Im Palast des Wuestenprinzen
versicherte Tajik ihm belustigt. Dann blickte er wieder zum Fenster hinaus. In Jamalbad war man sehr traditionsbewusst, und der Staatsrat erwartete, dass seine zukünftige Frau noch unberührt war, was er selbst nicht so eng sah. Da er im westlichen Ausland zur Schule gegangen war und studiert hatte, hatte er sich eine eigene Meinung gebildet. Man verlangte von den Frauen, bis zur Ehe enthaltsam zu leben, während die jungen Männer sich nach Herzenslust austoben konnten, was er für scheinheilig und für eine Art Doppelmoral hielt. Irgendwo werde ich schon eine junge Frau finden, die man akzeptiert und der man abnimmt, noch Jungfrau zu sein, sagte er sich. Solange er mit seiner Wahl glücklich war, würde es ihm leichtfallen, den Staatsrat von ihren Tugenden zu überzeugen.
Schließlich richtete er den Blick wieder auf die junge Frau am Swimmingpool. Sie war wirklich sehr attraktiv, auch wenn sie ihre offenbar gute Figur unter einem eher konservativen Outfit verbarg und das goldblonde Haar für seinen Geschmack zu streng im Nacken zusammengebunden hatte. Noch viel besser würde sie in etwas weiblicherer Kleidung aussehen, die ihre Rundungen betonte. Aber angesichts von Kamils Bedenken war ihre konservative Aufmachung momentan eher ein Plus.
Er rieb sich das Kinn, während er über die Möglichkeiten nachdachte. Mit der feinen hellen Haut, dem goldblonden Haar und den vollen Lippen hatte sie nicht die geringste Ähnlichkeit mit Joharah, die er sehr geliebt hatte. Und das war ein weiteres Plus.
Plötzlich bekam er Schuldgefühle, so als dürfte er gar nicht daran denken, eine andere Frau zu heiraten. Die Gesellschafterin meiner Mutter würde ich aus Vernunftgründen statt aus Liebe heiraten, rechtfertigte er sich sogleich. Es ging ihm vor allem darum, Qasim einen Strich durch die Rechnung zu machen und die Stabilität im Land nicht zu gefährden.
Schon jetzt freute er sich auf die überraschten Mienen, wenn er diese Frau als seine Braut vorstellte. Ihr attraktives Äußeres war zweifellos ein Gewinn, und mit ihr zu schlafen wäre sicher ein Vergnügen. Immerhin war er auch nur ein Mann, und wenn er das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden konnte, um seinem Cousin die Pläne zu durchkreuzen, wäre das eine gute Lösung.
„Kamil, vielleicht ist die Suche ja schon beendet, ehe sie richtig angefangen hat“, meinte er und wies auf die junge Frau, die gerade die Zeitung weglegte und anfing, seiner Mutter die Fingernägel zu lackieren. „Haben Sie sich über ihren Hintergrund genauestens informiert?“
Eigentlich hätte er sich die Frage sparen können. Sein Mitarbeiter hätte die Frau niemals eingestellt, wenn er sie vorher nicht kritisch überprüft hätte.
„Natürlich“, erwiderte Kamil leicht irritiert über den Themenwechsel. „Sie hat einen einwandfreien Leumund, die allerbesten Referenzen und eine tadellose Vergangenheit.“
„Und wie sieht es mit ihrem Privatleben aus?“
„Sie ist ungebunden und hat offenbar außer ihrer Zwillingsschwester, die vor Kurzem geheiratet und ihr erstes Kind bekommen hat, keine Verwandten.“
„Gut, dann gibt es keine Probleme“, stellte Tajik kühl fest.
„Was wollen Sie damit sagen?“, fragte Kamil. Er ahnte Schlimmes.
Tajik legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ganz einfach, mein Lieber. Indem Sie die perfekte Gesellschafterin für meine Mutter gefunden haben, haben Sie Ihrem Land einen großen Gefallen getan: Sie haben wahrscheinlich die perfekte Frau für mich gefunden.“
2. KAPITEL
„Entschuldigung, Exzellenz, aber das halte ich für eine absurde Idee. Die richtige Frau zu finden sollten Sie nicht auf die leichte Schulter nehmen“, wandte Kamil ein.
„Da haben Sie recht“, stimmte Tajik ihm freundlich zu. „Die Sache ist viel zu ernst, um von meinem Cousin und seinesgleichen entschieden zu werden.“
„Es genügt doch, dass Sie den Vorschlag, Abir zu heiraten, entschieden zurückweisen“, schlug sein Mitarbeiter vor.
„Glauben Sie denn, Qasim würde sich dadurch von seinen Machtgelüsten abbringen lassen? Er würde weiterhin gegen mich Stimmung machen und den Einfluss, den er vielleicht auf den Staatsrat hat, für seine Zwecke nutzen.“ Tajik zuckte mit den Schultern, ehe er fortfuhr: „In gewisser Weise hat er sogar recht, Jamalbad braucht stabile Verhältnisse und einen Herrscher, der Söhne hat, um ihn zu beerben. Aber ohne eine Frau an meiner Seite kann ich keinen Nachfolger präsentieren. Ehrlich gesagt, ich habe auch gar keine
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