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Ich war der Märchenprinz

Ich war der Märchenprinz

Titel: Ich war der Märchenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Piewitz
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ihre Telefon-Nummer. Also hat sie in dem Brief wohl geschrieben, daß sie mich nicht sehen will, und für die Begründung hat sie eine Menge Umweltschutzpapier verbraucht.
    Ich beschließ, mich tot zu stellen.
    Fast ein Monat Versteckspiel.
    Ich biege ahnungslos bei mir um die Ecke — wer lauert da mitten in der Nacht auf mich? M. Geht vor meiner Haustür auf und ab. Sie hat mich nicht gesehen, ich flüchte, schlafe bei Sabine. Zwei Abende später dasselbe.
    Dann höre ich, daß sie durch meine Kneipen zieht und nach mir fragt. Manchmal verfehlt sie mich nur knapp. Einige Leute fangen an, mich damit aufzuziehen. Bevor ich einen Laden betrete, gucke ich vorher durch’s Fenster, ob sie da drin irgendwo rumhängt. Oder ich frage jemanden, der rauskommt, ob M. drin ist. Gehe nur noch in Kneipen, wo man aus dunklen Ecken heraus den Eingang im Auge behalten und notfalls schnell einen Abgang machen kann.
    Das darf ja wohl nicht wahr sein, daß eine Frau mich so unter Druck setzen darf; mitten im tiefsten Winter auf diese Tour Trapper und Indianer zu spielen, das geht echt zu weit. Einmal klingelt sie morgens um halb Acht; ein Glück, daß die Haustür noch verschlossen ist — ich türme durch den Hinterausgang. Dann steht sie plötzlich auf der Rolltreppe von Karstadt vier oder fünf Stufen über mir. Dreht mir den Rücken zu. Ich habe einen geklauten Pullover an und die Parkataschen voller geklemmter Lebensmittel. Auffälligkeit kann ich mir eigentlich nicht leisten. Trotzdem: kehrt und die Rolltreppe entgegengesetzt zur Fahrtrichtung wieder runter.
    Unmännlicher Mann, 26, total neurotisch.

    Einen Monat nach dem zweiten Brief kommt der dritte. Es ist Januar. M. selbst spielt den Postboten, klingelt wie verrückt, ich bin verkatert, steh da in Unterhosen, sie kommt rein, ist absolut Chef im Ring.
    Scheiße, jetzt hat sie mich doch erwischt. Aber daß dieses Weglaufen nicht ewig gutgehen würde, das war mir schon klar. Nur, daß das ausgerechnet heute sein muß, wo ich überhaupt nicht gut drauf bin — das nervt doch sehr.
    Sie schmeißt den Brief neben mein Bett.
    »Na, wie geht’s?« frage ich. Lahmer Einstieg; irgendwie habe ich ganz schlechte Karten.
    Ich habe mal vor Angst in die Hosen gemacht: die Heimleiterin haute immer mit einem Rohrstöckchen auf die Fingerspitzen, wenn ihr was nicht paßte, und das tat höllisch weh, und als ich mal wußte, jetzt ist es wieder so weit, na ja, und da habe ich’s eben nicht mehr halten können. Das brachte mir dann zusätzlich noch eine Woche lang Nachtischentzug ein.
    Was würde M. wohl sagen, wenn ich jetzt einfach lospinkle? Wenn sich unter mir eine Pfütze bildet? Würde sich die von ihr ausgehende Spannung in Gelächter auf-lösen? Oder würde sie fordern, daß dieses säuische Verhalten sofort diskutiert wird?
    Sie fragt: »Warum hast du nicht mal angerufen?«
    Ich sage: »Tja... stimmt. Habe ich nicht.« Was soll ich schon sagen? Wir gucken uns an.
    Pause.
    Dann zieht sie kurz hoch und zieht ab. Satt. Ihre Spucke klebt auf meinem Pullover und zieht da Fäden.
    Sie knallt die Tür hinter sich zu und ist verschwunden.
    Ich muß mir was anderes anziehen. Ein Glück, daß sie mich nicht im Gesicht getroffen hat. Ich weiß nicht, wie ich dann reagiert hätte. Ich habe noch nie im Leben eine Frau geschlagen. Aber wenn mich eine ins Gesicht spuckt
    — ich weiß nicht, ob ich dann nicht doch hinlange. Na, gottseidank, es ist nochmal gutgegangen. Und wenn sie sich dabei wohlfühlt... Vielleicht ist ja nun wirklich Schluß mit dieser »Beziehung«. Nach vier Monaten Streß.
    Auf jeden Fall hat mein Verfolgungswahn ein Ende... Ich hebe ihren Brief auf und stopfe ihn sorgfältig in die Mülltüte. Den brauche ich ja wohl nicht mehr zu lesen.
    Unmännlicher Mann, 26, befreit.

    Utopie

    dieses bittere grinsen
    über die ignoranz
    und dummheit
    der frauen knechtet uns
    augenblicklich,
    bruder.
    später dann
    müssen wir herzhaft
    lachen können,
    mit ihnen.

    Ich bin nicht gegen Frauen. Aber ich bin gegen das, was M. im Kopf hat. Sie hat ein Buch über unsere »Beziehung« geschrieben. Gibt es mir zu lesen. Ich kann dazu nicht viel sagen. Vielleicht trifft sie ja mal jemanden, der sie sich zurechtbiegt. Oder der selbst so biegsam ist, daß er ihre Art zu lieben ohne Meuterei erträgt. Und wenn M. eines wundervollen Tages geheiratet werden wird, schenke ich ihrem Mann eine gut erhaltene, weil kaum benutzte Temperaturtabelle.
    Ihr aber haue ich klatschend auf den Hintern, weil ich

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