In der Oase unserer Traeume
Glauben an das Gute im Menschen erschüttert hat. Aber es muss nicht für immer so weitergehen. Es gibt das Gute, es gibt Liebe, du musst es nur zulassen.“
Salmans Gesicht war ausdruckslos. „Woher willst du wissen, wie es sich für mich anfühlt?“
Jamilah streckte eine Hand aus. „Eben. Wie kann ich es wissen, wenn du es mir nicht erzählst?“ Unbewusst legte sie die Hand auf ihren Bauch. „Es ist nicht so, dass du dich einer solchen Nähe nicht hingeben kannst, Salman. Du tust es einfach nicht. Und das kannst du auch nicht vertuschen, indem du dich ausschließlich in körperliche Intimität stürzt.“ Sie merkte, dass Tränen über ihre Wangen liefen, und wischte sie ungeduldig mit ihrem Handrücken ab. „Ich weiß nicht, wieso ich dich habe glauben lassen, dass mein Baby nicht von dir war, Salman. Wahrscheinlich wollte ich dich schützen, dabei brauchst du eher eine ordentliche Dosis Realität.“
Noch immer strömten Tränen aus ihren Augen. Sie bemerkte nicht einmal, wie bleich Salman geworden war. „Ich weiß, das muss schwer zu akzeptieren sein. Für einen Mann wie dich, der so überaus kontrolliert ist, in einem so bedeutenden Bereich zu versagen. Doch Tatsache ist, dass es dein Baby war und meines und dass es gestorben ist, bevor es eine Chance auf ein Leben hatte.“
Der grausame Schmerz der Erinnerung überflutete sie. Am liebsten hätte sie so lange mit den Fäusten auf ihn eingetrommelt, bis er wenigstens einen Bruchteil des Leids fühlte, das sie jeden Tag begleitete.
„Weißt du was?“, rief sie aus. „Ich bin sogar froh, dass unser Baby nicht gelebt hat. Du wärst ein furchtbarer Vater geworden, Salman! Du klammerst dich an deine schreckliche Vergangenheit, anstatt sie zu überwinden. Deshalb bist du bist nicht in der Lage zu lieben. An dich ist jede Liebe verschwendet!“
Im Schock erstarrt, sah Salman zu, wie Jamilah tränenüberströmt aus dem Zelt lief. Ihre Worte hatten ihn wie Peitschenhiebe getroffen. Ein Baby. Sein Baby!
Das kann nicht sein! dachte er immer wieder. Medizinisch war es unmöglich. Bei jeder anderen Frau hätte er sofort geglaubt, sie habe nicht die Wahrheit gesagt. Aber nicht Jamilah. Sie würde ihn nicht anlügen.
Plötzlich erinnerte er sich wieder an die Worte seines Arztes: „Um sicherzugehen, dass die Operation auch erfolgreich war, müssen Sie regelmäßig zu den Nachuntersuchungen kommen. Zwar muss nur ein sehr geringer Prozentsatz dieser Eingriffe wiederholt werden, aber Sie wissen ja, es gibt keine Garantien.“
Salman hatte die Operation von einem erstklassigen Arzt durchführen lassen, und da er schon damals ein sehr beschäftigter Mann gewesen war, hatte er nie die Zeit für eine Nachuntersuchung gefunden. Es war also durchaus möglich, dass die Operation wirklich nicht erfolgreich gewesen war.
Salman sah wieder den traurigen Ausdruck in Jamilahs Augen vor sich, als sie ihm zum ersten Mal von der Fehlgeburt erzählt hatte. In dem Moment hatte er ihre Verletztheit nur auf den Verlust des Kindes zurückgeführt und war gar nicht auf die Idee gekommen, dass es sein Baby sein könnte. Salman verfluchte sich selbst und stürmte aus dem Zelt, um Jamilah einzuholen.
Er konnte sie nirgends entdecken, doch plötzlich hörte er ein donnerndes Geräusch. Aus einem der nahe gelegenen Unterstände tauchte Jamilah auf dem Rücken eines Pferdes auf. Ihr Haar wehte hinter ihr her wie eine Fahne im Wind.
„Jamilah!“, rief Salman.
Er fühlte sich, als würde ihn die Angst ersticken. Unfähig, sich zu bewegen, konnte er nur regungslos zusehen, wie Jamilah auf ihn zugaloppierte. Wenige Zentimeter von ihm entfernt brachte sie das Pferd abrupt zum Stehen. Salman spürte, wie ihm der kalte Schweiß ausbrach. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so schwach gefühlt.
Mit traurigen Augen blickte Jamilah auf ihn herunter. „Immerhin weiß ich, dass du mir nicht folgen wirst, Salman. Ich komme erst zurück, wenn ich den Hubschrauber höre. Keine Sekunde eher.“
Sie wirbelte das Pferd herum, das mit donnernden Hufen davongaloppierte. Sie verschwand in einer dichten Staubwolke.
Stunden später lief Salman ruhelos vor dem Zelt auf und ab. Niemand wagte es, sich ihm zu nähern. Noch immer gab es kein Zeichen von Jamilah. Als der Hubschrauber endlich am Horizont erschien, seufzte er erleichtert auf. Jetzt würde sie endlich zurückkommen, und er konnte ihr alles erklären.
Aber auch eine Stunde später war noch nichts von ihr zu sehen. Salman spürte, wie er
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