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In der Kälte der Nacht

In der Kälte der Nacht

Titel: In der Kälte der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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lauerte Buddy auf. Wenn der Junge vorbeigegangen war, sprang die Katze ihm in den Nacken. Sie fügte ihm keine Wunden zu, höchstens mal einen Kratzer. Aber sie krallte sich in Buddys Hemd fest, so fest, daß er sie nicht abschütteln konnte. Was dann passierte, war immer das gleiche, Buddy geriet in Panik. Er rannte eine Weile im Kreis herum, und dann raste er durch die verschiedenen Räume des Hauses auf der Suche nach seiner Mutter. Cäsar hing auf seinem Rücken und spuckte ihm ins Ohr. Es tat nicht weh. Was Buddy Angst machte, war die Tatsache, daß der Angriff immer so plötzlich, ohne jede Vorwarnung kam. Aber Mutter sagte, die Katze will nur spielen. Ein paarmal stellte sich Buddy dem Angriff aus eigenen Stücken. Er forderte die Katze heraus. Er wollte ihr klarmachen, daß er keine Angst vor ihr hatte. Wenn Cäsar auf dem Fensterbrett lag, um sich die Sonne auf den Pelz scheinen zu lassen, baute sich Buddy vor ihr auf und starrte sie an. Er verlor das Blickduell jedesmal. Buddy war nicht sehr selbstsicher, wenn es um das Gespräch mit anderen Menschen ging. Katzen gegenüber war er noch unsicherer. Er kam sich dann sehr dumm, sehr unterlegen vor. Dann gab es noch den Spott der anderen, mit dem er sich herumzuschlagen hatte, aber das war nicht so schlimm wie die Katze! Spott kam nicht so plötzlich. Als kleiner Junge war Buddy von den anderen Kindern erbarmungslos gehänselt worden. Er hatte das ertragen gelernt. Auf Spott konnte man sich innerlich einstellen. Buddy war nicht dumm, er hatte verstanden, daß er anders war. Wäre sein Intelligenzquotient etwas niedriger gewesen, er wäre sich seiner Andersartigkeit nicht einmal bewußt geworden. Wäre der Intelligenzquotient höher gewesen, so hätte Buddy es mit Katzen und grausamen Spielgefährten aufnehmen können. So aber badete er etwas aus, was er gar nicht verschuldet hatte. Buddys geistige Fähigkeiten waren nicht voll entwickelt. Folge eines technischen Versagens im Krankenhaus, wo er einst zur Welt gekommen war. Er war fünf Wochen zu früh geboren worden, und das Brutgerät hatte nicht richtig funktioniert. Als Buddy fünf war, kam sein Vater bei einem Arbeitsunfall im Sägewerk ums Leben. Zwei Wochen später kam Cäsar ins Haus. Wenn Vater den Unfall nicht gehabt hätte, es hätte keine Katzen in Buddys Leben gegeben. Keine Katzen und keine Menschen, die sich über ihn lustig machten. Es war zehn Jahre her, daß seine Mutter gestorben war. Buddy war damals 25 gewesen. Gleich nach Mutters Tod hatte er eine Stellung bei der Big Union Supply Company angenommen. Es blieb unklar, ob man ihm den Job nur aus Mitleid gegeben hatte; Buddy sprach nicht darüber. Er war Werkschutzmann geworden, einer der Männer, die das Gelände der Sagemühle bewachten. Buddys Dienst ging von Mitternacht bis acht Uhr früh, er arbeitete an fünf Tagen in der Woche. Er ging Wache, hielt nach defekten Kabeln Ausschau, nach Funken, nach Feuer. Er war stolz auf seinen Job, und nachdem er die Arbeit zehn Jahre lang machte, hatte er ein gewisses Maß innerer Sicherheit gewonnen. Buddy hatte eine Aufgabe. Manchmal allerdings kam er sich wie ein Kind vor. Immer dann, wenn sie ihn demütigten. Sie, das waren seine Kollegen. Sie machten Witze über ihn, Witze, deren Bedeutung er nicht verstand. Sein Vorgesetzter war Ed McGrady. Ein Mensch, der keiner Fliege etwas zuleide tat. Allerdings grinste er, wenn die anderen Buddy verspotteten. Er sagte dann immer, Männer, laßt das doch sein, aber er grinste. Das war auch der Grund, warum Buddy für sich behielt, was er in jener Nacht beobachtet hatte. Er wußte, die Kollegen würden sich über ihn lustig machen, wenn er die Wahrheit sagte. Die Sache war jetzt 24 Stunden her. Buddy hatte den eingefriedeten Platz verlassen, er war in den Wald gegangen, um zu pinkeln. Er ging nicht gerne auf eines der betriebseigenen Pissoirs. Dort waren die Witze der Kollegen am deftigsten. Er stand im Schutz einer mächtigen Pinie, als er die beiden Männer aus dem Wasser kommen sah. Sie hielten Taschenlampen in der Hand, die gelben Lichtkegel tanzten ihnen voraus. Sie gingen an ihm vorüber, in fünf Schritt Entfernung. Er sah ihre hüfthohen Stiefel. Wie Angler, dachte er. Aber in dem künstlichen See gab es keine Fische. Und dann war da noch etwas. Die beiden trugen zylindrische Tanks auf dem Rücken. Wie die Taucher, die man im Fernsehen sah. Sie trugen Waffen. Es sah merkwürdig aus. Waffen im Wald. Die beiden machten ihm Angst. Killer. Wie im Fernsehen.

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