jeder, daß man kleine Mädchen kitzelt, um sie an-zumachen, und wenn sie vor Lachen fast ersticken, kann man sich ernsteren Dingen zuwenden.
Im Badezimmer wurde ich neu gekämmt, ich sollte keck aussehen mit den zwei Rattenschwänzchen auf dem Kopf, aber das harte Scheinwerferlicht enthüllte mein wahres Alter. Ich sollte mich im Wasser auf den Bauch drehen und den Hintern heben wie vorher die Zöpfe lutschen, also ohne eine Absicht in diese Pose zu legen. An diesem Tag lernte ich, daß die Schönheit in diesem Alter aus dem Mangel an Berechnung rührt. Für die Fotos blieben also nur der Rücken, der Schwung meiner Hüften und der schaumbedeckte Hintern, aber solche Fotos gab es viele, denn das Bad gehört unbestritten zu den Klassikern unter den Vorwänden, kleine Mädchen anzufassen. Und wie jeder weiß, garantie-ren die Klassiker allgemeine Zufriedenheit, jeder weiß auch, daß Rückeneinseifen in der Hoffnung, im Gegenzug den Schwanz eingeseift zu kriegen, zu den Urszenen der Pädophilen gehört.
Dann sind wir auf den Balkon gegangen, wo ich mich nackt ausgezogen habe und mit Rollschuhen vor dem Hintergrund der Rue Sherbrooke posierte, von der ein Hupkonzert zu uns heraufdrang. Unter der Julisonne war meine Haut strahlend weiß, das war für sie perfekt, weiße Haut ist so wie gerade erst dem Mutterleib entschlüpft.
In ihrer Professionalität haben die drei Männer von Barely Legal nicht versucht, mich zu ficken, sie dachten nur an die Fotos, die sie im Kasten haben mußten, sie funktionierten wie Gynäkologen angesichts der Muschis ihrer Patientinnen. Bevor sie gingen, haben sie mich bezahlt, und ich hatte in meinem ganzen Leben nie soviel Geld für so wenig bekommen, es war das erste Mal, daß ich mich verkaufte. Ein Jahr später ging ich auf den Strich.
Ich habe die Fotos nur ein einziges Mal gesehen, und zwar als sie aufgenommen wurden: Polaroids in Farben ohne Abstufungen, auf denen ich wie eine Comicfigur aussah. Obwohl ich neugierig war, bin ich nie auf der Barely-Legal-Seite gewesen, um mir die ausgewählten Fotos anzuschauen, aus Angst, dort Dinge zu sehen, die eigentlich im Verborgenen bleiben sollten, einen Frosch im Hals zum Beispiel, oder, da meine Zöpfe mit vielen Schichten Haarspray geglättet werden mußten, Schuppen.
Jahre später wollte ich auch die Fernsehsendungen nicht sehen, in denen ich aufgetreten bin, es gibt nichts Schlimmeres, als keine Kontrolle über sein eigenes Bild zu haben, man sieht bestimmte Bewegungen oder Rötungen im Gesicht, die die Wirkung der Worte konterkarie-ren, hört holprige Sätze, die zuviel sagen oder das Gegenteil dessen, was sie meinen. Ich habe dabei so ein Kata-strophengefühl, wie wenn man sein Kind vor ein Auto laufen sieht und anschließend nur noch an die Sekunden davor denken kann, als der Ball auf die Straße gerollt ist und man hätte eingreifen sollen.
Wenn ich diese Fotos heute sehen würde, müßte ich an Jasmine denken, Jasmine mit der braunen Perücke, die dadurch nicht älter aussah. Ich frage mich, ob Jasmine auch für Barely Legal posiert hat und dafür auch jünger gemacht werden sollte, wer weiß, für wie viele hundert Seiten sie im Lauf der Zeit posiert hat und was alles dafür verändert werden mußte mit ausgestopften Büstenhaltern oder halb verdeckten Pobacken: In der Welt der Pornographie bedeutet nicht allen zu gefallen, niemandem zu gefallen, nicht richtig jedenfalls.
Es ist ein Fehler, daß man heutzutage nicht mehr an Tabus glaubt, jeden Tag sterben Menschen daran, daß sie sie nicht kennen, oder werden darüber wahnsinnig; eines Tages wird man Männern gestatten, ihre Töchter zu heiraten, weil die Liebe ja blind ist, und an
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