If you stay – Füreinander bestimmt
schwarzes T-Shirt und hat dunkelblondes Haar. Er könnte eine Rasur vertragen, denn ich erkenne Bartstoppeln an seinem Kinn. Ich wünschte, er würde die Augen öffnen.
»Wach auf«, sage ich zu ihm. Ich kenne ihn nicht, aber ich möchte auf jeden Fall, dass alles in Ordnung ist mit ihm. Ich habe selbst schon erlebt, dass Freunde bewusstlos geworden sind, weil sie zu viel getrunken hatten. Das hier ist etwas anderes. Etwas Schlimmeres. Das gurgelnde Geräusch, das aus seiner Nase kommt, beweist es.
Ich werfe noch einmal einen Blick auf seinen Wagen. Ich habe ihn schon in der Stadt gesehen, aber ich kenne den Fahrer nicht. Bin ihm noch niemals begegnet … bis jetzt. Und das hier ist nicht gerade ein guter erster Eindruck.
Ich versuche gerade, ihn noch einmal zu wecken, als ich eine wütende Frauenstimme höre.
»Pax, du verdammtes Arschloch. Ich werde nicht in die Stadt zurücklaufen, also wirst du mich jetzt fahren. Das ist mein Scheißernst.«
Nach dem ersten Schreck richte ich mich auf und sehe mich mit der Frau konfrontiert.
Sie ist ebenso erstaunt wie ich.
Ich habe sie schon des Öfteren gesehen. Sie ist eher der prollige Typ und hängt den ganzen Tag in einer Bar in der Main Street herum. Da sich mein Laden nur ein paar Straßen entfernt befindet, ist sie mir bereits über den Weg gelaufen. Im Augenblick trägt sie einen superengen Minirock und ein so tief ausgeschnittenes T-Shirt, dass man praktisch ihren Nabel sehen kann. Sie hat jede Menge alte, verblasste Tattoos, und ihr Make-up ist verschmiert. Das hat echt Klasse.
»Wer, zum Henker, bist du denn?«, will sie von mir wissen, als sie auf den Wagen zusteuert. Ihr braunes Haar ist zerzaust. Sie wirkt wie jemand, mit dem nicht zu spaßen ist. Doch dann stößt sie einen Schrei aus, als sie den Typen erblickt.
»Pax!«, schreit sie und eilt auf ihn zu. »Oh, Gott. Wach auf. Wach auf! Ich hätte dich nicht allein lassen sollen. So eine Scheiße! So eine verdammte Scheiße!«
»Was ist mit ihm los?«, frage ich hastig. »Ich habe den Notruf gewählt, weil ich ihn nicht aufwecken konnte.«
Sie reißt ihren Blick von ihm los.
»Du hast die Bullen gerufen?«, fährt sie mich an. »Wieso das denn?«
Ich kann’s einfach nicht glauben. Sie scheint wirklich etwas anders zu ticken. Vielleicht sollte sie ihre Prioritäten noch mal überdenken.
»Weil er ganz offensichtlich Hilfe braucht«, belehre ich sie. »Der Krankenwagen ist unterwegs.«
Da ist wieder dieser zornige Blick, doch der Typ in dem Wagen, Pax, macht erneut diese gurgelnden Geräusche. Und dann verstummen sie plötzlich. Er liegt ganz still da, Kinn auf der Brust, die sich nicht mehr bewegt.
Die Frau und ich sehen einander an.
»Er atmet nicht mehr!«, ruft sie, während sie ihn packt. »Pax! Wach auf!«
Sie schüttelt ihn so heftig, dass seine Zähne klappern. Ich fasse sie am Arm.
»Das wird ihm nicht helfen«, sage ich mit eindringlicher Stimme.
Heilige Scheiße! Sie hat allerdings recht, er atmet nicht mehr. Mir schwirrt alles Mögliche durch den Kopf, während ich herauszufinden versuche, was zu tun ist, aber bevor ich über einen Plan für das weitere Vorgehen zu entscheiden vermag, setzt sich mein Körper schon von allein in Bewegung.
Ich dränge die Frau zur Seite und ziehe mit aller Kraft an Pax’ Arm. Doch es gelingt mir nur teilweise, ihn aus dem Wagen herauszubekommen. Sein Oberkörper hängt heraus, sackt zur Seite, so dass sein Kopf beinahe den Asphalt streift. Seine Beine stecken irgendwie unter dem Lenkrad fest, und wir sind jetzt beide mit seinem Erbrochenen beschmiert.
»Ich brauche Hilfe!«, schnauze ich die regungslos dastehende Frau an. Sie erwacht aus ihrer Starre, und gemeinsam gelingt es uns, den Mann aus dem Wagen zu ziehen und auf den sandigen Parkplatz zu legen. Ich knie mich neben ihn und fühle, ob er noch einen Herzschlag hat. Hat er, wenn auch ganz schwach. Und da er nicht atmet, wird es nicht lange dauern, bis dieser aussetzt.
Scheiße.
Ich versuche, mich an das zu erinnern, was ich einmal über Wiederbelebung gelernt habe, doch genau weiß ich es nicht mehr, daher bleibt mir nichts anderes übrig, als mein Bestes zu versuchen. Ich halte ihm die Nase zu, kippe seinen Kopf nach hinten und atme in seinen Mund. Er schmeckt nach Zigaretten, Jack Daniels und Kotze. Ich kämpfe gegen ein Gefühl der Übelkeit an, doch es gelingt mir nicht, und ich muss mich für einen Moment würgend abwenden. Als ich mich wieder beruhigt habe, straffe ich meine Schultern
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