Immortal after Dark 10 - Versprechen der Ewigkeit
einem der vier Magister hierher verfrachtet worden war. Offenbar bestand sein einziges Verbrechen darin, dass er ein Auge auf das falsche Mädchen geworfen hatte: die Tochter eines Magisters. Nachdem er in der Einrichtung eingetroffen war und lebende, atmende Ungeheuer zu Gesicht bekommen hatte, war der Junge in eine Art Schockstarre verfallen.
Declan war nicht einmal achtzehn gewesen, als er diesen Wesen zum ersten Mal gegenübergestanden hatte. Er hatte die Begegnung überlebt.
Wenn auch nicht unversehrt …
Für eine Weile beobachtete Declan, wie sich die Brust der Walküre regelmäßig hob und senkte. Ihr T-Shirt war verrutscht, sodass ihr flacher Bauch zu sehen war. Die Haut über der Wunde hatte sich bereits wieder geschlossen.
Die typische Widerstandskraft der Unsterblichen. Wie oft hatte er sie schon verflucht? Mit ihrer Regenerationsfähigkeit waren sie Albtraumgegner.
Noch schlimmer war es, wenn sie noch weitere Fähigkeiten besaßen: Die Vampire konnten sich teleportieren, und die Hexen besaßen Zauberkräfte. Wenn der Orden ihre Anzahl nicht ständig einschränken würde, wären sie nicht aufzuhalten.
Er trommelte mit den Fingern auf den Schreibtisch. Die Walküre hatte eben erst zehn Morde begangen, und trotzdem war er neugierig auf sie, wollte mehr wissen als die dürftigen Einzelheiten in ihrer Akte.
Was stimmt bloß nicht mit mir? Von allen Unsterblichen, die einzufangen er ausgesandt worden war, war sie vermutlich diejenige, die Declan am meisten hasste, weil sie so offen zur Schau stellte, was sie war, und weil sie stolz darauf war, seine Männer kaltgemacht zu haben.
Von Declan wurde nicht erwartet, neugierig zu sein. Er sollte einfach nur handeln, und zwar auf Anweisung. Seit fast zwanzig Jahren befolgte er nun schon Befehle, war die Waffe gewesen, die der Orden führte.
Er war mit seinem Leben nicht zufrieden, aber zumindest hielt seine Zielstrebigkeit die Anspannung in Schach. Er verdankte Webb alles: sein Leben, seine Karriere, jeglichen Rest klaren Verstandes, den er noch besitzen mochte.
Jemand betätigte die Klingel für seine Gemächer. Es gab nur drei Menschen, die das wagen würden: Calder Vincente, ein ehemaliger Ranger und seine rechte Hand, Webb, wenn er auf einen seiner seltenen Besuche kam, und Dr. Kelli Dixon, die Ärztin, die die Forschungen an den Gefangenen leitete.
Er warf einen Blick auf das Kamerabild des äußeren Korridors. Es war Dixon, mit einem ihm wohlbekannten metallenen Behälter in der Hand.
Auch wenn er am liebsten einfach nur die Walküre beobachtet hätte, um sich an ihrer Reaktion zu ergötzen, wenn sie erwachte und ihre Lage begriff, hatte er doch wichtige Dinge mit der Ärztin zu besprechen. Er zog seine Handschuhe wieder an und drückte auf einen Knopf, um sie einzulassen.
Sie betrat das Zimmer mit einem schmeichelnden Lächeln, das er verachtete. Manchmal verhielt sich Dixon wie ein durchgeknallter Fan im Teenageralter. Er wusste, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte, aber das taten Frauen aus irgendeinem Grund öfter. Je kälter er sie behandelte, umso mehr schienen sie ihn zu begehren.
Doch selbst wenn es an Dixon irgendetwas gäbe, das ihn in Versuchung führen könnte – ihr Aussehen war nicht der Rede wert, ihre Figur brettartig –, müsste sie es doch von allen Menschen am besten wissen, warum es niemals mehr geschehen würde.
Sie wartete darauf, dass er sie einlud, sich zu setzen. Da die einzige Sitzgelegenheit in dieser Ecke seiner Wohnung sein Bett war, wartete sie vergeblich.
»Wie war Ihre Reise?«
»Die Jagd war erfolgreich.«
»Das haben wir schon gehört.« Sie schob sich die große Brille die Nase hoch und musterte ihn mit dem forschenden Blick einer Ärztin. »Sie sehen erschöpft aus. Konnten Sie schlafen?«
»Ich werd’s in der nächsten Woche nachholen.« Normalerweise schlief er nur vier Stunden die Nacht, doch während der Jagden verkürzte sich selbst diese Zeitspanne noch einmal auf die Hälfte. Insgesamt war er nun zwei Wochen fort gewesen, da er für die drei Gefangenen langwierige Vorbereitungen hatte treffen müssen.
»Was macht das Herz? Haben Sie Palpitationen festgestellt? Irgendwelche negativen Reaktionen auf das Medikament?« Dixon versorgte ihn nun schon seit über zehn Jahren mit den Injektionen – seitdem sie für Declans jährliche medizinische Untersuchungen verantwortlich war. Sie hatte stets seine Geheimnisse bewahrt und ihn mit Medikamenten versorgt.
»Keinerlei unerwünschte Nebenwirkungen.
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