Immortal 3 - Schwarze Glut
heute Abend um elf.
Kapitel 5
D as »Faerie Lights« war ein quadratischer Sandsteinbau mit einer tristen Fassade, die partout nicht zum fantasievollen Namen der Pension passen wollte. Gilraens Frau Arianne hatte bei den Schutzzaubern allerdings ganze Arbeit geleistet, und Christines Zimmer war zwar klein, aber blitzsauber.
Nach einem Bad und einer Schale Gemüsesuppe, die Christine sich kräftig nachsalzte, war sie gestärkt genug, um sich wieder ihren Problemen zu stellen. Allein in ihrem Zimmer, holte sie ihre Pendelschale hervor und rief damit nach Amber Silverthorne, der amerikanischen Hexe, die seit dem Tod ihrer älteren Schwester mit dem Hexenzirkel des Lichts zusammenarbeitete. Weil sie keine Dämonenspione auf sich aufmerksam machen wollte, die in der Gegend lauern konnten, benutzte Christine gewöhnliches Wasser aus dem Hahn und nur einen schwachen Zauber. Zum Glück war Amber zu Hause und antwortete ihr sofort. Das Bild in der Schale war nicht sonderlich klar, reichte aber aus.
»Wo bist du?«, fragte Amber. Hinter ihr konnte Christine die breite Silhouette des Unsterblichen Adrian ausmachen. »Als ich nichts von dir hörte, dachte ich …«
»Ich bin in Inverness«, unterbrach Christine sie. »Ich bin ziemlich sicher, dass Kalen hier ganz in der Nähe ist.« Dann erzählte sie ihnen, was sie über Maireds Ermordung wusste.
»Göttin!«, sagte Amber. »Geht es dir gut?«
»Ja, alles bestens«, antwortete Christine knapp. »Obwohl ich auf der Zugfahrt hierher ein unschönes Erlebnis mit einem Dämon hatte.« Auch davon berichtete sie genauer. »Deshalb versuche ich, möglichst nicht aufzufallen, falls Tain nach mir sucht.«
»Versuch, Kalen so schnell wie möglich zu finden!«, sagte Amber, die sehr ernst klang. »Weißt du, wo er ist?«
»Leider nur ungefähr, aber ich habe einige gute Anhaltspunkte.« Sie erzählte Amber lieber nichts von Leanna und ihrer Sidhe-Sexführung. »Keine Sorge, ich finde ihn! Und dann melde ich mich sofort wieder. Wissen wir schon etwas über die anderen Unsterblichen?«
»Über Hunter haben wir bisher noch nichts«, antwortete Amber. »Aber wir haben Neuigkeiten von Darius. Er lebt mit einer Werwölfin namens Lexi Corvin in New York City.«
Christine atmete erleichtert auf. »Der Göttin sei Dank! Hoffentlich kann ich bald mehr zu Kalen sagen.«
»Sei vorsichtig!«, ermahnte Amber sie.
»So vorsichtig, wie ich kann. Sei gesegnet!«
»Sei gesegnet!«
Sie blinzelte, als sich Ambers Bild in der Schale auflöste. Dann stand sie auf und schüttete das Wasser, das nun magisch aufgeladen war, in ihre Flasche. Inzwischen hatte sie sich eine saubere Jeans und einen frischen weiten Pullover angezogen, unter dem sie ihre Wasserflasche an einem Schulterriemen befestigte, ehe sie ihr Zimmer verließ und die schmale Treppe hinunterstieg.
Arianne war nicht minder redselig als ihr Mann, und so verging eine halbe Stunde, bis Christine sich gegen die Elfenproteste durchsetzen konnte und es aus der Pension schaffte.
»Aber es ist nicht sicher!«, rief Arianne aus und rang die Hände.
»Seien Sie zurück, solange es noch hell ist!«, fügte Gilraen hinzu. »Bitte!«
Christine biss die Zähne zusammen. »Mir passiert schon nichts.« Wenn sie das doch nur selbst glauben könnte!
Vor der Pension holte sie tief Luft und ging entschlossenen Schrittes zu dem Laden zurück, in dessen Fenster Leannas Poster hing. Die Tür stand weit offen und führte in einen kleinen, hell erleuchteten Raum mit einem langen Tresen an der einen Seite. Auf einem Regal gegenüber waren jede Menge Souvenirs ausgestellt. Bis auf einen spitzohrigen Mann hinter dem Tresen war niemand in dem Laden. Er trug ein blauweißes Fußballtrikot, auf dem stand: »Ich bin für Schottland und jeden, der gegen England spielt.« Sein Kopf war über die Sportseite des Inverness Courier gebeugt.
Er blickte nicht einmal auf, als Christine näher an den Tresen trat und auf den Artikel sah, in den der Sidhe so vertieft war. INVERNESS GEGEN VAMPIRES UNITED: KÖNNEN DIE HIGHLAND-JUNGS DEM BISS AUSWEICHEN? Christine wusste es nicht, und ehrlich gesagt interessierte es sie auch nicht. Sie räusperte sich. »Entschuldigung.«
Nun sah der Sidhe stirnrunzelnd auf. »Ja?« Seine Stimme klang rauh. Er sah nicht schlecht aus, auch wenn seine Haut einen deutlichen Grünschimmer aufwies. Sein dunkelblondes Haar war leicht borstig, und sein Kreuz für einen Sidhe viel zu breit. Ein Halbblut, ging es Christine durch den Kopf, halb Oger.
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