Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)
Leib, und alles, was diese Leute wollen, ist, früh ins Bett zu kommen. Ich bitte dich! Was ist bloß aus der allgemeinen Höflichkeit geworden? Was ist bloß aus Benimm und Anstand geworden? Hat denn niemand mehr Interesse an Kunst? Sehr unschön, das alles.«
»Da wir gerade von Höflichkeit, Benimm und Anstand reden«, sagte Bree, die plötzlich in Zorn geriet. »Für den kleinen Streich, den du mir gespielt hast, habe ich nicht das Geringste übrig.«
»Was für einen kleinen Streich?«
»Das lässt sich in zwei Worten sagen: Benjamin Skinner der Niederträchtige.«
»Das sind aber vier Worte. Und wer ist das?«
»Ich nehme an, dass du und Professor Cianquino nicht wissen konntet, dass er plötzlich sterben würde«, räumte Bree ein. »Aber genau das hat der alte Zausel getan, heute Nachmittag, und natürlich habe ich ihn zurückgerufen, und natürlich war jemand von der Familie dran. Das war eine unglaubliche Demütigung für mich.« Bree merkte, wie ihr die Tränen kamen, was sie nicht sonderlich überraschte. Sie hatte einen ziemlich schlimmen Tag hinter sich – der misshandelte Hund, die bizarre alte Dame auf dem Friedhof, die Polizei und dann noch der Schreck, den ihr die UPS-Botin eingejagt hatte. »Das war überhaupt nicht lustig!«
» Weinst du etwa?«, fragte Antonia. »Bree, ich kann die Situationen, in denen du seit der Highschool geweint hast, weil du traurig warst, an einer Hand abzählen. Na ja, vielleicht an zweien«, räumte sie ein. »Zum Beispiel bei der Trennung von Payton der Ratte. Und als dein alter Hund Sunny gestorben ist. Wenn man jedoch die Situationen nimmt, wo du weinst, weil du total sauer bist, nun, das ist eine gänzlich andere Art von Weinen und zählt nicht wirklich. Um da mitzuzählen, müsste ich tausend Hände haben.«
»Halt mal einen Moment die Klappe, okay?« Bree fischte ein Papiertaschentuch aus der Tasche ihrer Jeans und putzte sich die Nase. »Ich habe einen langen Tag hinter mir, das ist alles. Und ich wollte dich nur wissen lassen, dass dein kleiner Scherz fehlgeschlagen ist.«
»Ich habe absolut keine Ahnung, wovon du redest. Ehrlich nicht. Möchtest du mir davon erzählen, um was auch immer es geht? Möchtest du, dass ich die Party sausen lassen und zu dir komme?«
»Bis Savannah bräuchtest du mit dem Auto mehrere Stunden, und es ist fast elf. Nein, ich möchte nicht, dass du kommst. Außerdem … hast du denn morgen keinen Unterricht?«
»Tja, die Uni«, sagte Antonia nachdenklich, um dann zu verstummen.
Bree merkte, dass das Schweigen am anderen Ende der Leitung schuldbewusst war. Ihre nervige kleine Schwester hatte wahrscheinlich wieder einmal das Studium geschmissen. Ihre Eltern würden einen Tobsuchtsanfall bekommen. Doch darüber wollte sich Bree im Augenblick keine Gedanken machen. »Du behauptest also, du hättest dich nicht mit Professor Cianquino zusammengetan, um diese Sache auszuhecken?«
»Du meinst diesen alten Zausel von der juristischen Fakultät? Den habe ich seit deinem Ehemaligentreffen bei uns zu Hause nicht mehr gesehen.«
»Genau den meine ich«, erwiderte Bree. »Bezeichne ihn gefälligst nicht als alten Zausel. Und warum hast du angenommen, ich könne mir meine Büromaterialien nicht selbst aussuchen?«
»Warum erzählst du mir nicht, was eigentlich los ist?«, gab Antonia zurück.
Bree erzählte es ihr.
»Nein! Das ist ja wirklich eine miese Geschichte. Und der alte Typ ist heute Nachmittag abgekratzt? Wahnsinn! Also damit habe ich nichts zu tun. Und ich bin beleidigt, dass du mich verdächtigt hast.« Antonia seufzte. »Da hat dir jemand richtig übel mitgespielt, Schwester«, fuhr sie mit sanfter Stimme fort. »Tut mir wirklich leid.«
»Wenn du es aber nicht warst, wer dann?«, fragte Bree.
»Keine Ahnung. Vielleicht Payton die Ratte? Ein Exfreund, der auf Rache sinnt, ist zu allem fähig.«
»Payton«, sagte Bree. »Meine Güte. Da könntest du recht haben.« Diese Beziehung war auf üble Weise zu Ende gegangen. Bis zu einem gewissen Grad war sogar klar, warum Professor Cianquino Payton das Telefon hatte kaufen lassen, wie es der Fall gewesen sein musste. Payton hatte im gleichen Jahr wie sie das Studium abgeschlossen, mit magna cum laude. Der Professor empfand echten Respekt vor geistiger Brillanz. Und von der Trennung, die erst vor ein paar Wochen stattgefunden hatte, hatte er sicher nichts gewusst.
»Bist du noch da?«, fragte Antonia. »Wenn es Payton war, was willst du dann tun? Wutentbrannt mit einer Harke
Weitere Kostenlose Bücher