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Im Reich des Wolfes

Im Reich des Wolfes

Titel: Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Killer, und wenn wir auch nicht viel über unsere Gefühle reden, kennt doch jeder von uns die bittere Wahrheit. Wir lieben den Kampf. Wir lieben es zu töten. Ich glaube nicht, daß dies auch für dich gilt. Und ich bin der Meinung, das ist gut so.«
    »Du glaubst, mein Vater tötet gern?«
    »Er ist ein Rätsel«, gab Angel zu. »Ich erinnere mich, daß ich einmal mit Danyal darüber gesprochen habe. Sie sagte, in seinem Innern wären zwei Männer - der eine sanft, der andere ein Dämon. In jeder Seele gibt es Türen, die niemals geöffnet werden dürfen. Aber dein Vater fand einen Schlüssel.«
    »Zu mir ist er immer sanft gewesen und zu meiner Schwester auch.«
    »Das bezweifle ich nicht. Was ist mit Krylla geschehen?«
    »Sie hat geheiratet und ist fortgezogen.«
    »Als ich euch als Kinder kannte, hattet ihr eine ... Macht, ein Talent. Du und Krylla, ihr konntet miteinander reden, ohne zu sprechen. Ihr konntet Dinge sehen, die in weiter Ferne waren. Könnt ihr das immer noch?«
    »Nein«, sagte sie und wandte sich ab.
    »Wann hat es aufgehört?«
    »Ich möchte nicht darüber reden. Können wir mit dem Unterricht weitermachen?«
    »Natürlich«, antwortete er. »Dafür werde ich ja bezahlt. Steh still.« Er stand auf und stellte sich vor sie hin. Dann fuhr er mit den Händen über ihre Schultern und Arme; seine Finger drückten die Muskeln, verfolgten die Linie ihres Bizeps und Trizeps, hinauf über die Deltamuskeln und die Schultergelenke.
    Sie fühlte, wie sie rot wurde. »Was tust du da?« fragte sie und zwang sich, ihm in die Augen zu sehen.
    »Deine Arme sind nicht stark genug«, sagte er, »vor allem hier hinten nicht«, fügte er hinzu und drückte ihren Trizeps. »Deine ganze Kraft liegt in den Beinen und den Lungen. Und dein Gleichgewicht stimmt nicht. Gib mir deine Hand.« Noch bei Sprechen ergriff er ihr Handgelenk, hob ihren Arm und starrte auf ihre Finger hinunter. »Lang«, sagte er, fast zu sich selbst. »Zu lang. Das bedeutet, du kannst das Schwert nicht gut im Griff halten. Wir schneiden heute abend mehr Leder dafür zurecht. Folge mir!«
    Er ging zum Waldrand, wanderte von Stamm zu Stamm und prüfte die Aste. Zufrieden blieb er schließlich unter einer ausladenden Ulme stehen. Ein dicker Ast sproß knapp außer seiner Reichweite über ihm. »Ich möchte, daß du springst, dich an den Ast hängst und dich dann langsam hochziehst, bis du ihn mit dem Kinn berühren kannst. Dann - immer noch langsam, vergiß das nicht -läßt du dich wieder herab, bis deine Arme fast ausgestreckt sind. Verstehst du?«
    »Natürlich verstehe ich das«, fauchte sie. »Es war nicht gerade eine besonders schwierige Anweisung.«
    »Dann tu es!«
    »Wie oft?«
    »So oft du kannst. Ich möchte die Grenzen deiner Kraft sehen.«
    Sie sprang in die Höhe. Ihre Finger schlössen sich um den Ast, und für einen Augenblick blieb sie hängen, um sich richtig festzuhalten. Dann zog sie sich langsam hoch.
    »Wie geht es?« fragte er.
    »Einfach«, antwortete sie und ließ sich hinunter.
    »Noch einmal!«
    Bei drei spürte sie, wie ihr Bizeps sich streckte. Bei fünf begannen die Muskeln zu brennen. Bei sieben zitterten ihre Arme, und sie ließ los und fiel zu Boden. »Schwach«, sagte Angel. »Aber immerhin ein Anfang. Morgen früh beginnst du den Tag mit sieben Zügen, wenn du kannst, mit acht. Anschließend machst du Laufübungen. Wenn du zurückkommst, machst du noch einmal sieben Züge. In drei lägen erwarte ich, daß du zwölf schaffst.«
    »Wie viele schaffst du?«
    »Mindestens hundert«, antwortete er. »Folge mir!«
    »Könntest du aufhören, folge mir zu sagen! Ich komme mir vor wie ein Hund.«
    Doch er bewegte sich schon, während Miriel noch protestierte, und sie folgte ihm zurück über die Lichtung. »Warte hier«, befahl er. Dann ging er zu der Seite der Hütte, wo das Kaminholz für den Winter aufgestapelt war. Er suchte zwei große Scheite aus und brachte sie zu Miriel, wo er sie im Abstand von etwa sieben Metern auf den Boden legte. »Ich möchte, daß du von einem zum anderen läufst«, sagte er.
    »Du willst, daß ich sieben Meter laufe? Warum?«
    Seine Hand schoß vor und traf ihre Wange. »Hör auf, dumme Fragen zu stellen und tu, was man dir sagt.«
    »Du Hurensohn!« brüllte sie. »Rühr mich noch einmal an, und ich bringe dich um!«
    Er lachte und schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Aber tu, was ich dir sage - dann hast du vielleicht eines Tages wirklich die Fähigkeit dazu. Und jetzt geh zu dem ersten

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