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Ich bin Nummer Vier

Ich bin Nummer Vier

Titel: Ich bin Nummer Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lore Pittacus
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drängen sich im Korridor, die meisten haben Kameras um den Hals gehängt und wollen zum Fotounterricht in die Dunkelkammer. Ein Glück, Sarah ist nicht unter ihnen. Ich versuche, so selbstverständlich wie möglich einen Fuß vor den anderen zu setzen. Der Schulausgang ist dreihundert Meter entfernt – das bedeutet viele Schritte.
    Die Kids flüstern.
    »So ein Weichei!«
    »Geht er hier in die Schule?«
    »Hoffentlich, er ist doch süß.«
    »Was hat er denn in der Dunkelkammer gemacht, dass sein Gesicht so rot geworden ist?«, höre ich, und alle lachen. Genauso wie wir unser Gehör fokussieren können, so können wir es auch abschalten, und das hilft, wenn man sich mitten in Lärm und Durcheinander konzentrieren will. Ich blende also den Krach aus und bleibe dicht hinter Henri. Jeder Schritt kommt mir vor wie zehn, aber endlich erreichen wir die Tür. Henri hält sie auf und ich versuche allein zum Truck zu gehen, der vor dem Gebäude parkt. Für die letzten zwanzig Schritte lege ich wieder den Arm um seine Schulter. Endlich sitze ich im Wagen.
    »Siebzehn, hast du gesagt?«
    »Ja.«
    »Du hättest sie bei dir behalten sollen. Es sind die kleinen Fehler, die zu den großen führen. Wir können uns keine leisten.«
    »Ich weiß. Tut mir leid.«
    Er schließt die Tür und marschiert zurück zum Gebäude, während ich versuche, ruhiger zu atmen. Ich spüre immer noch den Schweiß auf meiner Stirn. Im Spiegel an der Sonnenblende sehe ich, wie rot mein Gesicht ist, wie wässrig die Augen sind. Aber trotz Schmerz und Erschöpfung lächle ich.
Endlich!
Nach Jahren des Wartens, in denen meine einzige Verteidigung gegen die Mogadori Intelligenz und gute Nerven waren, habe ich mein erstes Erbe empfangen.
    Henri kommt mit meiner Tasche zurück. »Danke«, sage ich, als er sie auf den Sitz wirft.
    »Kein Problem.«
    Als wir vom Gelände fahren, streife ich die Handschuhe ab und betrachte meine Hände genauer. Das Licht in der rechten sammelt sich nun zu einem Strahl, wie bei einer Taschenlampe,nur heller. Das Brennen lässt nach. Meine linke Hand flackert noch schwach.
    »Du solltest die Handschuhe anlassen, bis wir zu Hause sind.« Henri lächelt stolz. »Das war eine scheißlange Wartezeit.«
    »Hm?«
    »Eine scheißlange Wartezeit«, wiederholt er. »Auf dein Erbe.«
    Ich muss grinsen. Henri hat gelernt, vieles auf der Erde zu beherrschen – aber eine derbe Ausdrucksweise gehört nicht dazu. »Eine verdammt lange Wartezeit«, verbessere ich.
    »Ja, das habe ich doch gesagt.« Er biegt in unsere Straße ein.
    »Und was kommt jetzt? Kann ich jetzt Laserstrahlen von meinen Händen schießen, oder was?«
    Er grinst. »Netter Einfall, aber nein.«
    »Was mache ich dann mit dem Licht? Wenn ich gejagt werde, drehe ich mich um und blitze es den Verfolgern in die Augen? Gehorchen sie dann, oder wie jetzt?«
    »Geduld«, antwortet er. »Du musst es noch nicht verstehen. Lass uns einfach nach Hause fahren.«
    Und dann fällt mir etwas ein, was mich fast vom Sitz springen lässt. »Heißt das, wir öffnen endlich den Kasten?«
    Er nickt und lächelt. »Sehr bald.«
    »Oh Mann, ja!« Der kunstvoll geschnitzte Holzkasten hat mich mein Leben lang gemartert. Er ist eine zerbrechlich wirkende Schachtel mit dem lorienischen Symbol auf der Seite und Henri hat immer ein Geheimnis daraus gemacht. Nie hat er mir verraten, was darin ist, und man kann den Kasten nicht öffnen – das weiß ich, weil ich es öfter versucht habe, als ich zählen kann, und nie mit Erfolg. Er ist mit einem Vorhängeschloss gesichert, das keinen erkennbaren Schlitz für einen Schlüssel hat.
    Als wir nach Hause kommen, sehe ich, dass Henri fleißigwar: Die drei Stühle sind von der Veranda geräumt, alle Fenster stehen offen und es liegen keine Tücher mehr auf den Möbeln, einige sind sauber gewischt. Ich stelle meine Tasche auf den Tisch im Wohnzimmer, öffne sie – und beginne augenblicklich zu fluchen. »Dieser Mistkerl!«
    »Was ist?«
    »Mein Handy fehlt.«
    »Wo ist es?«
    »Ich hatte heute Morgen eine kleine Meinungsverschiedenheit mit einem gewissen Mark James. Er hat es wahrscheinlich rausgenommen.«
    »John, du warst anderthalb Stunden in der Schule. Wie zum Teufel hast du da schon eine
kleine Meinungsverschiedenheit
haben können? So dumm kannst du doch nicht sein!«
    »Es ist eine Highschool. Ich bin der Neue. So einfach ist das.«
    Henri zieht sein Handy aus der Tasche und wählt meine Nummer. »Ausgeschaltet.«
    »Natürlich.«
    Er starrt mich an.

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