Ich Tarzan Du Jane Verfuehrung kann so einfach sein
farbige Freundin vorstellt, die Mutter mit ihm und seinem vorlauten Bruder in eine Hippie-Kommune zieht, weiß der sensible Teenager bald nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Auch würde er gerne seine Fühler nach der ersten Liebe ausstrecken, aber das Schicksal hat anderes mit ihm vor: Der Kalte Krieg wird plötzlich ein heißer und sein Traum droht, zwischen Protestbewegung und Establishment zu zerplatzen.
»Jede Menge Zeit- und Lokalkolorit finden sich in diesem liebenswerten und höchst unterhaltsamen Roman der etwas anderen Art.« KlappeAuf – Das Kulturmagazin (www.klappeauf.de)
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Daniel Oliver Bachmann
Petting statt Pershing
Roman
1.
Es war der Tag meines neunten Geburtstags.
Es war der Tag, als Borussia Dortmund mit 0:12 gegen Mönchengladbach den Bach runterging.
Es war der Tag, als Paps seit Langem mal wieder was sagte.
Es war der 29. April 1978.
„Hab genug von dem Gegurke“, sagte Paps. „Ich habe ras de bol.“
Paps konnte Französisch, aber das wusste ich damals nicht. „Ras de bol“ heißt Nase voll, aber das wusste ich auch nicht. Wir standen im Westfalen-Stadion und guckten zu, wie der Ballspielverein Borussia 1909 e. V. Dortmund von den Fohlen aus Gladbach jämmerlich den Arsch versohlt bekam. Paps band sich seinen Schal um die Augen und sagte: „So was von ras de bol.“
Drei Sätze in einer Minute. Wann hatte es das zuletzt gegeben? Paps sagte eigentlich nie etwas. Mama zweimal die Woche. Fürs Quatschen war allein mein Bruder zuständig. Der war zwei Jahre älter als ich, trug eine runde Brille und sah aus wie Klaas Klever im Donald-Duck-Heft. Clever war er auch – das war zumindest seine Meinung. „Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“, sagte er.
Und: „Wer zuletzt lacht, hat es nicht früher begriffen.“
Paps nahm seinen Schal von den Augen, winkte uns mitzukommen und stapfte die Treppen hinab zum Ausgang. Andere folgten seinem Beispiel, und die Tribüne leerte sich, obwohl das Spiel noch nicht zu Ende war. Paps war vielen ein Vorbild, das konnte ich deutlich sehen.
Wir kamen an den Würstchenbuden vorbei, und mein Bruder wollte eine Curry.
„Wie kannst du jetzt was runterkriegen, Klever?“, fragte ich. „Die haben uns den Sack voll gehauen.“
„Dummbacke. Das heißt doch nicht, dass wir hungern müssen. Es ist Geburtstag. Am Geburtstag will ich eine Curry.“
„Es ist mein Geburtstag“, sagte ich. „Und ich will keine Curry!“
Ich wollte gar nichts. Ich fühlte mich schlecht. Um uns heulten Gladbach-Fans ihre Freudengesänge in den Himmel, während unsere Anhänger gerade mal ein kleinlautes „Rehhagel raus!“ fertigbrachten.
„Ganz klar“, sagte Klever, „der Trainer muss gehen.“ Mein Bruder war elf Jahre alt, aber er redete nicht, wie Elfjährige reden.
„Du hast doch keine Ahnung“, sagte ich. Bei uns verteidigte ich die Familienehre auf dem Rasen. Ich spielte in der E-Jugend des DJK SuS Brambauer. Das heißt, ich saß dort auf der Auswechselbank.
Klever dagegen saß nur vor der Glotze. Er machte den Mund weit auf, um mir den Currywurstbrei darin zu zeigen. „So sieht’s in deinem Hirn aus, Depp-Spion“, sagte er.
Ich schlug nach ihm, weit daneben, so wie ich auch immer das Tor verfehlte.
„Schlappohr, Stinkstiefel!“, rief Klever.
Paps sah uns an, und es schien, als wollte er was sagen. Aber dann drehte er sich bloß um und ging. Wahrscheinlich hatte er seine Wortmunition schon auf der Tribüne verschossen.
Als wir nach Hause kamen, roch es nach Apfelkuchen. Es roch nach Kakao. Es roch nach Sahne. Es roch, wie es bei uns immer roch, und ich liebte es. Aber irgendetwas war anders als sonst. Ich brauchte eine Weile, um herauszufinden, was es war. Dann merkte ich: Mama hatte geweint.
„Es tut mir Leid“, sagte ich, weil ich glaubte, es sei wegen des Spiels. „Aber die anderen waren einfach besser.“
Mama lächelte, wischte sich die Hände an der Schürze ab und nahm mich in den Arm. Mir gefiel das, wenn sie mich in den Arm nahm, obwohl mich Klever danach immer stundenlang aufzog. Aber es gab Apfelkuchen mit Sahne, am Morgen hatte ich ein Fahrrad bekommen, Paps war mit uns zur Borussia gegangen, und Mama hielt mich im Arm. Es konnte nicht besser sein, von meinem blöden Bruder mal abgesehen.
„Du Pfeife“, sagte er, „ist doch nicht wegen dem Spiel. Es ist, weil wir
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