Immortals after Dark 05 - Verfuehrung der Schatten
worden. Und er hatte schon sehr kurz davor gestanden, geköpft zu werden. Doch keine dieser Torturen war auch nur annähernd so quälend wie dieser ständige Schmerz in seiner Brust.
Cade hatte sich in Holly verliebt. Verdammt noch mal, er wollte seinen Halbling wiederhaben.
Holly kauerte sich in einer kleinen Nebenstraße auf einem Haufen schmutzigen Schnees zusammen. Und es fiel immer noch mehr von diesem schrecklichen Zeug vom Himmel herab. Sie wünschte sich, nie wieder im Leben auch nur eine Schneeflocke sehen zu müssen.
Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand. In irgendeinem dieser öden Bergbaustädtchen. Sie konnte sie schon nicht mehr auseinanderhalten.
Nachdem sie vier Tage lang nicht mehr geschlafen hatte, war sie am Ende ihrer mentalen und physischen Kräfte. Der Hunger, den sie wochenlang nicht mehr verspürt hatte, war jetzt umso stärker wieder zurückgekehrt und verursachte ihr ein ständiges Schwindelgefühl.
Ihr war das Geld ausgegangen, ihre Uhr hatte sie längst verkauft, und es gab keine Banken, an die ihr jemand hätte Geld überweisen können. Es gab nicht einmal ein Postamt. Nicht dass es jemanden gegeben hätte, den sie um Hilfe bitten könnte.
Ich bin vollkommen allein …
Das Münztelefon an der Ecke klingelte. Als eine junge Frau, die Technik zutiefst verehrte, wollte Holly sich nicht an einem Ort aufhalten, an dem es noch Münztelefone gab. Münztelefone bedeuteten, dass sie unter gar keinen Umständen hier sein sollte.
Irgendwann hörte das Klingeln auf.
Also, was mach ich jetzt? Ich kann entweder weitergehen oder ich kann hier auf diesem dreckigen Schneeklumpen sitzen, bis ich erfriere.
Inzwischen konnte sie tatsächlich problemlos im Dreck sitzen. Es machte ihr nicht mehr das Geringste aus. Das Schicksal hatte Holly eine umfassende Konfrontationstherapie spendiert. Sie hatte seit Tagen nicht geduscht, konnte ihre Zähne nicht mehr putzen. Sie hatte in dreckiger Bettwäsche geschlafen, in schäbigen Unterkünften übernachtet, die nach gekochten Zwiebeln und Männerfüßen rochen.
Was kommt als Nächstes? Sie konnte versuchen, eine Mitfahrgelegenheit zu finden …
Das Telefon klingelte wieder, und dieses Mal ging es ihr wirklich auf die sowieso schon über Gebühr strapazierten Nerven. Sie erhob sich etwas unsicher und ging zu dem Telefon hinüber, um einfach nur den Hörer von der Gabel zu nehmen. Aber nachdem sie abgehoben hatte, zwang ihre Neugier sie, sich zu melden.
„Hallo?“ Ihre Stimme klang heiser.
„Halt nach uns Ausschau!“, schrie Nïx gegen laut plärrende Musik an. „Wir sind die mit den geilen Bassboxen.“ Klick.
Was zum Teufel …? Holly hängte wieder ein und starrte eine ganze Weile auf das Telefon, als ob es ihr mit etwas gutem Willen sagen könnte, wie und warum Nïx sie gerade angerufen hatte.
Minuten später kam ein roter Geländewagen, aus dem ein rhythmisches Stampfen dröhnte, schlitternd vor ihr zum Stehen. Hinter dem Steuer saß eine Walküre mit strahlendem Gesicht und sarkastischer Miene. Nïx saß auf dem Beifahrersitz und winkte Holly zu, sie solle einsteigen.
Holly zeigte ihr den Stinkefinger und schlurfte zu ihrem Schneehaufen zurück.
Die beiden Frauen folgten ihr.
„Wow, du siehst ja echt wie ein Eimer voll Scheiße aus“, sagte die Strahlende zu Holly.
In fröhlichem Ton klärte Nïx sie auf: „Das ist deine Tante Regin die Ränkevolle. Wir glauben nicht, dass sie dazu fähig ist, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Und jetzt komm bitte, Schätzchen. Sonst verpassen wir noch unseren Flug.“
Holly hob die Augenbrauen. „Mit euch gehe ich nirgendwohin.“
Nïx blinzelte verwirrt. „Aber warum denn nicht?“
Holly starrte sie einige Sekunden lang mit offenem Mund an, bevor sie endlich die Sprache wiederfand. „Vielleicht liegt es daran, dass du mich angelogen hast, mich mit deinen Tricks dazu gebracht hast, mit einem bösen Dämon mitzugehen? Einem, der mich an einen Hexenmeister ausgeliefert hat, der vorhatte, mich mit dem Kind des ultimativen Bösen zu schwängern!“
Nïx klopfte sich mit einem behandschuhten Finger gegen das Kinn. „Ich schätze, du konntest Cade nicht allzu weit werfen.“
Die mach ich fertig. Ich werde sie mit dem Gesicht in den schönen gelben Schnee da drüben tunken.
„Also, Schätzchen, das ist aber nicht sehr nett …“, sagte Nïx in tadelndem Ton.
„Ich möchte mit Holly allein sprechen“, sagte Regin.
Nïx zuckte die Achseln und kehrte zum Wagen zurück. Sobald sie und Holly
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