Im Bann des stolzen Griechen
Mindesten zu beeindrucken, wie seine reglose Miene verriet. „Ich sehe Sie nicht auf dem Foto, Ms. Turner. Tut mir leid, wenn Sie in einer so verzweifelten Situation sind, aber auf meiner Schwelle zu erscheinen und Almosen zu verlangen, wird Ihnen nichts nützen.“
Ärgerlich presste Gabi die Lippen zusammen. „Und Sie sind nicht der Erste, der nichts von den Kindern wissen will, die er gezeugt hat.“
„Was für eine Mutter schickt jemanden mit so einem Anliegen?“, erkundigte er sich.
„Ich wünschte, meine Schwester hätte selbst kommen können, aber sie ist tot.“
Plötzlich schien er es sehr eilig zu haben.
„Das ist eine Tragödie. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden …“
Andreas Simonides war gefühlskalt. Sie würde nicht zu ihm durchdringen. Als er auf den Knopf drücken wollte, fragte sie schnell: „Heißt das, Sie haben diese Frau noch nie in Ihrem Leben gesehen?“
Gabi deutete auf das Gesicht ihrer Schwester auf dem Foto. „Vielleicht hilft Ihnen das hier auf die Sprünge.“ Sie klemmte sich die Unterlagen unter den linken Arm, während sie auf ihn zu ging und dabei Theas griechischen Pass aus der Tasche nahm. „Hier.“
Zu ihrer Überraschung nahm er ihr diesen aus der Hand und schlug ihn auf. „Thea Paulos, vierundzwanzig, Athen. Vor fünf Jahren ausgestellt.“ Forschend betrachtete er sie. „Ihre Schwester, sagten Sie?“
„Meine Halbschwester. Daddys erste Frau war Griechin. Nach ihrem Tod hat er meine Mutter geheiratet, die Amerikanerin ist. Dies war Theas letzter Pass, bevor sie sich hat scheiden lassen.“ Gabi biss sich auf die Lippe. „Sie … hat sie mit Freunden auf Ihrer Jacht gefeiert.“
Er gab ihr das Dokument zurück. „Tut mir leid, dass Sie Ihre Schwester verloren haben, aber ich kann Ihnen nicht helfen.“
Schmerz wallte in ihr auf. „Mir tun die Zwillinge leid“, erklärte sie leise. „Dass sie ihre Mutter verloren haben, ist eine furchtbare Tragödie. Wenn sie allerdings alt genug sind, um nach ihrem Vater zu fragen, und ich ihnen sagen muss, dass er irgendwo im Ausland lebt, aber nie etwas von ihnen wissen wollte – das wäre eine noch größere Tragödie.“
Im nächsten Moment schloss sich die Aufzugtür. Wütend und enttäuscht zugleich wandte Gabi sich ab. Sie war drauf und dran, die Unterlagen der Empfangsdame zu überreichen, damit diese ihre Schlüsse daraus ziehen konnte.
Allerdings wollte sie keinen Skandal heraufbeschwören, nicht wenn es auf ihre Familie zurückfallen konnte und vor allem auf ihren Vater, der als Diplomat im Konsulat auf Kreta arbeitete. Er hatte beruflich viel mit wichtigen Geschäftsleuten und Regierungsbeamten zu tun.
Niemand hatte sie gebeten, nach Athen zu fliegen, und außer Mr. Simonides kannte niemand den Grund für ihre Reise, auch nicht ihre trauernden Eltern. Thea hatte während der Schwangerschaft Herzprobleme bekommen und war bei der Geburt an Herzversagen gestorben. So hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, für die Rechte ihrer kleinen Neffen zu kämpfen.
„Mission verfehlt“, flüsterte Gabi. Sie fühlte sich unendlich leer.
Nachdem sie die Unterlagen wieder in den Umschlag getan und diesen eingesteckt hatte, verließ sie das Büro und ging dann an der Empfangsdame vorbei, die ihr höflich zunickte. Wenige Minuten später eilte sie aus dem Gebäude und wollte sich ein Taxi rufen, das sie zum Hotel zurückbrachte.
Doch zu ihrer Überraschung stieg aus einer wartenden Limousine ein Chauffeur aus und kam auf sie zu.
„Ms. Turner?“
Verwirrt blinzelte sie. „Ja?“
„Kyrie Simonides meinte, Sie hätten lange auf ihn gewartet. Ich soll Sie fahren, wohin Sie möchten.“
Sofort beschleunigte sich ihr Puls. Hatte der Vater der Zwillinge etwa doch kein Herz aus Stein? Wenn das Foto der beiden ihn nicht überzeugt hatte, dann würde es der Vaterschaftstest tun.
Da er ihr eine Limousine geschickt hatte, wollte er sich womöglich noch einmal mit ihr treffen, doch er musste Diskretion wahren. Offenbar hatte ein Mann in seiner Position und mit seinem Aussehen gelernt, seine früheren Affären geheim zu halten.
„Danke. Würden Sie mich bitte zum Hotel Amazon bringen?“ Dies befand sich in der Nähe des Firmengebäudes im Herzen der Plaka, einem der ältesten Stadtteile Athens.
Der Chauffeur nickte, während er ihr den Schlag aufhielt.
Ihren Eltern hatte sie erzählt, dass sie sich mit einer Kollegin aus Virginia traf, die gerade in Athen war und mit der sie zusammen etwas Sightseeing
Weitere Kostenlose Bücher