Holunderblut
Handlung in Notwehr.
Nach mehreren parallelen Ermittlungsverfahren ist zwar festgestellt worden, dass ihre Schussabgabe rechtmäßig gewesen ist, aber ihre Kooperation mit dem Polizeipsychologen hat dann nicht so gut funktioniert; die Selbstvorwürfeund -zweifel hat der ihr halt nicht abnehmen können. Er hat also eine Versetzung vorgeschlagen, weil der Kriminalpolizeidienst sie zu sehr belastet, wie er es ausgedrückt hat.
Und dann hat sie sich, zur Eigentherapie quasi, ein bisschen Trotz war vielleicht auch dabei, erst einmal zu einer alten Freundin nach Italien abgesetzt. Im Frühsommer ist das gewesen. Über zwei Monate ist sie in der Toskana gewesen, und schließlich hat sie den Anruf vom Brunner gekriegt, dass er eine freie Stelle für sie hat, bei der Polizei in Weil, wo sie damals vor zwanzig Jahren angefangen hat.
Und so ist sie zurückgekommen nach Weil, in ihr Austragshäusl, und den alten zinnoberroten Golf, den die Kathi noch von ihrem Vater übernommen gehabt hat, hat ihr der Brunner auch schon vor die Tür gestellt gehabt. Der Peter hat ihn durchgecheckt und ein bisschen was ausgewechselt, Glühkerzen, Bremsbeläge und so Verschleißteile halt, und vollgetankt. So kann man freilich entspannt in die Heimat zurückkehren.
Gewusst haben die Allmandingers ja schon viel von der Katharina, weil der Vater Polizist gewesen ist in Weil und der Peter und die Kathi schon miteinander in der Volksschule in einer Klasse gewesen sind, und ganz aus den Augen verlierst du dich nie am Land. Die Geschichte von der Rückkehr von der Berger Kathi in ihren alten Heimatort hat dort um Ostern herum auch recht schnell die Runde gemacht. Warum sie zurückkommt, haben sie nicht gefragt. Mit vierzig rum kommen sie alle zurück – Ruf der Heimat wahrscheinlich.
Aber alles haben die alten Allmandingers dann doch nicht gewusst. Zum Beispiel nicht, dass die Kathi inzwischen mit einem Commissario aus der Toskana liiert war.Da hat auch der Peter keine Ahnung gehabt. Und er hat die Kathi sehr gern gemocht, immer noch, nach all den Jahren, deswegen hat er ihr auch alles umsonst gemacht, Möbel räumen oder Auto reparieren zum Beispiel. Das hat der können, weil er vor zwanzig Jahren einmal in einer Autowerkstatt seinen Mechaniker gemacht hat, zur gleichen Zeit, wie die Kathi bei der Polizei gelernt hat, das war, bevor er den Eltern den Hof geschmissen hat, und zwar in der Werkstatt vom Tandler. Die ist damals grad im Aufbau gewesen. Weil das vorher, als dem Tandler seine Eltern noch gelebt haben, der zweite von zwei Biohöfen in der Gegend gewesen ist, der erste war der Allmandinger-Hof.
Aber heute nur noch Autos, wohin du auch schaust.
Und die Katharina ist jetzt, nachdem sie geschaut hat, zu den zwei Mechanikern gegangen, die mit ihren Oberkörpern ganz tief im Motorraum von einem alten Ford Taunus gesteckt und irgendetwas mit irgendeinem Gerät ausgemessen haben, was, das erfährst du als Laie ja nicht.
Ein Alter und ein Junger waren das, so wie die diskutiert haben und sich uneins waren, das hast du schon merken können, bevor sie sich aufgerichtet und zur Katharina hergeschaut haben, als die sie begrüßt hat.
»Servus, i bin die Katharina Berger, Polizeiinspektion Weil. I suachad den Tand… Ich such euern Chef.«
Und als die beiden aus dem Motorraum aufgetaucht sind, hat die Katharina an ihren wunderschönen blauen Augen gesehen, dass sie nicht nur jung und alt waren, sondern auch Vater und Sohn.
»Polizei? Is was passiert?«, hat der Sohn ein bisschen erschrocken gefragt.
»Naa, ned wirklich. Reine Routine.«
Der Junge hat sich seine langen dunklen Haare mit dem Unterarm aus dem Gesicht gestrichen, weil seine Hände ganz ölig waren. »Der Hafner is grad furt, duad ma leid. Aber miassat glei wieder kema.«
Die Katharina hat solch präzise Aussagen ja geradezu geliebt. Und auf irgendwelche Chefs warten fast genauso sehr. Aber der Junge hat schon gemerkt, dass sie genervt schaut, und dann ist er hinter dem Taunus hervorgekommen.
»I bin der Jakob Fichtner.« Mit seiner schmutzigen Mechanikerhand hat er der Katharina ihre saubere Polizistenhand geschüttelt, dass gleich ein Haufen Altöl und Schmiere an ihr pappen geblieben ist.
Aber die Katharina war sich da auch nicht zu fein, außerdem hat ihr der Jakob gleich irgendwie gefallen, wie er sich bewegt hat, wie er ausgesehen hat, ganz durchtrainiert. Da hat sie sofort gewusst, der macht irgendeinen Kraftsport.
Am Händedruck hat sie es auch gemerkt.
»Gfreit
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