Huehnerhoelle
Sie sollte Teil des geplanten âºHühner-Highwaysâ¹ werden, der zahlreiche Einzelmäster entlang einer länderübergreifenden Strecke wie an einer gigantischen Schnur aufreihte, um ihre Produkte der zyklopischen Schlachterei eines âºGlobal Butchersâ¹ zuzuführen. âºChicken verschickenâ¹ war das Ziel, täglich Myriaden gefrorener Hühnerreste rund um die Welt schicken, Hälse nach Asien, Mägen nach Südamerika, Keulen nach Frankreich, nur die mageren Brüste blieben im Land und kamen frisch verkeimt auf den Tisch.
Goldene Broilerzeiten sah Bruno Kock für sich heraufziehen. Ãrgerlich nur: Vor der Zufahrt zum Gelände protestierten nun täglich Demonstranten, die sich noch dazu permanent ablösten.
Eines Tages riss ihm der Geduldsfaden. Er bestieg einen Trecker im längst wieder hergestellten Schuppen für die Landmaschinen, setzte zurück und fuhr wütend mitten hinein in das Grüppchen von vielleicht einem halben Dutzend Tierschützern an diesem Morgen.
Die meist jungen Aktivisten spritzten panisch auseinander.
Das hatte er erreichen wollen.
Nur ein dünner, kleiner Mann in den Sechzigern reagierte falsch, das heiÃt zu spät und verlor ein Bein unterhalb und das andere oberhalb des Knies.
Das hatte Kock nun nicht beabsichtigt (war aber durchaus schon lustvoller Teil diverser Tagträume von ihm gewesen).
Bruno Kock verlor für zwei Jahre seine Freiheit. Nicht jedoch seine vom Vater geerbte Mastanlage. Die Wiederherstellung des alten Gebäudes und die Erweiterung auf achtzigtausend Tiere wurden Realität, noch während er in Haft saÃ. Die Geschäftsführung übernahm in dieser Zeit die rührige, endlich Kock gewordene Corinna. Auf ihren Rat hin hatte er glücklicherweise noch vor Weihnachten die Versicherungssumme im Brand- und Schadensfall drastisch erhöht. Das nährte freilich die Spekulationen, dass er selbst dem alten, für zu klein befundenen Maststall den Roten Hahn aufgesetzt hatte. Bewiesen wurde nichts.
Vera Kock verlor alles. Die Freiheit für sieben Jahre, sechs Monate. Und ihre Familie, vor allem Maik.
Nach der Inhaftierung seines Vaters im Frühjahr lebte der Junge bei seiner GroÃmutter im Ruhrgebiet, weil Corinna aufgrund ihrer Geschäftsführertätigkeit nun keine Zeit mehr für ihn hatte. Und kein Interesse an ihm.
Die Zweizimmerwohnung der Oma Holten lag in einem mausgrauen Wohnhaus über dem âºSchluckspechtâ¹, einer Kneipe, die nachts zur Hochform auflief. In der RuinenstraÃe in Aplerbeck, wenn Sieâs genau wissen wollen, eine Lkw-Länge vor der Kreuzung zur Köln-Berliner-StraÃe.
E N D E
Herbert Beckmann im Gmeiner-Verlag:
Die Nacht von Berlin (2011)
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