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Die letzte Odyssee

Die letzte Odyssee

Titel: Die letzte Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Prolog
Die Erstgeborenen
     
    Nennen wir sie die Erstgeborenen. Sie waren keine Menschen, oh nein, aber sie waren aus Heisch und Blut, und wenn sie hinausblickten in die Tiefen des Weltalls, dann wurden sie von ehrfürchtigem Staunen erfaßt – und von tiefer Einsamkeit. Sowie sie dazu imstande waren, nahmen sie den Weg zu den Sternen, um nach Gesellschaft zu suchen.
    Auf ihren Reisen begegnete ihnen das Leben in vielerlei Gestalt, und auf tausend Welten konnten sie das Wirken der Evolution beobachten. Oft mußten sie mit ansehen, wie ein erstes, allzu schwaches Fünkchen Intelligenz in der kosmischen Nacht aufflackerte und wieder erlosch.
    Der Geist war das Kostbarste, das sie in der gesamten Galaxis fanden, und so förderten sie seine Entwicklung allenthalben. Die Sterne wurden ihnen zu Äckern, sie säten, und mitunter konnten sie auch ernten. Doch wo das Unkraut wucherte, rissen sie es gnadenlos aus.
    Die Zeit der großen Dinosaurier war längst vorüber – ein Hammerschlag aus dem All hatte diese aufdämmernde Hoffnung zerstört – als das Forschungsschiff nach einer Reise von tausend Jahren das Sonnensystem erreichte. Es raste an den im Eis erstarrten äußeren Planeten vorbei, verharrte kurz über den Wüsten des sterbenden Mars und erreichte schließlich die Erde.
    Vor den Blicken der Reisenden lag eine Welt voll wimmelnden Lebens. Jahrelang beobachteten, sammelten und registrierten sie, und als es nichts mehr zu erforschen gab, begannen sie mit der Umgestaltung. Viele Arten zu Wasser und zu Lande wurden Gegenstand ihrer Experimente. Doch was davon Früchte trug, würde sich frühestens in einer Million Jahren offenbaren.
    Sie hatten viel Geduld, doch sie waren noch nicht unsterblich. Das Universum mit seinen hundert Milliarden Sonnen bot ihnen ein reiches Betätigungsfeld, und immer neue Welten lockten. So machten sie sich abermals auf in die große Leere, wohl wissend, daß sie niemals wiederkehren würden. Doch das war auch nicht nötig, denn sie hatten Diener zurückgelassen, die den Rest erledigen konnten.
    Eiszeiten gingen über die Erde hinweg, während der Mond von jedem Wandel unberührt blieb und getreulich das Geheimnis von den Sternen hütete. Langsamer noch als die Gletscher bewegten sich die Zivilisationsströme durch die Galaxis. Glanzvolle und schreckliche Reiche entstanden und zerfielen wieder, und alle gaben sie ihre Erfahrungen an ihre Nachfolger weiter.
    Draußen, inmitten der Sterne, trieb die Evolution währenddessen neuen Höhepunkten zu. Längst hatten die ersten Besucher der Erde die Grenzen überwunden, die Fleisch und Blut ihnen setzten. Sobald sie Maschinen entwickelt hatten, die besser waren als ihre Körper, taten sie den logischen Schritt und verpflanzten erst ihre Gehirne, dann nur noch ihr Bewußtsein in blanke Gehäuse aus Metall und Plastik, um darin die Galaxis zu durchstreifen. Raumschiffe bauten sie nicht mehr. Sie waren selbst zu Raumschiffen geworden.
    Diese Phase der Maschinenexistenz währte freilich nicht lang. Dank unermüdlicher Forschungsarbeit lernten sie irgendwann, ihr Wissen in der Struktur des Raumes zu speichern und ihre Gedanken in starren Lichtrastern zu fixieren.
    Schließlich verwandelten sie sich in reine Energie; auf tausend Welten zuckten die leeren Hüllen, die sie abgestreift hatten, noch eine Weile im seelenlosen Totentanz, um dann zu Staub zu zerfallen.
    Nun waren sie die Herren der Galaxis. Endlich befreit von der Tyrannei der Materie, streiften sie ungehindert zwischen den Sternen umher oder drangen wie dünner Nebel durch die Risse und Sprünge des Raumes. Dennoch hatten sie ihre Anfänge im warmen Schlamm eines längst versiegten Meeres nicht vergessen. Auch ihre großartigen Werkzeuge funktionierten noch und wachten weiter über die vor Äonen begonnenen Experimente.
    Freilich gehorchten sie den Geboten ihrer Schöpfer nicht mehr zuverlässig, denn gleich allen Kindern der Materie waren sie anfällig für den Zahn der Zeit und für ihren geduldigen, ewigwachen Diener, die Entropie.
    Und manchmal fanden und verfolgten sie auch eigene Ziele.
     

 
     
     
     
     
     
I
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1
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