Inseln im All -: Roman (German Edition)
weiter als ein Gewirr von freischwebenden Gerüststreben, die nur teilweise schon von Metallplatten überdeckt waren. Man hatte die Konstruktion noch nicht in Rotation versetzt; denn das hätte die Bauarbeit außerordentlich erschwert. Im Augenblick schwebte das Gerüst noch ungefähr achthundert Meter von uns entfernt draußen im Raum; ein paar Frachtraketen lagen längsseits. Nach der Fertigstellung würde man den Anbau vorsichtig an die Station heranbugsieren und ihn durch kleine Raketenmotore in Rotation versetzen. Sobald dann die Umdrehungsgeschwindigkeiten genau angeglichen waren, würde man Station und Anbau miteinander verschrauben, und die Trommel der Wohnstation würde dann in der Achsenrichtung doppelt so lang sein.
Während wir zusahen, bugsierte eben eine Arbeitsgruppe einen großen Gerüstträger aus dem Laderaum einer Frachtrakete. Der Träger war ungefähr zwölf Meter lang, und wenn er auch hier draußen kein Gewicht hatte, so war doch seine träge Masse unverändert – und damit auch die Widerstandskraft, die er jeder Änderung seines Bewegungszustandes entgegensetzte. Es war eine beträchtliche Anstrengung nötig, um ihn in Bewegung zu bringen, und die gleiche Kraft, um ihn wieder anzuhalten. Die Arbeiter saßen jeder in einer Art winzigem Raumschiff – einem etwa drei Meter langen Zylinder, der mit einem schwachen Raketentriebwerk und Steuerdüsen ausgerüstet war. Sie manövrierten diese kleinen Flugkörper mit phantastischer Geschicklichkeit hin und her; sie schossen vorwärts und seitwärts und kamen wenige Zentimeter vor ihrem Ziel zum Stillstand. Mit Hilfe von raffinierten Greifmechanismen und vielgliedrigen Metallarmen konnten sie alle Montageaufgaben fast ebenso leicht durchführen, als wenn sie mit ihren eigenen Händen arbeiteten.
Die Arbeitsgruppe wurde durch Radio geleitet von einem Vorarbeiter – oder um ihm seinen würdigeren Titel zu geben: einem Kontrolleur. Er befand sich in einer kleinen Luftdruckkammer, die an den Gerüststreben des bereits montierten Konstruktionsteils befestigt war. Die Arbeiter bewegten sich nach seinen Anweisungen hin und her und auf und ab – und zwar immer in vollkommenem Gleichklang. Tatsächlich sahen sie in ihren Metallpanzern, auf denen sich das Sonnenlicht spiegelte, wirklich wie Unterwassergeschöpfe aus.
Der Träger schwebte nun frei neben dem Schiff, das ihn vom Mond hierhergebracht hatte; zwei der Männer packten ihn mit ihren Greifklauen und zogen ihn langsam auf die Station zu. Viel zu spät, wie mir schien, schalteten sie dann ihre Bremsdüsen ein. Aber es war immer noch etwa fünfzehn Zentimeter Spielraum zwischen dem Träger und dem Gerüstwerk, als sie ihr Bremsmanöver beendet hatten. Dann flog der eine der beiden zum Schiff zurück, um seinen anderen Gefährten wieder beim Ausladen zu helfen, während der andere den Träger ganz an die Gerüstkonstruktion heranmanövrierte. Schließlich schob er Bolzen durch die entsprechenden Löcher und begann den Träger am Gerüstwerk zu verschrauben. Es sah alles sehr mühelos aus, aber es war mir klar, dass hinter dieser scheinbaren Mühelosigkeit eine außerordentliche Geschicklichkeit und viel Erfahrung verborgen sein mussten.
Bevor man zur Erde abreisen durfte, musste man noch zwölf Stunden in dem äußersten Stockwerk der Station verbringen, wo volle Erdschwerkraft herrschte. So stieg ich schließlich wieder eine jener gewundenen Treppen hinunter, und wieder wuchs mein Gewicht mit jedem Schritt. Als ich endlich »unten« ankam, kamen mir meine Beine sehr schwach vor, und meine Knie zitterten. Ich konnte kaum glauben, dass dies die normale Erdschwerkraft war, unter deren Einwirkung ich mein ganzes bisheriges Leben verbracht hatte.
Die Moores waren mit mir gekommen, und sie spürten die Anstrengung noch mehr als ich, denn hier herrschte ja die dreifache Schwerkraft wie auf ihrem heimatlichen Mars. Ich musste John zweimal auffangen, als er bei seinen unbeholfenen Gehversuchen zu stürzen drohte. Das dritte Mal gelang es mir nicht, und wir fielen beide zu Boden. Niedergeschlagen schauten wir uns an; gleich darauf mussten wir beide über unsere langen Gesichter lachen, und unsere Stimmung hob sich schnell wieder. Eine Weile saßen wir noch auf dem dicken Gummi-Bodenbelag – die Innenarchitekten der Station hatten offenbar genau gewusst, wo ein solcher Fußbodenbelag nötig sein würde; dann sammelten wir unsere Kräfte für einen neuen Versuch, und diesmal fielen wir nicht mehr hin. Zu Johns
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