Ich bin verboten
zu und plumpste auf den Teppich.
»Jossela! Pearela! Milch und Walnussbrötchen!«, rief Mama aus der Küche.
Als sich Josef hinabbeugte, um seiner Schwester aufzuhelfen, entdeckte er einen Holzbuchstaben, den er schon lange gesucht hatte. Er krabbelte unter den Tisch und umfasste die Längsseite des Buchstaben. »Beth! Schau her, Pearela.« Er legte die beiden Buchstaben auf den Teppich. »Lamed, beth.«
»La!«, zwitscherte Pearela.
»Tatta sagt, Lamed ist der letzte Buchstabe der Thora, und Beth ist der erste. Zusammen ergeben sie das Wort … Pearela, bring mir den Buchstaben zurück!«
Als Josef aufsprang, um hinter seiner kleinen Schwester herzurennen, schlug er sich den Kopf an der Tischkante an. Er sank zurück unter den Tisch und hielt die Luft an: Ein fünfjähriger Junge weinte nicht!
»Jossela! Pearela!«, rief die Mutter noch einmal.
Schwere Schritte. Nicht Mama. Nicht Tatta. Nicht Florina.
Der Geruch nach Schweinen und Morast. Dreck auf dem Teppich.
Eine Zinke durchbohrte Pearelas Backe, eine zweite ihre Brust. Die grün-rosa Karos auf Pearelas Kleid färbten sich rot. Schreie im Hof. Schuhe liefen ans Fenster, machten noch mehr Dreck. Raues Räuspern, ein Klumpen Spucke landete auf dem Fensterbrett. Hastig liefen die Schuhe zur Zimmertür.
Das Geschrei im Hof wurde lauter. Die Schuhe blieben stehen.
Die schweren Schritte, die haarigen Schienbeine.
Mamas Schuhe baumelten von dem Gürtel aus Seil, der die abgerissene Hose hochhielt.
Die Heugabel lehnte am Tisch. Rot leuchtende Zinken. Eine Schublade knarzte. Alle Schubladen knarzten. Schmutzige Fingernägel an einem Stuhlbein, das davonschwebte. Die Anrichte rutschte weg. Die Heugabel lehnte an der Wand. Der Tisch über Josefs Kopf hob sich ein paar Zentimeter.
Grunzen, der Tisch senkte sich; hob sich und senkte sich wieder, dreimal hintereinander. Ein Fluch. Josef erkannte die Stimme: Octavian, der Schmied mit der Armbinde, der oft damit geprahlt hatte, dass er der Rumänischen Eisernen Garde beitreten würde.
Die Heugabel schwang fort.
Josef wartete auf das liebliche Zwitschern seiner Schwester. Seine Hand schloss sich um den verbliebenen Holzbuchstaben, er rührte sich nicht vom Fleck. Pearelas Kleid wurde dunkler.
Es war Nacht, dann war wieder Tag. Eine goldene Locke ragte aus der kastanienbraunen Kruste, die Pearela umhüllte.
Das Singen der Erntearbeiter, die auf die Felder zogen.
Leise Schritte, staubige schwarze Schuhe. Die Männer von der jüdischen Begräbnisbruderschaft betraten den Teppich und trugen Pearela vorsichtig davon.
Das Singen der Erntearbeiter, die von den Feldern zurückkehrten.
Florina auf den Knien. Sie schrubbte den Teppich, was bedeutete, dass Mama kommen würde, um ihr den Wochenlohn zu geben.
Die Bürste war nur noch wenige Zentimeter von Josefs Füßen entfernt, als Florina aufblickte und ihn unter dem Tisch entdeckte. Lebend. Ihr fiel die Kinnlade hinunter. Sie bekreuzigte sich.
Der dicke Bolzen glitt ins Schloss, die Fenster schlugen zu. Florina streckte die Arme nach ihm aus und zog ihn an sich.
Sie nahm ihm das Samtkäppchen vom Kopf, schnitt ihm die Schläfenlocken ab. In die Daunendecke seiner Mutter gehüllt, trug sie ihn zum Pferdekarren. Sie zog ein Stoffbündel vom Kutschbock, warf es auf die Ladefläche, setzte ihn auf die Bank und zog sich zu ihm hoch.
Der Wind stob durchs trockene Laub, trieb das trottende Pferd und gab die ganze Nacht den Takt für Florinas Ave- Marias vor.
Florina kannte den Jungen seit seiner Geburt. Sie hatte im Garten seines Elternhauses auf ihn aufgepasst, hatte mit ihm auf der weichen Decke gelegen und die Nase hinter seine Ohren gesteckt, um die saubere Haut und die feinen Kleider zu riechen. Sie hatte ihm in die Augen geschaut, die oben grün und borstig, unten grau und flaumig waren: Strauchnesselaugen, so hatte sie sie immer genannt.
Als der Junge drei war, hatte ihm der Vater das goldblonde Haar geschoren und nur zwei teuflische Schläfenlocken stehen gelassen. Trotzdem hatte sie davon geträumt, ihn an der Stelle, wo der Fluss eine Schleife um die Weidenbäume machte, zu taufen.
Die Sonne stand hoch am Himmel, als Florina sich zu Josef umwandte. »Du heißt Anghel. Dein Vater musste vor deiner Geburt an die Front nach Odessa. Du bist mein Sohn.«
Der Junge blickte das Hausmädchen an, ihr geblümtes Umschlagtuch, das schimmernde Medaillon mit dem Erzengel Michael, der den Judendrachen schlachtet. Einst hatte sie es ihm im Vertrauen gezeigt, jetzt trug
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