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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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auf den Weg. In zwanzig Minuten sind sie da.
    Meredith ist sprachlos, als ich auflege.
    Dann: »Das« – sie zerrt mich am Arm Richtung Wohnzimmer – »ist dein neuer Freund?«
    Und: »Hast du den Verstand verloren?«
    Ich starre sie an. Es fällt mir schwer, mich auf das zu konzentrieren, was sie sagt. Ich will nur, dass Dr. Williams herkommt, nach Cal sieht, mir mitteilt, dass alles gut wird.
    »Mamie.« Sie ist laut. »Was zum Teufel denkst du dir eigentlich dabei?«
    Ich zucke zusammen. Sie klingt so zickig.
    »Könntest du bitte leiser sprechen?«
    »Ich dachte, du wärst hier hochgekommen, um dich um dich selbst zu kümmern und dich zu berappeln«, zischt sie nur wenig leiser.
    Jetzt ist es ganz dunkel. Ich trete einen Schritt von ihr zurück, gehe im Zimmer herum und schalte ein paar Lampen an. Hilft nur ein wenig. Der kalte Abend draußen vor dem Fenster scheint alles zu trüben und unser Licht mit nach draußen zu ziehen.
    Mit wedelnder Hand zeigt sie auf Cals Zimmer. »Und so kümmerst du dich um dich selbst? Mit diesem Typen? Was zum Teufel fehlt dem denn?«
    Sie sieht aus wie eine wütende Puppe. Der Kontrast zwischen ihrer Schönheit und ihrem Gesichtsausdruck ist obszön.
    »Normalerweise ist es nicht so, so schlimm. Und würdest du bitte leiser sprechen?«
    Mit Geklapper zieht sie einen Stuhl vom Tisch weg und lässt sich drauf fallen.
    »Du bist echt erstaunlich, Wren «, sagt sie. »Echt. Was hast du da für Zeug geredet? Dass du nicht mit den schrecklichen Dingen auf der Welt fertig werden könntest? Viel schlimmer als das hier kann es wohl kaum werden.« Die Anklage verzerrt ihr Gesicht.
    Ich würde ihr gern sagen, dass sie abhauen soll, weg von diesem Tisch, raus aus dem Haus, aber ich hab keine Energie in mir. Ich will wirklich nur, dass Dr. Williams kommt und nach Cal sieht.
    »Im Ernst, Mamie, das hier ist das Letzte, was du brauchen kannst. Ich dachte, du wärst hergekommen, damit es dir besser geht.«
    »Bin ich. Tut es.«
    Sie schüttelt den Kopf, als würde ich es einfach nicht begreifen.
    »Ich mach mir Sorgen um dich.« Aber sie klingt nicht besorgt, sondern stinkwütend.
    »Dann hör auf damit.«
    Ich wende mich ab. Ich kann sie nicht mehr ansehen.
    »Weiß deine Mutter von diesem Typen? Denn ich glaube nicht, dass du zurzeit allzu klarsiehst.«
    »Du hast keine Ahnung …« Ich versuch’s noch mal, aber es hat keinen Zweck.
    »Wovon denn nicht? Dass du zu viel Angst hast, um wieder in dein wirkliches Leben zurückzukommen?«
    Sie versteht es nicht, will nicht verstehen, dass ich wegen Cal einen Sinn darin sehe, zu bleiben, anstatt einfach still ins Nichts abzugleiten, wie ich es versucht habe.
    »Du willst dich lieber hier oben verstecken mit …« Sie wedelt in die Richtung, in der Cals Zimmer liegt. »Diesem Typen? Scheint ja der totale Knaller zu sein.«
    »Halt die Klappe, Meredith«, sage ich leise.
    »Oh, tut mir leid. Ganz vergessen. Du bist ja so fragil . Hab ich etwa was gesagt, das dir nicht gefällt? Was, das du zu beschissenen Schneeflocken zurechtschneiden möchtest?«
    Wütend rote Kreise glühen auf ihren Wangen.
    Ich mach den Mund auf, will mich verteidigen, klappe ihn wieder zu. An dieser Stelle mache ich normalerweise dicht. Sag mir, dass es nicht so wichtig ist. Ist es aber. Ich mach den Mund wieder auf.
    »Mich dazu zu zwingen, Briefe zu lesen, die ich zu lesen nicht bereit bin, wird gar nichts in Ordnung bringen. Du kannst nicht einfach hier hochkommen, mit den Fingern schnippen und von mir erwarten, dass ich so bin, wie du mich haben willst. Tut mir leid, dass meine Reaktion auf das, was geschehen ist – dass Patrick neben mir in einem Auto gestorben ist –, deinen Erwartungen nicht entspricht. Ich geh damit um, so gut ich kann. Schließlich haben sie mir im Krankenhaus keine Gebrauchsanweisung mitgegeben. Was soll ich denn sonst sagen? Ich hab nicht gewusst, dass ich mich so fühlen würde. Entschuldige, dass ich dich nicht um Erlaubnis gebeten hab, bevor ich untergegangen bin.«
    Für eine Weile hält sie die Hände vors Gesicht. Dann zieht sie sie weg, schaut mich an, mit feuchten, anklagenden Augen. »Du hast uns verlassen. Nicht nur mich. Auch die anderen. Emma. Du bist nicht bei diesem Unfall umgekommen. Und du bist nicht die Einzige, die letztes Jahr verletzt worden ist.«
    Ihre Stimme bricht: »Wir alle haben Patrick verloren.«
    Es ist keine Luft da. Die Dunkelheit hat sie zusammen mit dem Licht gestohlen, alles ausgelöscht. Ich bin gefangen. Genau

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