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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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sagte die Frau. »Der da vorn, der sich gerade zusammen mit dem legendären Randy Shoats an den Soundcheck macht.«
    »Ist er Musiker?«
    »Er ist Sänger, Schätzchen«, sagte die Frau und schien Tessa genauer anzusehen. »Seid ihr A-&-R-Leute?«
    »Nein«, sagte Chevette.
    »Verdammt.« Chevette dachte eine Sekunde lang, sie würde ihnen das Bier wieder wegnehmen. »Ich dachte, ihr wärt vielleicht von einem alternativen Label.«
    »Alternativ wozu?«, fragte Tessa.
    Die Miene der Frau hellte sich auf. »Buells Gesang, Schätzchen. Ist nicht das, was ihr euch wahrscheinlich unter Country vorstellt. Also, eigentlich ist es ’ne ›Roots‹-Sache. Buell will zurück in die Zeiten nach vor Waylon und Willie, zu so ’ner Art ›dunklem, ursprünglichem Herzland‹. Oder so. In der Art.« Die Frau strahlte; ihr Blick war ein bisschen verschwommen. Chevette beschlich das Gefühl, dass sie das alles auswendig gelernt hatte, wenn auch vielleicht nicht allzu gut, dass es jedoch ihr Job war, es aufzusagen.
    »Randy hat Buell vorhin ’nen Song beigebracht, der heißt ›There Was Whiskey and Blood an the Highway, but I Didn’t Hear Nobody Pray‹. Ist ’ne Hymne, Schätzchen. Sehr traditionell. Krieg ’ne Gänsehaut, wenn ich’s höre. Ich glaub jedenfalls, dass es so heißt. Aber der Gig heute Abend ist ›fetziger, eben elektrisch‹.«
    »Prost«, sagte Tessa. »Danke fürs Bier.«
    Die Frau machte ein verdutztes Gesicht. »Oh. Gern geschehen, Schätzchen. Bitte bleibt bis zum Schluss. Es ist
Buells Debüt in Nordkalifornien und das erste Mal, dass er mit seinen Lower Companions singt.«
    »Mit wem?«, fragte Chevette.
    »›Buell Creedmore and his Lower Companions‹. Ich glaub, das ist irgendwie aus der Bibel, aber das Kapitel und den Vers kann ich euch nicht nennen.« Die Frau drehte ihren aus allen Nähten platzenden Busen zur Bühne und folgte ihm entschlossen in diese Richtung.
    Chevette wollte eigentlich gar kein Bier mehr. »Das hat sie uns ausgegeben, weil sie dachte, wir sind A-&-R-Leute.« Damit kannte sie sich durch Carson aus. A & R waren die Leute im Musikbusiness, die neue Talente entdeckten und förderten.
    Tessa trank einen Schluck aus ihrer Flasche und beobachtete die Frau, die stehen geblieben war, um mit einem der Jungs vom Billardtisch zu reden, einem der beiden, die eine Kappe mit Netzeinsatz trugen. »Wohnen Leute wie diese Frau hier?«
    »Nein«, sagte Chevette, »für so was gibt’s Clubs in der Stadt, aber hier hab ich so ein Volk noch nie gesehen.«
    Der Soundcheck bestand daraus, dass der Mann mit dem zerknautschten Cowboyhut Gitarre spielte und der mit der Gürtelschnalle sang. Sie fingen ein paarmal mit dem einen Song an, hörten wieder auf und drehten dazwischen an diversen Knöpfen, aber der Gitarrist konnte wirklich spielen (Chevette hatte den Eindruck, dass er noch nicht richtig rausließ, was er draufhatte), und der Sänger konnte singen. Es war ein Song über Traurigkeit und den Überdruss an der Traurigkeit.
    Inzwischen begann sich die Bar mit Leuten zu füllen, die teilweise wie Stammgäste von der Brücke aussahen, teilweise aber auch wie Ortsfremde, die hier waren, um die Band zu hören. Die Brückenbewohner trugen häufig Tätowierungen, Gesichtspiercings und asymmetrische Frisuren, die Besucher dagegen Kopfbedeckungen (hauptsächlich Netzkappen
und Cowboyhüte), Jeans und (die Männer jedenfalls) Bäuche. Die Bäuche sahen häufig aus, als hätten sie sich bei ihren Besitzern einquartiert, als diese gerade nicht aufpassten, oder sich in ansonsten fettfreien Körpern eingenistet – Bäuche, die über den oberen Rand von Jeans mit ziemlich engem Bund hängen und das Flanellhemd vorn blähen, darunter jedoch von einer dieser großen Gürtelschnallen eingeschnürt werden.
    Chevette hatte aus Langeweile Creedmores Redback zu trinken begonnen, als sie den Sänger persönlich auf sie zusteuern sah. Er hatte sich von irgendwem eine Netzkappe geborgt und sie falsch rum über sein merkwürdig nass aussehendes, blond gebleichtes Haar gezogen. Er trug ein schillernd blaues Cowboyhemd, die Bügelfalten aus dem Laden noch quer über der Brust, die weißen Perlmuttdruckknöpfe waren fast bis zum Bauchnabel offen, so dass sie den Blick auf eine blasse, weiße, eindeutig konkave Brust freigaben, die eine ganz andere Farbe hatte als sein ihrer Ansicht nach geschminktes Gesicht. Er hielt hohe Gläser mit Eis in beiden Händen, Drinks, die nach Tomatensaft aussahen. »Na, alles klar?«, sagte

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