Immortals after Dark 02 - Kuss der Finsternis
lauschte kurz und klopfte dann an.
„Wer ist da?“, erklang eine gedämpfte Stimme.
„Solltest du das nicht eigentlich wissen?“, fragte Myst. Sie drehte den Türknauf, nachdem die Tür aufgeschlossen worden war.
Als sie das Zimmer betraten, stellten sie fest, dass es ebenfalls verdunkelt war. Die einzige Lichtquelle war ein Computerbildschirm. Nïx stand mit unergründlicher Miene vor ihnen und flocht sich mit raschen Bewegungen ihr langes schwarzes Haar. Sie hatte Jeans und ein enges T-Shirt an, auf dem stand: „Es macht mir Spaß, mit meiner Beute zu spielen.“
In ihrem Zimmer gab es einen riesigen Fernseher, Nagellackfläschchen in Hunderten von Schattierungen und ein Pin-up-Poster von einem Mann, dessen Name mit „Jeff Probst“ angegeben wurde, auf dem „Das Sexsymbol der denkenden Frau“ stand. Auf dem Boden lagen haufenweise zerfetzte Bücher, abgestürzte Papierflugzeuge und etwas, das aussah wie die Überreste einer altmodischen Standuhr, die jemand in einem Wutanfall auseinandergenommen hatte.
Myst verschwendete keine Zeit. „Wir sind auf der Suche nach seinen Brüdern, Nïx, und wir brauchen deine Hilfe.“
Nïx schnappte sich eines der wenigen noch intakten Bücher vom Boden und setzte sich auf ihr Bett. Er konnte einen Blick auf den Titel erhaschen: Voodoo Lous Voodoo-Ratgeber fürs Büro. Nehmen Sie Ihre Karriere selbst in die Han d … mit Voodoo! „Und wieso sollte ich dem Blutsauger wohl helfen, hmmm?“
In Mysts grünen Augen blitzte Verärgerung auf. Sie selbst nannte andere Vampire nach wie vor Blutsauger, und es war ihr auch egal, ob ihre Schwestern es taten, aber, wie sie einmal zu Nikolai gesagte hatte: „Es ist eine doppelte Beleidigung, dich so zu nennen. Wenn du ein Blutsauger bist und gern von mir trinkst, wozu macht mich das dann? Zum Volltrottel? Einer hirnlosen Idiotin? Sehe ich für dich vielleicht wie eine Milchkuh aus?“
Myst lehnte sich gegen Jeff Probst und stützte sich mit einem Fuß gegen die Wand. „Du wirst uns helfen, weil ich dich darum bitte und du mir noch was schuldig bist, nachdem ich dem Koven ein überaus pikantes Geheimnis vorenthalten habe.“
Nïx prustete verächtlich und zerfetzte das Voodoo-Buch mit ihren scharfen Klauen. „Welches Geheimnis?“ Sie griff sich einen anderen Ban d – Die Methoden des modernen Mystizismus –, spreizte ihre Klauen, schien ihre Absicht, das Buch ebenfalls vollkommen zu zerstören, noch einmal zu überdenken, und riss stattdessen lediglich ein paar Seiten heraus, und zwar das Kapitel mit der Überschrift „Warum es einfacher ist zu glauben“.
„Erinnerst du dich noch an das Jahr 1197?“, fragte Myst.
„Vor oder nach der Zeitenwende?“, erkundigte sich Nïx in gelangweiltem Ton. Sie begann, eine der Buchseiten zu falten. Es sah ziemlich kompliziert aus. Origami? Langsam wurde eine Gestalt erkennbar.
„Du weißt, dass ich erst um die Zeitenwende entstanden bin.“
„Also 1197 nach der Zeitenwende?“, murmelte Nïx mit gerunzelter Stirn. Plötzlich rötete sich ihr Gesicht. Ihre Miene wurde störrisch, und ihre Finger flogen nur so über das Papier und falteten mit atemberaubender Geschwindigkeit. „Nicht gerade anständig, diese alte Geschichte wieder aufzuwärmen. Und zum hundertsten Mal: Ich dachte, er und seine Spielkameraden aus dem Rudel wären alle schon erwachsen!“ Als ihre Finger endlich stillstanden, stellte sie das perfekte Gebilde auf ihren Nachttisch. Es war ein Drache, der sich angriffsbereit aufbäumte. „Erwähne ich vielleicht deine kleinen Peinlichkeiten? Nenne ich dich Mysty die Vampirhegerin wie der Rest der Mythenwelt? Wie die Nymphen? “
Myst presste ihre Hände in gespielter Verzweiflung auf die Brust. „Oh weh, die Nymphen meiden mich. Ich weine bittere Tränen.“ Sogleich verhärtete sich ihr Gesicht wieder. „Welche Informationen brauchst du von uns, damit du irgendetwas siehst?“
Mit einer hochnäsigen Bewegung warf Nïx ihren schweren Zopf nach hinten und wandte sich von Myst zu Nikolai. „Warum willst du sie finden?“, fragte sie ihn. Ohne hinzusehen, begann sie mit einer neuen Origamifigur, diesmal allerdings mit vier Seiten aus dem Methoden -Buch.
„Ich will wissen, ob sie noch leben oder tot sind. Ob ich ihnen helfen und sie wieder nach Hause holen kann.“
„Warum sind sie fortgegangen?“ Die Art, wie sie ihn musterte, war fast schon beleidigend. Ihre Finger bewegten sich so flink, dass sie nahezu unsichtbar waren, und es schien, als ob sich das
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