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Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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geritten zu glauben, dass die sich geändert haben. Warum sind wir nicht in Hamburg geblieben?«
    Auch lan senkte seine Stimme. »Weil du in Hamburg nicht atmen kannst, weil deine Seele seit fast elf Jahren nur hier lebt und dein Körper immer schmaler und blasser wird und weil ich das nicht länger ertragen kann.« Er legte seine Hand flüchtig auf den weißen Narbenwulst, der unterhalb seines Ohres in den Haaren verschwand. Die Hand zitterte.
    Der Streifschuss, durchfuhr es sie, mit dem sie ihn damals in Zululand erwischten! Wie konnte ich nur so egoistisch sein, welche Bilder müssen ihn jetzt peinigen, die ich nicht sehen kann? Behutsam streichelte sie die Stelle.
    »Es tut mir so Leid.«.
    Er räusperte sich. »Red keinen Unsinn, mir ging es doch nicht anders!«
    Aber sie spürte die Willensanstrengung, mit der er Haltung bewahrte. »Was meinst du, was die vorhaben?«, fragte sie. »Wenn wir Glück haben, schicken sie uns mit demselben Flugzeug wieder zurück. Dann hat es nur Geld gekostet.« Sie schwiegen, keiner sprach aus, welches die wahrscheinlichere Möglichkeit war.
    Plötzlich stand lan auf. »Wir fliegen zurück, noch heute Abend, das wird es sein, was sie wollen - komm!« Gleich daraufstanden sie wieder vor dem Schreibtisch. Der Beamte schrieb etwas. »Geben Sie uns unsere Pässe, wir fliegen heute Abend wieder zurück, dann sind Sie los«, sagte lan mit fester Stimme.
    eamte mit dem Oberlippenbärtchen betrachtete ihn einen Mo-ment schweigend, dann glitt sein Blick zu ihr. Als er antwortete, er-213
    schien ihr sein Lächeln wie ein Zähnefletschen. »Darum geht es nicht, Mr.
    Cargill. Setzen Sie sich wieder nach nebenan.« Er wandte sich wieder seinen Akten zu.
    Es stand ihnen also nicht frei zu gehen - es ging um ihre Freiheit! Sie standen da, hielten sich an der Hand, sagten nichts, standen nur da. Nach ein paar Augenblicken drehten sie sich um, gingen in das Nebenzimmer und setzten sich wortlos wieder auf die Holzbank. Sie schwiegen. Lichtflecken wie Goldkonfetti wanderten die Wand hoch, als die Sonne langsam tiefer sank.
    Irgendwann raschelte ein daumengroßer Kakerlak über den Boden und brachte Henrietta wieder zu sich. In einer Wutexplosion zertrat sie das Insekt.
    »Kannst du dir zusammenreimen, was wir getan haben, dass die uns immer noch im Computer haben und hier mit Waffen bewachen? Kwa Mashu ist viel zu lange her.«
    »Du hast Recht gehabt. Kein Geheimdienst der Welt löscht freiwillig Daten. Das ist bei denen pathologisch. Daddy Kappenhofer hat erreicht, dass wir rehabilitiert wurden. Das bezog sich auf die rein rechtliche Seite. Mit BOSS
    hat das Recht absolut nichts zu tun. Wir waren einfach unglaublich naiv, anzunehmen, dass unsere Akte vernichtet wurde, nur weil du Toit ins Gefängnis gewandert ist. Trotzdem kann das nicht alles sein.«
    »Wenn«, sie atmete durch, »wenn wir getrennt werden, müssen wir versuchen, Tita anzurufen. Und wir müssen den Kindern Bescheid sagen.« Was sie nicht aussprach, war, wenn sie ins Gefängnis gebracht würden, lan in eine Zelle für Männer und sie zu den Frauen. »Tita und Neu wissen Bescheid. Wenn wir nicht zur verabredeten Zeit ankommen, werden sie nachforschen. Wie ich Tita kenne, marschiert dort draußen schon Daddy Kappenhofers Anwaltsarmee auf und lädt die Kanonen durch.«
    Sie schwiegen, hielten sich an den Händen, atmeten im Gleichtakt, die Stunden versanken mit der Sonne. Ihr war schwindelig, als stünde sie auf einem schmalen Grat unmittelbar an einem kilometertiefen, bodenlosen Abgrund. Die tief vergrabene Angst der letzten Tage im , März 1968 brach ihren Damm. Um ihre Gedanken zu fesseln, zu verhindern, dass sie Amok liefen, zwang sie sich, ihren afrikanischen Garten vorzustellen, der vierzig Kilometer nördlich am Hang über dem Indischen Ozean lag. Sie sah hoch. Zwei der Polizisten lehnten im Gang an der Wand, sie hielten die Waffen gesenkt, hatten aber ihre Finger am Abzug. Sie schluckte trocken. Nur vierzig Kilometer, fÖnfundvierzig Minuten auf dem North Coast Highway! Es war ihr nicht möglich, so weit im Voraus zu denken. Ihre Vorstellungskraft scheiterte schon an diesen zwei Männern mit den ausdruckslosen Gesichtern. Ein-Arm-Lens hässliches Lachen dröhnte in ihrem Kopf. Liebesgaben, hatte er gesagt und dabei gekichert, und abends wird gezählt, und der Sieger bekommt eine Prämie! Ihr Blick glitt zu lans Narbe.
    Ich halt es nicht mehr aus, dachte sie, keine Sekunde länger, dieser Preis ist zu hoch. Das innere Abbild

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