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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Felice
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ich mich neben Hanalore und konzentrierte mich auf einen Lichtpunkt, der über den Leuchtschirm wanderte. Wenn nur die wirbelnden Dunstschleier, die dahinjagenden Wolken und die verwirrende kontinentale Grenze unser Volk noch einige Zeit beschützen würden.
    „Hast du das gesamte Reich an den Feind ausgeliefert?“ fragte Baltsar erstaunlich ruhig, als er hinter mich trat.
    „Vielleicht erwischen wir sie“, sagte ich düster, während ich die Ingenieure beobachtete, die sich über das Kontrollpult beugten.
    „Und was dann? Glaubst du, sie greifen jemanden von ihrer Art an?“
    „Ich weiß es nicht“, mußte ich eingestehen.
    Ich wandte mich von ihm ab in der Absicht, Teon – so gut wie ich es ohne meine Karten vermochte – dabei zu unterstützen, die Ingenieure über das fremde Gebiet zu leiten. Ich wünschte mir das Gefühl herbei, wenn der Wind mit den Haaren an meinen Ohren spielte, und ich wollte wieder den bukolischen Duft der vulkanischen Luft schnuppern und wollte das Land unter mir sehen. Mein letzter Wunsch wurde mir erfüllt. Zwischen den Infrarotschirmen und dem Radar konnte ich das Land schließlich erkennen. Hanalore und ich berieten uns kurz und lenkten Joan in eine Richtung, von der ich hoffte, daß sie uns zu dem Kernschatten führte, wo der mächtige Gletscher begann.

32

    Joan versuchte, dem Zentrum des Sturms über Schattenland zu entgehen, jedoch überfiel er uns trotz aller Bemühungen auszuweichen. Lichtblitze bildeten irrsinnige Muster auf dem Infrarotschirm, und das Instrumentenpult zischte und knisterte. Der mächtige Luftroder tanzte und schwankte wie ein Schilfboot auf den Wellen, während wir uns an unsere Sicherheitsgurte klammerten und uns fragten, wann der Glücksgott seines Spiels überdrüssig würde, uns über Berggipfel zu heben und uns vor dem Sturz in die Vulkanschlünde zu bewahren.
    Joan hockte schwitzend an den Kontrollen, und seine wuscheligen Haare wurden zu feuchten Filzklumpen. „Wohin jetzt, Heao?“ fragte er verzweifelt.
    Aber ich wußte es nicht. Die Winde hier oben waren anders als die Winde am Boden. Der einzige Geruch stammte von den schwitzenden Fremden. Wolkenformationen, die ich für Berge hielt, lösten sich vor meinen Augen auf. Entfernung, wie ich sie schätzte, war für Joan bedeutungslos; ein Zwienachtmarsch bis zur Grenze von Schattenland, drei Zwienächte, um die Entfernung zwischen dort und dem letzten Vulkan, auf den wir gestoßen waren, zu überwinden. Doch der Luftroder brauchte nicht in eine leicht begehbare Schlucht auszuweichen oder an einer Vulkanschulter emporzusteigen oder eine unersteigbare Felskette zu umgehen. Der Luftroder flog geradeaus, bis der Vulkan den Schirm erleuchtete, und schaffte die Entfernung einer Wanderung von vier Zwienächten Dauer in einem Zeitraum, der zu dem von Reisen auf dem Boden in keinem Verhältnis stand. Dann schwenkte auch das Schiff herum, um einem Sturm auszuweichen, doch das Manöver erwies sich als vergeblich, und wir hatten uns plötzlich hoffnungslos verirrt.
    „Kannst du denn nicht über die Wolken steigen?“ fragte Hanalore.
    „Was, zur Hölle, glaubst du denn, versuche ich die ganze Zeit?“ entgegnete Joan wütend.
    Ich spürte, daß der Luftroder an Höhe gewann, jedoch war diese Maschine, wie ich wußte, lediglich für Operationen in niedriger Höhe ausgelegt. Die Wolken schienen sich endlos hoch aufzutürmen.
    Endlich brachte Joan das Schiff über den Sturm. Der Horizont war von einem Wall schwarzer Wolken gesäumt, jedoch konnten wir auch erkennen, wie die Sonnenstrahlen an der Kante der Himmelsbrücke abgelenkt wurden und Schattenland abgrenzten. Erleichtert lenkte Joan die Nase des Schiffs auf die ferne Kante der Himmelsbrücke zu, und wir flogen los.
    Hanalore, Teon und ich betrachteten das heiße Glühen der Vulkane am Infrarotschirm, und kurz darauf sahen wir die dunkle Masse des riesigen Gletschers, der wie der schwarze Fluß aus einem Traum von der kontinentalen Trennlinie bis zum Meer floß, wo das Tafelland lag. Wir sanken wieder durch die wirbelnden Wolken und huschten über die Landstraße aus weißem Eis auf die Stadt zu … nein, nicht meinem Traum folgend, sondern ihn zu seinem Höhepunkt treibend.
    Baltsar starrte durch das geliehene Fernglas und war vom Tempo unserer Reise überwältigt. „Eine Jahreszeit“, murmelte er, „fast eine Jahreszeit brauchten wir, um so weit zu wandern.“ Die Spitze seines Schwanzes zuckte.
    Eine Jahreszeit dauerte es, durch den Schatten des

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