Im Schatten dunkler Mächte
Prolog
Ich würde für ihn sterben.
Nein, Augenblick ⦠an dieser Stelle sollte ich nicht anfangen.
Ich weià das. Aber wenn es nach mir ginge, würde ich am liebsten die Ereignisse der folgenden Wochen überspringen und Sie durch die Tage mit beschönigten Details, die mich in einem etwas schmeichelhafteren Licht erscheinen lassen, hetzen.
Niemand sieht in seinen dunkelsten Stunden gut aus. Aber gerade diese Stunden machen uns zu dem, was wir sind. Entweder bleiben wir standhaft, oder wir ducken uns weg. Entweder kommen wir siegreich durch all die Prüfungen gestärkt hervor, oder wir sind gebrochen und hadern mit dem Schicksal.
Ich habe nie über solche Dinge wie dunkle Stunden, Prüfungen und Schicksalsschläge nachgedacht.
Meine Tage waren ausgefüllt mit Sonnenbaden, Shoppen, den Stunden hinter der Bar im Brickyard (das war mehr Party als ein echter Job, und genau so mochte ich mein Leben) und dem Sinnen nach Möglichkeiten, wie ich meine Eltern dazu bringen könnte, mir ein neues Auto zu kaufen. Mit zweiundzwanzig wohnte ich immer noch zu Hause, geborgen in meiner behüteten Welt, von den träge rotierenden Ventilatoren im tiefen Süden verführt zu dem Glauben, ich sei der Mittelpunkt der Welt.
Dann wurde meine Schwester Alina während ihres Studiums in Dublin brutal ermordet, und meine Welt veränderte sich über Nacht. Es war schon schlimm genug, dass ich ihren verstümmelten Leichnam identifizieren und zusehen musste, wie meine einst glückliche Familie zerbrach, aber mein Dasein wurde noch mehr erschüttert. Das hörte nicht auf, bis ich erfuhr, dass so ziemlich alles, was ich seit frühester Kindheit an über mich zu wissen glaubte, nicht der Wahrheit entsprach.
Ich erfuhr, dass meine Eltern nicht meine leiblichen Eltern waren; meine Schwester und ich wurden adoptiert; und trotz meines schleppenden, manchmal übertriebenen Südstaatenakzents waren wir keine Südstaatler, sondern entstammten einer uralten keltischen Blutlinie von Sidhe-Seherinnen â von Frauen, welche die Feenwesen sehen können. Feenwesen sind furchteinflöÃende, auÃerweltliche Kreaturen, die im Geheimen schon Tausende von Jahren, eingehüllt in Illusionen und Lügen, unter uns leben.
Das waren die einfachen Lektionen.
Die harten Lehren sollten noch kommen; sie erwarteten mich im Amüsierviertel (von den Iren Craic genannt), dem Temple-Bar-Bezirk, wo ich sterbende Menschen gesehen habe und das Töten lernte, Jericho Barrons, Vâlane und dem Lord Master begegnete und in das tödliche Spiel, das die Zukunft der Welt bestimmte, eintrat.
Für alle, die mich erst jetzt kennenlernen: Ich heiÃe MacKayla Lane, kurz Mac genannt. Mein richtiger Nachname könnte OâConnor sein, aber das weià ich nicht mit Sicherheit. Ich bin eine Sidhe-Seherin, eine der mächtigsten, die je gelebt haben. Ich kann die Feenwesen nicht nur sehen, sondern sie auch verletzen, und bewaffnet mit einem der kraftvollsten Heiligtümer â dem Speer des Luin oder Speer des Schicksals â, kann ich die Unsterblichen sogar töten.
Lehnen Sie sich nicht allzu behaglich und entspannt in Ihren Sesseln zurück. Nicht nur meine Welt steht auf dem Spiel, sondern auch Ihre. Es geschieht in diesem Augenblick, während Sie dasitzen, etwas knabbern und sich auf ein fiktionales Entrinnen vorbereiten. Wissen Sie was? Es ist keine Fiktion, und es gibt kein Entrinnen. Die Mauern zwischen der menschlichen Welt und dem Bereich der Feen bröckeln â und, ich sagâs nicht gern, aber die Feen haben keine, überhaupt keine Ãhnlichkeit mit Tinkerbell.
Wenn die Mauern ganz einstürzen ⦠Nun, hoffen Sie lieber, dass es nicht so weit kommt. An Ihrer Stelle würde ich sofort alle Lichter einschalten, einige Taschenlampen bereitlegen und den Vorrat an Batterien überprüfen.
Ich kam aus zwei Gründen nach Dublin: um herauszufinden, wer meine Schwester getötet hat, und um Rache zu üben. Sehen Sie, wie leicht ich das jetzt über die Lippen bringe? Ich will Rache. Rache mit einem groÃen R. Rache mit zermalmten Knochen und jeder Menge Blut. Ich will ihren Mörder tot sehen, und vorzugsweise soll er durch meine Hand sterben. Nach wenigen Monaten in Dublin habe ich Jahre der glänzenden Südstaatenzivilisation abgeschüttelt.
Kurz nachdem ich aus dem Flugzeug von Ashford, Georgia, stieg und meinen sorgsam
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