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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Hancock
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nicht alle Menschen so leicht sterben.
    Alicia trägt fingerlose Handschuhe und einen Schal. Sie raucht. Ihre Augen sind dick mit schwarzem Eyeliner geschminkt. Sie steht auf und tritt den Zigarettenstummel aus.
    »Helen ist verschwunden«, sagt sie.
    Zuerst starre ich sie nur an, dann frage ich: »Was meinst du mit verschwunden?«
    »Sie ist letzte Nacht nicht nach Hause gekommen. Und sie hat eine komische SMS geschickt.«
    »Inwiefern komisch?«
    »Sie haben sie mir nicht gezeigt.« Sie sieht mich unverwandt an, und ich erkenne die Angst in ihren Augen, die Tränen, die fließen wollen.
    »Die Polizei glaubt, dass sie verschwunden ist, hätte was mit Jez zu tun.«
    »Moment mal.« Ich staune selbst, wie vernünftig ich klingen kann, sogar jetzt noch. »Helen ist letzte Nacht nicht nach Hause gekommen. Das kann man doch noch nicht als Verschwinden zählen.«
    »Mick sagt, sie kommt immer nach Hause. Auch wenn sie betrunken ist. Er meint, sie sei vielleicht durchgedreht. Aber ich habe Angst, dass uns irgendwer was antun will, erst Jez, dann Helen. Wer ist der Nächste? Ich habe echt Schiss!« Ihre Stimme wird hysterisch.
    »He, mal langsam«, sage ich. »Erklär mir das mal richtig. Wieso war die SMS komisch? Was glaubt Mick, wohin Helen gegangen ist? Warum meint er, sie wäre ›durchgedreht‹?«
    »Er hat Angst, dass sie sich umgebracht hat.« Sie fängt an zu schluchzen. »Ich glaube nicht, dass sie das machen würde. Aber er sagt, sie wäre mit den Nerven runter gewesen, seit Jez vermisst wird. Und die Polizei hatte es auf sie abgesehen.«
    »Was ist mit deiner Mutter? Solltest du nicht lieber mit ihr darüber reden?«
    Sie schluckt schwer. »Meine Mum ist ausgezogen.«
    »Und dein Vater?«
    »Der arbeitet.« Sie blickt kurz zu mir auf und sofort wieder weg. »Ich dachte … Helen hat gesagt, Sie wären die Einzige, mit der sie reden konnte. Abgesehen von mir. Sie meinte, Sie würden richtig zuhören. Sie würden nicht tratschen oder Partei ergreifen.«
    »Hat sie das?«
    Sie holt tief Luft. Wischt sich mit dem Handrücken über die Augen.
    »Ich glaube einfach, dass die Polizei nicht ordentlich nach Jez sucht. Ich habe doch diese Kippe gefunden …«
    »Ja, weiß ich noch.«
    »Aber sie haben nicht überall geguckt. An solchen Ecken haben sie nicht gesucht.« Sie deutet auf das Kraftwerk und macht einen Schwenk Richtung Bekohlungsanlage.
    »Das ist das perfekte Versteck. Wenn ich jemanden gefangen halten wollte, würde ich mir so einen Ort suchen. Da geht niemand hin. Es wird doch nicht mehr genutzt, oder?«
    Alicia denkt so wie Seb früher. Ohne Logik. Aber mit dem Gefühl, das Unmögliche könnte wahr werden. Ihre Idee ist lächerlich, doch diese Denkweise hat durchaus ihren Reiz.
    »Sie wissen bestimmt, wie man da reinkommt. Sie wohnen doch fast nebenan.«
    Ich sehe zu dem dunklen Eisenarm hinauf, der früher Kohle von den Schiffen geladen hat. Wo er in die riesige, weiße Wand des Kraftwerks reicht, steht eine hohe Mauer, über die sich Stacheldraht und ein Metallzaun ziehen. Die Fenster sind verrammelt.
    »Doch, da wird noch gearbeitet. Und es ist extrem gut bewacht. Da ist Jez mit Sicherheit nicht.«
    »Und woher wissen Sie das?«
    »Überwachungskameras. Auf dem ganzen Gelände wimmelt es davon.«
    Sie sieht mich herausfordernd an.
    Dann wird es mir klar. Sie spielt mir was vor! Alicia ist nicht dumm. Sie ist diese kleine Schnüfflerin, die ich gestern Abend im Pub durchschaut habe. Sie hat die Verbindung zwischen dem Tip, Jez’ Plan, sich bei mir ein Album auszuleihen, und Helens Verschwinden gesehen und das Rätsel gelöst, an dem sich die Polizei so schwertut! Sie will in das Kraftwerk gehen, weil man aus den oberen Fenstern direkt in mein Haus sehen kann. Meine Handflächen werden feucht.
    »Na gut, meinetwegen! Wenn du so sicher bist, dass er da drin ist, gehen wir doch einfach rein. Komm, wir sehen uns um.«
    Es wird nicht lange dauern, und danach bin ich sie so oder so los.
    Matt wird für mich eine Ausnahme machen, da bin ich mir sicher. Wir plaudern immer kurz, wenn ich vorbeikomme. Und weil ich meist allein bin, glaubt er, ich wäre zu haben. Er ist seit Jahren hinter mir her und lässt mich nie vorbeigehen, ohne sein Glück zu versuchen. Bestimmt erlaubt er mir einen kleinen Rundgang mit Alicia.
    Und ich habe recht.
    »Und was machen Sie für mich, wenn ich meinen Job aufs Spiel setze und Sie reinlasse?«, fragt Matt mit einem Funkeln in den Augen. »Gefallen gibt’s nicht umsonst.«
    »Wie

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