Illuminatus 1 - Das Auge in der Pyramide
mächtigsten Rechts- und Linksgruppierungen der Insel und bettete sie fest in einen liberal-konservativen Zusammenhang. Sie entsprach voll und ganz Luttwaks Anweisungen und gab jedem Bewohner der Insel ein wenig Hoffnung, dass seine eigenen Interessen und Überzeugungen durch das neue Regime gefördert würden. Und so, nach drei Jahren sorgfältigster Planung, schlug er zu: die Schlüsselfiguren des alten Regimes wurden blitzschnell und unblutig unter Hausarrest gestellt; Einheiten unter dem Befehl jener Offiziere, die in die Intrige verstrickt waren, besetzten Schlüsselstellungen der Energieversorgung und des Pressewesens; die harmlos faschistisch-konseIvativ-liberal-kommünistische Proklamation der neuen Volksrepublik Fernando Poo ging über die Radiostation von Santo Isobel in die ganze Welt hinaus. Ernesto Tequilla y Motas Wunsch hatte sich erfüllt - Beförderung vom Hauptmann zum Generalissimo in einem Zuge. Jetzt begann er sich allmählich zu fragen, wie man das Regieren eines Landes bewerkstelligte. Wahrscheinlich musste er noch ein Buch lesen. Ein Buch wie das von Luttwak, das in unkomplizierter Form leicht begreifliche Anweisungen geben konnte. Das war am14. März.
Am 15. März war der Name Fernando Poo noch völlig unbekannt. Kein Mitglied des Repräsentantenhauses, kein Senator, kein Beamter des Kabinetts und kein Generalstabschef, bis auf einen, kannten ihn. Als der CIA-Bericht an diesem Nachmittag auf seinem Schreibtisch landete, bestand die erste Reaktion des Präsidenten tatsächlich darin, seinen Sekretär zu fragen: «Wo, um Himmels willen, liegt Fernando Poo?»
Saul nahm die Brille ab und putzte sie mit seinem Taschentuch, sein Alter wurde ihm bewusst und er fühlte sich plötzlich viel erschöpfter als jemals zuvor. «Barney», begann er, «ich stehe höher im Rang als du...»
Muldoon grinste. «Ich weiss, was jetzt kommt.»
Saul fuhr methodisch fort: «Wer, glaubst du, ist von euerm Stab Doppelagent für die CIA?»
«Bei Robinson bin ich sicher, bei Lehrman weiss ichs nicht so genau.»
«Am besten werden sie beide versetzt. Wir wollen nichts riskieren.»
«Gut. Morgen früh schicke ich sie zur Bereitschaftspolizei. Und wie sieht's bei euern Leuten aus?»
«Bei uns sind's drei, schätze ich. Und die werden ebenfalls gehen.»
«Die bei der Bereitschaft werden sich über den Zuwachs an Arbeitskräften freuen.»
Saul entzündete seine Pfeife aufs neue. «Noch eine Sache; könnte sein, dass der FBI sich für diese Geschichte hier interessiert.»
«Könnte schon sein.»
«Aber die werden auch nichts rauskriegen.»
«Hör mal zu, Saul, du lässt da allerlei an mir aus...»
«Manchmal muss man sich auf seinen Instinkt verlassen. Das hier ist ein verdammt schwieriger Fall, stimmt's?»
«Ein verdammt schwieriger Fall...» nickte Muldoon zustimmend.
«Dann lass es uns mal so anfassen, wie ichs vorschlage, okay?»
«Nehmen wir uns mal das nächste Memo vor», sagte Muldoon mit tonloser Stimme. Und sie lasen weiter:
ILLUMNATEN-PROJEKT: MEMO #4 24.7.
J.M.:
Hier ist ein Brief, der vor ein paar Jahren im Playboy erschien («The Playboy Advisor», Playboy, April 1969, Seite62-64):
Kürzlich hörte ich einen politisch rechts stehenden älteren Herrn - einen Freund meiner Grosseltern - behaupten, dass die derzeitige Mordwelle das Werk von Illuminaten genannten Geheimbündlern sei. Er sagte, dass die Illuminaten durch die ganze Geschichte hindurch existierten, dass die Eigentümer der internationalen Bankkartelle alle Freimaurer im 32. Grad seien, dass sie-Ian Fleming bekannt waren, der sie in seinen James-Bond-Büchern als Spectre pcrtraitierte -weshalb ihn die Illuminaten beiseite schafften. Zuerst kam mir das alles wie der Irrglauben eines Paranoikers vor. Dann las ich in The New Yorker, dass Allan Chapman, einer von Jim Garrisons Beamten bei der Ermittlung des KennedyMordes, daran glaubt, dass die Illuminaten tatsächlich noch immer existieren...
Playboy spielt die ganze Idee natürlich als lächerlich herunter und gibt die Standardstory der Encydopedia Britannica wieder, dass die Illuminaten 1785 den Laden dicht machten.
Pat
Pricefixer steckte seinen Kopf durch die Tür «... 'ne Minute Zeit?» fragte er. «Was gibt's?» erwiderte Muldoon.
«Peter Jackson ist hier draussen. Er ist der Mitherausgeber, mit dem ich am Telefon sprach. Er hat mir gerade etwas über die letzte Zusammenkunft mit dem Herausgeber, Joseph Malik, erzählt, bevor dieser verschwand.» «Bring ihn rein», sagte
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