0567 - Barbaren in London
Er wollte sich bewegen, bis er merkte, daß es ihm weder an den Händen noch an den Füßen gelang. Man hatte ihn gefesselt. Die Stricke oder was immer es sein mochten, umklammerten die Hand- und die Fußgelenke. An ihren anderen Enden waren sie mit Pflöcken verbunden, die kniehoch aus dem Boden ragten.
Gab es in der Hölle Fesseln?
Daran wollte Bill nicht glauben. Also gehörte das Feuer auch nicht in die Hölle.
Er zwinkerte, weil ihm Staubteilchen in die Augen geflogen waren. Dann seufzte er und hörte neben sich die wispernde Stimme der Frau, die er gut kannte. »Willkommen bei den Dacs, Bill!«
Der Reporter überlegte. Es fiel ihm schwer, denn er hatte wahnsinnige Kopfschmerzen.
»Wieso Dacs?«
»Erinnerst du dich?«
»Schlecht.«
»Das merke ich.«
Bill drehte den Kopf nach links. Da lag Jane. Auch sie wirkte wie ein übergroßes X. Man hatte sie ebenso gefesselt wie Bill, auf diese verdammte Art und Weise. Auch wenn sie es gewollt hätte, sie konnte aus eigener Kraft nicht freikommen.
Ihre Blicke begegneten sich. Jane schaffte es sogar, ein Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern und trotzdem etwas Negatives über ihre Lage zu sagen. »Sieht mies aus, wie?«
»Noch mieser.« Bill hatte Mühe mit dem Sprechen, weil sein Mund trocken, war.
»Von allein kommen wir hier nicht frei, und ein Retter scheint nicht in der Nähe zu sein.«
»Was sollen wir tun?«
»Abwarten.«
Bill lachte trocken, hüstelte und sagte dann: »Wie ich sehe, bist du schon länger wach. Kannst du mir dann auch sagen, wo wir uns eigentlich befinden?«
»Im Lager der Dacs. Gefangen von ihnen und eingerahmt durch gewaltige Bergfelsen.«
»Und das alles in Aibon!« stöhnte Bill.
»So ist es.«
Sekunden verstrichen, in denen die beiden ihren Gedanken nachhingen. Schließlich fragte Bill: »Wie ich dich kenne, hast du noch keine Möglichkeit gefunden, zu entfliehen – oder?«
»Nein.«
»Hast du die Dacs gesehen?«
»Auch nicht. Ich hörte sie nur. Sie haben getanzt und gestampft. Wahrscheinlich bereiten sie etwas vor.«
»Unseren Tod, wie?«
»Das kann hinkommen.«
Bill fluchte leise und erinnerte sich wieder an die schwarzhaarige Hexe, die auf einem weißen Hirsch geritten war. Ihr hatten sie dies alles zu verdanken. »Wo steckt Margareta?«
»Wenn ich das wüßte.«
»Du hast sie also nicht gesehen?«
»Nein, sie ist nicht wieder aufgetaucht, nachdem sie uns in dem zerstörten Dorf allein gelassen hat. Welchen Grund sollte sie auch haben? John Sinclair hat ihr sein Kreuz nicht gegeben. Also hatte sie uns den Dacs überlassen, ihren Feinden.«
»Feinden ist gut…«
»Was meinst du damit?«
»Eigentlich nichts, aber ich muß daran denken, daß alles so einfach aussieht und doch so verflucht kompliziert ist.« Jane hatte John Sinclairs Kreuz erwähnt. Dieser silberne Talisman trug im Prinzip die Schuld an ihrer Misere. [1]
Margareta, die Hexe, hatte diesen Talisman haben wollen. In einer ungewöhnlichen Nacht wo warme Winde den Monat Januar fast zu einem Mai gemacht hatten, da waren auch die Grenzen zwischen der normalen Welt und denen des Landes Aibon verschoben worden, so daß die Magie dieses fernen Druidenreichs Eintritt in die Welt finden konnte.
Mit ihr kam Margareta.
Sie stand plötzlich bei den Conollys im Garten und hatte Bill kurzerhand nach Aibon entführt, jedoch in ein Gebiet, wo Grauen und Tod herrschten, und Bill die Dacs erleben konnte.
An seiner Seite stand Jane Collins, die ebenfalls überrumpelt worden war. Keiner von ihnen wußte, weshalb man sie entführt hatte, bis Margareta mit dem Grund herausrückte. Sie wollte das Kreuz und den Dunklen Gral bekommen – Waffen also, die dem Geisterjäger John Sinclair gehörten. Erst wenn sich diese in ihren Händen befanden, sollte Jane und Bill freigelassen werden.
John Sinclair hatte abgelehnt, das hatte ihnen die Hexe noch gesagt, bevor sie verschwunden war und die beiden Opfer allein in der Hexenwelt zurückgelassen hatte.
Sie waren gewandert und hatten erleben müssen, daß gefährliche Dacs sie überfielen und niederschlugen. Erwacht und gefesselt befanden sie sich im Lager dieser Barbaren, ohne die Chance zu haben, aus eigenen Kräften freizukommen.
»Ihre Prophezeiung scheint sich zu erfüllen!« flüsterte Bill. »Sie kann uns nicht mehr beschützen.«
»Ich weiß nicht, ob sie das überhaupt gewollt hat«, widersprach Jane. »Vielmehr habe ich den Eindruck, als würde sie ihr eigenes Süppchen kochen.«
»Und das wäre?«
»Keine
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