Hundekuchen zum Fruehstueck
mich allein gestellt, wenn ich versuchen wollte, die Sache rückgängig zu machen. Und das ohne die geringste Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Ich fühlte mich einsam, einsamer noch, als ich es jemals als Mensch gewesen war. Hatte ich mich wirklich jahrelang über meine Einsamkeit und mein Außenseiterdasein in Madrona beklagt? Nun – heute war ich jedenfalls einsamer denn je.
Als Max’ Handy läutete, zuckten wir beide zusammen. » Tut mir leid«, sagte er und kontrollierte die Nummer. » Wie es aussieht, ein Patient. Ich muss den Anruf annehmen. Es könnte ein Notfall sein.«
Er ging ein paar Schritte den Strand entlang und überließ mich meinen Gedanken. Meine Blicke glitten über den Sand, der bei Tageslicht golden schimmerte – plötzlich packte mich eine schmerzvolle Erinnerung. Ich hatte diesen Strand an strahlend schönen Tagen erlebt, hatte den salzigen Schaum glitzern sehen, wenn das Wasser bei Ebbe zurückwich und die Welt der leuchtend roten und orangefarbenen Seesterne und der in der Strömung erblühenden Seeanemonen enthüllte. Mit Hundeaugen konnte ich all diese Pracht nicht mehr wahrnehmen. Meine Welt hatte sich verdüstert … und ich hatte es nicht einmal gemerkt. Welche Fähigkeiten meiner menschlichen Existenz hatte ich außerdem eingebüßt? Und schlimmer noch – was hatte ich schon so weit vergessen, dass ich es nicht einmal mehr vermisste?
Ein entsetzlicher Gedanke schoss mir durch den Kopf. Hunde lebten nicht allzu lange. Was hatte Kerrie gesagt, als ihre Jane Eyre starb? Dass ein Labrador nur zehn oder zwölf Jahre alt wurde? Falls Zoë noch ein junger Hund war … Was bedeutete das für mich? Dass ich mit Glück noch zehn Jahre zu leben hatte?
Zehn Jahre. Mir wurde so schwindlig, dass ich nicht länger stehen konnte. Übelkeit stieg in mir auf. Zehn erbärmliche Jahre!
Max beendete das Gespräch und klappte sein Handy zusammen. » Es tut mir wirklich leid, Z … ich meine, Jessica.« Er zuckte zusammen, weil er vermutlich wieder an das Elend dachte, das ich ihm beschert hatte. » Aber ich muss unbedingt fort. Carol Johnson hat angerufen – ihre Dogge hat eine Magenkolik. Wenn ich mich nicht beeile, könnte sie sterben. Es ist wirklich ernst.«
Er war bereits zwei Schritte in Richtung Straße gegangen, als er sich noch einmal umdrehte und mich ansah. » Ich wünschte wirklich, ich könnte dir helfen«, sagte er ernst. » Aber ich bin leider nur Tierarzt und kein Zauberer.«
Als mir klar wurde, wie recht er hatte, krampfte sich mein gequältes Herz zusammen. Ich hob zum Abschied die Pfote, worauf mein wunderbarer, gut aussehender Held Max kehrtmachte und durch den Sand davonstapfte. Von der obersten Düne aus winkte er mir noch einmal zu – und dann war er fort.
Meine Stimmung war auf dem Nullpunkt, sprich ganz unten in den Spitzen meiner Pfoten angekommen. Statt noch länger im romantischen Mondschein zu verweilen und dem nachzusinnen, was ich verloren hatte, kehrte ich auf den trockenen Strand zurück und machte mich auf den Heimweg.
19
Eine Pfote vor die andere
Jessica
Ich konnte mich nicht erinnern, wie ich nach Hause gekommen war. Irgendwann erreichte ich jedenfalls die Schiebetür und schleppte meinen müden Körper über die Schwelle. Dann brach ich auf der Couch zusammen. Zoë kam nur wenig später mit den Taschen voller Chipskrümel, die sie mir anbot. Doch ich konnte mich nicht einmal mehr für Essen begeistern.
Zoë kuschelte sich zu mir aufs Sofa, und kurz darauf war sie eingeschlafen und schnarchte leise. Ich starrte in die Dunkelheit, während die Bilder des Tages durch meinen Kopf flackerten. Ich konnte sogar kleine Ausschnitte unserer Unterhaltungen hören, und als ich mich herumrollte, sah ich die Hürden im Parcours vor mir und spürte erneut die Freude über den Gewinn des Schönheitswettbewerbs. Zum ersten Mal verbanden sich meine Erinnerungen mit intensiven Düften und Gerüchen – und zwar genauso durchdringend und lebendig wie in dem Moment, in dem ich sie zum ersten Mal gerochen hatte.
Leider musste ich neben den schönen Erinnerungen auch noch einmal die beiden Szenen mit Max am Strand durchleben. Der Geruch nach Tang und Muscheln war noch immer so stark, dass mir übel wurde, und Max’ Worte drehten sich als endlose Schleifen durch meinen Kopf. » Ich wünschte wirklich, ich könnte dir helfen. Aber ich kann es nicht. Ich bin leider nur ein Tierarzt und kein Zauberer.«
Sein gequälter Gesichtsausdruck verfolgte mich, weil er meine
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