Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Insel der sieben Sirenen

Insel der sieben Sirenen

Titel: Insel der sieben Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
Stirn, und aus ihren Augen wich das vielversprechende Glühen. »Das
stimmt auch. Ich bin seine Tochter .«
    Ich
wußte, auch darauf gab es eine passende Erwiderung, aber ich büßte meine
Eloquenz ein, als ich in diese grünen Augen starrte. Das soll gelegentlich
sogar Rechtsanwälten passieren.
    »Küß
mich«, bat sie leise. So leise, daß ich mich vorbeugen mußte, um es zu
verstehen, und dann war es zu spät. Mein letzter zusammenhängender Gedanke, als
wir der nächsten Couch zutaumelten, war der Wunsch, Bradstone möge sein
Horoskop auch gelesen haben.
    Ich
war für den Rest meines Lebens zur Astrologie bekehrt, als Lofting erst eine
geschlagene Stunde später verkündete, daß Bradstone mein Erscheinen jetzt
genehm sei. Raima war, ihr Purpurröckchen an sich
pressend, vor knapp zwei Minuten verschwunden.
     
     
     

2
     
    »Mr. Randall Roberts, Sir, von Roberts,
Roberts & Grimstead .«
    Laut
schlug die schwere Eichentür hinter mir zu, und ich wurde vor Seine Eminenz
geschoben. Mir war, als würde ich von Frankensteins Ungeheuer einer
ausgewickelten Mumie präsentiert.
    Lofting der Butler — oder Leibwächter — stand vor der
Bücherwand links von dem überdimensionalen Schreibtisch. Dahinter kauerte der
Anlaß meines Ausflugs zu diesem unwirtlichen Eiland: A. Z. Bertram Bradstone.
Er war tatsächlich ein Greis; sein Gesicht durchzogen so tiefe Furchen wie
trockene Flußbette das Death Valley. Der riesige
Schreibtisch machte ihn vollends zum Zwerg. Er saß über die grüne
Schreibunterlage gebeugt, die knochigen Hände vor sich verschränkt. Die dünnen
bläulichen Lippen teilten sich und sogen ein wenig Luft in die schlaffen
Lungen, die blassen, fast blicklosen Augen hingen starr an mir. Hinter seinem
Schreibtisch schien er mir noch ganz gut aufgehoben, aber draußen im Sturm
hätte er sich nicht fünf Sekunden auf den Füßen halten können.
    »Ah
so, Mr. Roberts«, sagte der alte Mann bedächtig und mit überraschend fester
Stimme. »Sie sind gekommen, um mein Testament abzufassen und mir bei meinem
Problem behilflich zu sein. Sehr freundlich von Ihnen, den weiten Weg von San
Francisco hierher zu machen, nur wegen der Laune eines alten Mannes .«
    »Es
war weniger die Laune als das Honorar von zehntausend Dollar, auf das wir uns
geeinigt hatten«, sagte ich. »Ich bin nur ein Anwalt, Mr. Bradstone, kein
Samariter .«
    Er
musterte mich streng. Zweifellos hatte er mit diesem Blick so manchen
aufstrebenden jungen Bewerber eingeschüchtert, als die Firma Bradstone noch im
eisernen Griff ihres Begründers lag. »Aber wie man mir sagte, sind Sie ein
erstklassiger Anwalt«, bemerkte er in einem Ton, der mir verriet, daß seine
stählerne Energie von der Hinfälligkeit seines Körpers noch keineswegs
beeinträchtigt worden war. »Und Ihr Honorar vollauf wert. Aber geben Sie mir
nur den geringsten Anlaß, daran zu zweifeln, und Sie können sich einen anderen
Klienten suchen .«
    »Wir
suchen niemals Klienten, Mr. Bradstone«, sagte ich. »Gelegentlich müssen wir
sie jedoch abweisen .«
    Der
Alte schnaufte heftig, was seinen Körper in dem riesigen Stuhl gefährlich ins
Schwanken brachte. Ich dachte, er hätte einen Anfall, begriff dann aber, daß er
nur lachte. »Was hältst denn du von Mr. Roberts, Karl ?« wandte sich der alte Mann an den Riesen. »Er scheint wirklich Charakterstärke
zu besitzen. Bewunderswert , meinst du nicht auch? Im
Gegensatz zu den kriecherischen, geldgierigen, verlogenen Intriganten, die an
die Spitze meines Unternehmens gelangt sind. Ein Mann, der Geld ablehnen kann,
weil er Prestige hat.« Das Gelächter schüttelte ihn nun, und er mußte sich mit
beiden Händen am Schreibtisch festhalten. Als es sich in einen Hustenkrampf
verwandelte, traten die Knöchel weiß unter der pergamentdünnen Haut hervor.
    Lofting
eilte hinzu und packte ihn mit seinen Pranken, hielt ihn unter beiden Achseln
aufrecht. »Vielleicht sollten wir jetzt zum Geschäftlichen kommen, Sir«, regte
er an. »Ihre Zubettgehzeit rückt heran .« Lofting warf
mir einen Blick zu, und der Wink darin war nur allzu deutlich.
    »Ich
habe alle notwendigen Papiere bei mir«, sagte ich und suchte mir einen Stuhl am
Schreibtisch. Lofting behielt seinen Wachtposten hinter Bradstone bei.
    »Haben
Sie alles meinen Instruktionen gemäß vorbereitet ?«
    »Selbstverständlich.
Es müssen nur noch einige Details hinzugefügt werden, Ihren besonderen Wünschen
entsprechend — und der Name des Erben .«
    Der
alte Mann verzog das

Weitere Kostenlose Bücher