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Huehnerhoelle

Huehnerhoelle

Titel: Huehnerhoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Beckmann
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Stunde später hielt Hufeland neben einem merkwürdigen einstöckigen Gebäude aus schwarzvioletten Klinkern, das von einem übergroßen Walmdach niedergedrückt wurde. Es sah aus wie ein Teehaus nach den Plänen eines depressiven Architekten und war von einer großen Rasenfläche umgeben. Das Gras hatte seinen Farbton von sommerlichem Grüntee auf herbstlich braunen Roibos umgestellt.
    Hufeland brauchte ein paar Sekunden, ehe ihm der Gedanke kam, dass es sich um die örtliche Leichenhalle handeln könnte. Sie lag dem Friedhof unmittelbar gegenüber, man hatte es als Vennebecker also nicht weit mit dem Umzug, später mal.
    Beim Aussteigen fuhr ihm ein merkwürdiger Geruch die Nasenscheidewände hoch. Es roch wie Hühnerkot, frisch aus dem Wok, gebraten in Benzin. Er würgte und warf einen misstrauischen Blick auf die Leichenhalle. War dort die Kühlung ausgefallen, oder was?
    Ihm war kalt, die Luft war nebelfeucht, über ihm hing eine fahlgraue Wolke, groß wie ein Stadion. Er knöpfte sich neben dem schwarzen Touran seinen dunklen Mantel zu und spürte, wie sich ihm leicht der Magen hob, weil mit einer leichten Brise der Gestank plötzlich noch intensiver wurde.
    Hufeland war gezwungen gewesen, vor der Halle zu parken, weil ein großer Kreis Schaulustiger einen äußeren Ring um die Fahrzeuge der Spurensicherung bildete, die wie in einer Wagenburg um den Eingang zum Friedhof postiert waren. Das kunstvoll mit gusseisernen Ranken verzierte Portal des Friedhofs stand weit offen, der Zugang war jedoch durch das rot-weiß gestreifte Flatterband versperrt, wie sich das für einen Tatort gehörte.
    Als er sich dem Eingang näherte, blickte er ausnahmslos in fröhliche Gesichter. Die Landbevölkerung amüsierte sich offenbar ganz köstlich. Ältere Männer und junge, schick frisierte Frauen scherzten und lachten so laut und offensichtlich erleichtert, als wäre es bis vorhin noch verboten gewesen in Vennebeck. Kinder im Vorschulalter spielten Fangen, ein Junge in abgewetzten, durchlöcherten Jeans kegelte ihm um die Beine, als er sich durch die Menge kämpfte. »Pass auf deine Hose auf, Sven, die ist Vintage!«, ermahnte ihn seine junge Mutter.
    Eine Flasche machte die Runde. Bärenhäger, Westfälischer Wacholder stand auf dem Etikett. Ein Schnapsglas thronte mit dem Bauch nach unten auf dem Flaschenhals.
    Etwas verwundert über sein plötzliches Auftauchen machte man ihm Platz. Irgendjemand krakeelte: »Durch diese hohle Gasse muss er kommen!« Ein echter Schenkelklopfer in der Runde. »Nichts für ungut, Herr, ähm, Dings«, entschuldigte sich ein anderer.
    Hufeland quittierte es mit einem etwas schiefen Grinsen.
    Vor diesem Friedhof herrschte eine Stimmung wie auf einer Kindstaufe. Wenn das immer so war, musste man sich um die Unterhaltung für die Toten jenseits der immergrünen Hecke keine Sorgen machen.
    Vor dem Eingang erblickte er den kleinen dicken Kuczmanik. Mit halb offenem Mantel, unter dem einem karierten Flanellhemd die Knöpfe abzuspringen drohten, hielt er für Hufeland das Flatterband hoch. Kevin Kuczmanik erinnerte Hufeland immer ein wenig an Karlsson vom Dach, er war ungefähr eins sechzig hoch und quasi ebenso breit. Sein blasser Kugelkopf war von einem dunklen, dünnsträhnigen Haarbeutel umgeben, den er sich idiotischerweise an den Seiten aufföhnte. Vielleicht zum Ausgleich für die kreisrunde Mönchsglatze, die sich oben auf der Platte schon zu bilden begann. Sein Gesicht war lebhaft, sein schmaler Mund ein Klapperkasten, der niemals freiwillig stillstand.
    Â»Morgen, Kevin, steh bequem«, bemühte sich Hufeland dennoch um einen freundlichen Ton. Er nahm Kuczmanik das Band aus der Hand und stieg locker darüber hinweg. Mit seinem Gardemaß von eins fünfundneunzig kein Kunststück.
    Wieder fuhr ihm jetzt mit einer leichten Böe der Kloakengeruch in die Nase.
    Â»Sag mal, liegt der Friedhof gleich neben der örtlichen Kläranlage?«, würgte er. »Oder müssten die Gräber einfach mal gelüftet werden?«
    Kevin Kuczmanik riss die Kulleraugen auf. Kleine himmelblaue Kreise in der Mitte riesiger weißer Augäpfel. »Ja, stinkt wie die Pest, Herr Hufeland!«, stimmte er lebhaft zu. »Riecht wie Ammoniak mit irgendeiner Säure. Ich komm jetzt auf den Namen nicht. Wir hatten wahnsinnig oft Unterrichtsausfall in Chemie, in der Schule

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