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Inseln im All -: Roman (German Edition)

Inseln im All -: Roman (German Edition)

Titel: Inseln im All -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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noch gegen die Richtung seiner Bahnbewegung, und es musste jetzt gedreht werden, damit es mit dem Bug voran in die Atmosphäre eintauchen konnte. Es war genug Zeit, dieses Manöver durchzuführen, und der Pilot tat es sehr langsam und gemächlich, indem er die Steuerdüsen an den Flügelspitzen einschaltete. Von meinem Platz aus konnte ich die feinen Dunststreifen sehen, die aus den Düsenmündungen hervorschossen, und sehr langsam begann sich der Sternhimmel um uns zu drehen. Es dauerte fast volle zehn Minuten, bevor die Drehung wieder aufhörte, und jetzt deutete der Bug des Schiffes genau nach Osten.
    Wir befanden uns immer noch achthundert Kilometer über dem Äquator, und das Schiff bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von nahezu achtundzwanzigtausendachthundert Kilometern pro Stunde. Aber langsam und unwiderstehlich fielen wir erdwärts. In ungefähr einer Viertelstunde würden wir in die äußersten Schichten der irdischen Atmosphäre eintauchen.
    John saß neben mir, und so hatte ich Gelegenheit, meine Geografiekenntnisse an den Mann zu bringen.
    »Das dort unten ist der Pazifische Ozean«, sagte ich – und irgendeine Regung veranlasste mich dazu, sehr wenig taktvoll hinzuzufügen: »Man könnte darin den ganzen Mars unterbringen, ohne dass er dabei die Küsten berühren würde.«
    John war jedoch viel zu fasziniert von der weiten Wasserfläche, als dass er sich beleidigt gefühlt hätte. Für jemanden, der bisher auf dem ozeanlosen Mars gelebt hatte, muss der Anblick überwältigend gewesen sein. Auf dem Mars gab es ja nicht einmal größere Seen, sondern nur ein paar seichte Tümpel, die sich im Sommer um die schmelzenden Eiskappen bilden. Und jetzt blickte John auf eine Wasserfläche hinunter, die sich nach allen Richtungen unendlich dehnte, so weit das Auge reichte, und nur ein paar winzige Inseln waren hier und dort weit verstreut zu sehen.
    »Schau mal«, sagte ich, »dort – genau vor uns! Das ist die Westküste von Südamerika. Wir können jetzt nicht mehr höher als dreihundert Kilometer sein.«
    Immer noch in vollkommener Stille sank das Schiff weiter erdwärts, und der Ozean rollte unter uns zurück. Keiner von den Passagieren las jetzt mehr, wenn er die Möglichkeit hatte, durch ein Fenster hinauszuschauen. Ich bedauerte die Leute, die in den Mittelreihen saßen und die Landschaft dort unten nicht sehen konnten.
    In Sekundenschnelle glitt dann die Küste von Südamerika unter uns vorüber, und vor uns dehnten sich die großen Dschungelgebiete des Amazonas. Hier gedieh Leben in einem Überfluss, den der Mars nie erreicht hatte und nie erreichen würde. Viele tausend Quadratkilometer von dichten Wäldern, zahllose Ströme und Flüsse tauchten dort unten auf; es ging so schnell, dass ein neuer Anblick schon wieder entschwunden war, ehe man ihn richtig erfasst hatte.
    Jetzt verbreiterte sich der große Strom, während wir über sein Herrschaftsgebiet dahinzogen. Wir näherten uns dem Atlantik; man hätte ihn jetzt eigentlich schon sehen müssen, aber er schien von Nebelbänken verhüllt zu sein. Als wir über die Mündung des Amazonas flogen, sah ich, dass dort unten ein schweres Unwetter tobte. Von Zeit zu Zeit zuckten grelle Blitze quer über die Wolken. Es war ein unheimliches Gefühl, dass alles in völliger Stille vor sich ging, während wir hoch darüber hinwegjagten.
    »Ein Tropengewitter«, sagte ich zu John. »Habt ihr auf dem Mars jemals auch so heftige Unwetter?«
    »Natürlich nicht mit Regen«, sagte er. »Aber manchmal erleben wir ziemlich schlimme Sandstürme über Wüstengebieten. Und ein- oder zweimal habe ich auch schon Blitze gesehen.«
    »Was – ohne Regenwolken?«, fragte ich.
    »Oh, ja. Der Sand lädt sich elektrisch auf – nicht sehr häufig, aber es kommt doch vor.«
    Der Sturm wütete jetzt schon weit hinter uns, und der Atlantik lag unter uns glatt in der Abendsonne. Wir würden ihn nicht mehr lange sehen können; denn die Dunkelheit tauchte jetzt vor uns auf. Wir näherten uns der Nachtseite des Planeten, und am Horizont konnte ich schon die Schatten schnell auf uns zukommen sehen, während wir in die Dämmerung eindrangen. Es war ein unheimliches Gefühl, so kopfüber in diesen Vorhang von Dunkelheit hineinzujagen. Mitten über dem Atlantik schwand das Sonnenlicht – und fast im gleichen Moment hörten wir auch das erste Flüstern der Luft an der Schiffshülle.
    Es war ein unirdisches, gespenstisches Geräusch, und mir sträubten sich die Haare im Nacken. Nach dem

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