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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Hancock
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gezeichnete Gesicht. Wie kommt es, dass manche Jungen von der Kindheit direkt zum Erwachsensein wechseln? Helens Minderwertigkeitskomplex kann ich jedenfalls nachvollziehen. Ihr Sohn kann mit Jez nicht mithalten.
    »Hallo, Barney. Oder bist du Theo?«
    »Barney.«
    »Ich möchte mit deinem Vater reden. Wenn er hier ist.«
    »Ja.« Er wendet sich ab, lässt mich in der Tür stehen und brüllt: »Dad!«
    Mick taucht aus der Küche auf, die Haare zerzaust, Ringe unter den Augen.
    »Sonia. Komm rein.«
    »Ich habe deine Nachricht abgehört. Letzte Nacht. Gibt es etwas Neues?«
    Er geht vor in die große, helle Küche mit Blick auf den Garten hinter dem Haus. In der Luft hängt noch ein Hauch Vanille von Helens Parfum, ihr Lippenstift von Mac liegt auf der Anrichte vor einer Obstschale. Daneben eine riesige Vase mit Gerbera. Ich hatte vergessen, wie sehr Helen Schnittblumen mochte.
    »Willst du einen Kaffee haben? Einen Tee?«
    »Nein, nichts. Ich wollte nur hören, wie es steht. Ich kann nicht lange bleiben. Hat Helen sich gemeldet?«
    Er holt sein Handy von der Anrichte.
    »Lies das mal.«
    Mit gesenktem Kopf starre ich demonstrativ auf die SMS , die ich geschrieben habe.
    »Was hältst du davon? Ich habe den Jungs noch nichts gesagt.«
    »Es klingt ziemlich … endgültig.«
    »Es klingt wie ein Abschiedsbrief.«
    »Das wollte ich so nicht sagen.«
    »Tom versteht es so.«
    »Tom?«
    »Der Verbindungsbeamte. Er hat seine Kollegen verständigt. Sie wollen heute Nachmittag anfangen zu suchen.«
    »Mein Gott, Mick. Es tut mir leid.«
    »Und ich bin schuld an allem.«
    »Nein, sag so was nicht.«
    »Du weißt ja nicht, was los war, Sonia. Du hast keine Ahnung, was ich für ein Idiot war. Außer … hat Helen mit dir geredet?«
    Ich sehe ihn mit geschürzten Lippen an, und er nickt.
    »Es war völlig irre, seit Jez verschwunden ist. Ich bin am Arsch. Kann nicht klar denken. Das ist keine Entschuldigung, sich wie ein Volltrottel aufzuführen, ich weiß. Aber es hat alles nur noch viel schlimmer gemacht.«
    Er trägt eine Jeans, die einen Gürtel bräuchte. Sein T-Shirt ist hochgerutscht, ein Röllchen blasser Haut mit weichen, roten Haaren lugt darunter hervor. Ich sehe, wie er die Muskeln anspannt und den Bauch einzieht.
    »Was tut sich bei der Suche nach …«
    »Nach Jez? Nicht viel. Sie haben nichts gefunden.«
    Ich nicke. Mein Mund ist trocken. Mick sieht mich an, als würde er überlegen, ob er mir etwas erzählen soll. Er setzt sich mir gegenüber an den Tisch.
    »Jez’ Freundin Alicia hat am Fluss einen Tip gefunden und glaubt, er hätte Jez gehört. Aber er war zu zerfleddert, um es so oder so genau zu sagen. Jedenfalls haben sie schon die ganze Nachbarschaft befragt. Bei dir waren sie auch, oder?«
    »Ja, waren sie.«
    Er steht auf und füllt den Wasserkocher an der Spüle. »Helen glaubt, die Polizei würde sie verdächtigen. Sie haben sie immer wieder befragt. Hat sie dir was erzählt?«
    »Bei unserem Treffen neulich hat sie es erwähnt.«
    »Es stimmt, dass sie Jez als Letzte gesehen hat. Und da ist noch was. Nichts Wichtiges eigentlich. Helen steigert sich manchmal in etwas hinein. Du kennst sie ja. Und hält sich viel zu wenig zurück.«
    Ich warte.
    »Du darfst das nicht weitererzählen. Die Polizei hat mitbekommen, dass Helen sauer war, weil Jez sich für dasselbe College wie Barney beworben hat. Das reicht wohl kaum als Motiv, ich weiß, aber es gibt da noch ein ungelöstes Rätsel. An dem Vormittag, an dem er verschwunden ist, war sie nicht bei der Arbeit. Das hat sie der Polizei aber nicht erzählt. Jetzt sagt sie, sie wäre im Dampfbad gewesen, doch die Polizei hat nachgeforscht, und auch das scheint nicht zu stimmen.«
    Er holt eine Dose aus dem Schrank und lässt einen Teebeutel über einer Tasse baumeln. Mir fällt auf, dass er unterschiedliche Socken trägt. Keine Schuhe.
    »Sie hatte so eine fixe Idee wegen Jez. Sie war fast schon besessen davon. Sie dachte, Maria wäre eine bessere Mutter als sie. Wenn man es so sagt, klingt es verrückt. Aber ich fürchte, Sonia … sag mal, stört es dich, wenn ich dir das alles erzähle?«
    »Nein, red weiter.«
    »Seit Jez vermisst wird, versuche ich, Maria zu trösten. Ich glaube, Helen hat gedacht, es würde mehr dahinterstecken. Das hätte sie natürlich in ihrer Unsicherheit bestärkt. Und gestern Abend hat sie Maria und mich zusammen überrascht. Wir haben nichts gemacht, aber für sie hat es wohl so ausgesehen. Sie ist ausgerastet. Mit uns allen sind

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