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Im Königreich der Frommen (German Edition)

Im Königreich der Frommen (German Edition)

Titel: Im Königreich der Frommen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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Alkohol umgewandelt. Die Hefe hat
sich am Boden abgesetzt. Nun kann der Wein abgegossen werden. Die
Hefe bleibt in der Flasche zurück. Dieses Absetzen lassen der
Hefe und das Abgießen sollte man wiederholen, je öfter um
so besser. Und den Wein sollte man lagern. Je länger um so
besser.
    Ein kleines
Restchen blieb von unserem Gelage übrig. Drei Wochen gelagert
war es kaum von einem handelsüblichen Rotwein zu unterscheiden.
Vielleicht war es auch die trockene Luft im Königreich, die mir
meinen Wein so gut schmecken ließ.
    Ein Freund, dem das
alles zu viel Aufwand war, setzte einfach Zuckerwasser in einer
Flasche an und ließ sie offen in der Wohnung herumstehen. Die
Gärung besorgten die Hefe-Pilze in der Luft. Das Gebräu
schmeckte nicht gut, aber es enthielt Alkohol. Das war das
Entscheidende für ihn.
    Ich machte also
Wein – aber dann sollte nicht jeder Wein trinken. Für
manche Leute war es eindeutig besser, wenn sie die Finger davon
ließen. Paul war einer von ihnen. Aber das wusste ich da noch
nicht. Nur: Dann war es schon zu spät.
    Wir kamen auf jeden
Fall aus der Schule zurück. Es war ein Mittwoch Nachmittag, der
saudische Freitag. Die Sonne schien hell und warm durch unsere
großen Wohnzimmerfenster. Die Sofas standen träge herum
und wir fläzten darin. Ein langes ereignisarmes Wochenende lag
vor uns.
    Einer unserer
Kollegen kam rüber. Nennen wir ihn Jack der Einfachheit halber.
Zusammen mit einem zweiten Kollegen wohnte er in der Wohnung
nebenan. Auch so einer komischer Kauz, der zweite Kollege jetzt. Das
ist aber eine andere Geschichte. Tja, das Königreich zog sie
an, die Spacken, wie ein Magnet die Schreckschrauben.
    Jack kam aus
Kanada. Er war ein Bär von einem Mann und hatte eine Stimme
tief wie ein Elch. Tätowierungen prangten auf seinen dicken
Oberarmen. Die immer gut zu sehen waren. Denn Ärmel waren nicht
Jacks Ding. Wenn sein Visum im Königreich auslief, erzählte
er, wollte er vielleicht im Norden Kanadas arbeiten auf einer
Ölbohrinsel. Ins Königreich war er erst vor ein paar
Wochen gekommen. Davor hat er in China unterrichtet, dort war er
verheiratet, aber er wurde ausgewiesen, wegen irgendeines Problems
mit der Arbeitserlaubnis.
    Jack wusste, dass
ich gerade zum ersten Mal Wein gemacht hatte. Später hat er
eine Nachschublinie für reinen Alkohol aufgetan. Der musste in
irgendeinem Krankenhaus gestohlen worden sein oder einer chemischen
Fabrik. Er trank ihn verdünnt mit Cola. Jack schlug vor, meinen
frisch gemachten Wein doch einmal zu probieren.
    Ich hätte
lieber noch etwas gewartet. Der Wein war gerade erst fertig geworden
und noch viel zu jung. Ein paar Tage später hätte ich ihn
mit dem größten Vergnügen mit den beiden getrunken.
Na gut, was soll's. Ich holte die Flasche, wir probierten ein Glas.
Nicht schlecht eigentlich. Er schmeckte wie Federweißer, aber
er trank sich gut. Etwas zu gut anscheinend. Bald stürzte Paul
die Gläser rein mit zwei Händen und im Stehen, wie jemand,
der lange Sport gemacht hat oder gerade von einer Wanderung aus der
Wüste kam. Es dauerte nicht lang, bis wir die vier Liter bis
auf ein Restchen ausgetrunken hatten.
    Wir redeten über
dies und das. Jack erzählte von seiner Zeit in China, von den
Barschlägereien dort – das war das Gute an China, sagte
er, die Chinesen sind nicht besonders groß. Auch wenn ein paar
von ihnen gegen dich stehen, hast du immer noch eine realistische
Chance. Paul erzählte von Thailand und seinen Visafahrten nach
Laos. Ich weiß nicht mehr, über was wir sonst noch
redeten. Wir lachten viel. Wir hatten seit ein paar Monaten keinen
Alkohol getrunken. Ich zumindest nicht. Seit ein paar Monaten hatten
wir keinen richtigen Spaß gehabt. Jungs tranken ein paar
Gläser zusammen. Das war es. Eigentlich nichts besonderes.
Eigentlich nicht. Gut gelaunt verklönten wir den ganzen
Nachmittag.
    Aber dann nicht
mehr. Ich habe keine Erinnerung mehr, wie das Gespräch diese
Wendung nahm. Ich weiß nicht mehr, über was wir
unmittelbar davor gesprochen haben. Ich weiß nur noch, dass
Paul auf einmal sagte, so apropos von gar nichts: „Ich habe
einmal eine achtjährige aus dem Fenster geworfen.“
    Paul wieder, das
große Kind! Er hat ein achtjähriges Mädchen aus dem
Fenster geworfen. In Thailand wahrscheinlich. Na, klar. Hat er
bestimmt.
    Jack und ich müssen
große Augen gemacht haben.
    „ Sie
hat nur gelacht.“ – verträumt sagte Paul das, mit
dem Blick in die Ferne, die Mundwinkel leicht nach unten, um es

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