Internat und ploetzlich Freundinnen
Eigentlich bin ich hier, um dich zu sehen und mit dir einen schönen Tag zu verbringen. Den werd ich bestimmt nicht damit vergeuden, indem ich mich mit deinen Lehrern über Zensuren unterhalte. Oder hast du was ausgefressen?“
Carlotta schüttelt den Kopf.
„Nein, im Gegenteil“, lacht sie. „Ich erzähl’s dir gleich. Das war vielleicht ein Ding! Wollen wir an den See gehen?“
„Gerne“, ist Papa einverstanden. „Wir sollten allerdings noch jemanden mitnehmen.“
Carlotta runzelt die Stirn. Wen will er denn mitnehmen?
Plötzlich läuft es ihr eiskalt den Rücken runter. Vielleicht hat Papa ja eine neue Freundin. Aber muss er die ausgerechnet heute mitschleppen, wo sie sich so lange nicht gesehen und sich so viel zu erzählen haben? Garantiert hat er die irgendwo unterwegs kennengelernt. Vielleicht eine blonde Australierin mit Surfbrett unter dem Arm. Oder eine dunkelhäutige Stammesfürstin aus Papua-Neuguinea. Bei Papa ist alles möglich.
Hauptsache, sie ist nett, denkt Carlotta. Wenn nicht, wird sie vergrault.
„Okay“, murmelt sie wenig begeistert. „Wenn’s sein muss.“
Nach der Scheidung ist Papa ein paarmal mit einer Arbeitskollegin ausgegangen, die ein Motorrad hatte und Rockmusik gehört hat. Leider hat sie sich dann Hals über Kopf in einen Pizzaboten verliebt und Papa sitzenlassen. Vielleicht hat er diesmal ja mehr Glück.
Sie reckt den Hals, als ihr Vater zwischen den parkenden Wagen verschwindet. Seine neue Freundin scheint im Auto zu warten. Wieso wohl? Ist die vielleicht so hässlich, dass sie sich nicht unter Menschen wagt?
Carlotta kichert leise bei der Vorstellung. Doch als sie sieht, wer aus dem Auto steigt, bleibt ihr das Kichern im Hals stecken. Sie blinzelt einmal, zweimal, ein paarmal hintereinander. „Hab ich was Verkehrtes gefrühstückt?“, murmelt sie. „Bestimmt war die Marmelade schlecht. Oder der Käse. Ja, garantiert. Logo. Oder wieso hab ich sonst Halluzinationen?“
Papa kommt zurück. Neben ihm hüpft jemand auf und ab und winkt und lacht wie verrückt. Aber es ist keine neue Freundin, da ist sich Carlotta sicher, trotz Karussell im Kopf und Halluzinationen. Sie schüttelt den Kopf. Es ist – aber nee, das kann nicht sein, oder? Ausgeschlossen! Oder … doch nicht?
„Katie!?“ Carlottas Stimme überschlägt sich fast, als sie den Namen ihrer allerbesten und ältesten Lieblingsfreundin ruft.
„Huhu, Carlotta!“, ruft Katie zurück und springt wie ein Flummi auf und ab.
„Katie!!“
Die Freundinnen stürmen aufeinander zu und fallen sich in die Arme. Katie kann gar nicht wieder aufhören zu hüpfen. Aber das macht nichts. Carlotta hüpft einfach mit. Papa steht daneben und grinst.
„Wahnsinn! Wo kommst du denn her?“, fragt Carlotta, als sie ihren Jubeltanz endlich beenden und nach Luft schnappen.
„Von zu Hause!“, strahlt Katie. „Ich sollte dich doch mal besuchen, oder?“
„Juchu! Ja, klar!“ Carlotta ist vollkommen aus dem Häuschen. Sie weiß gar nicht, über wen sie sich mehr freuen soll, über Papa oder Katie. Am besten über beide, beschließt sie.
„Wo sind Manu und Sofie? Wie geht’s Sofies Mutter? Habt ihr den Dieb schon erwischt? Wie geht’s dir überhaupt? Gut? Ist ja spitze!“, plappert Katie drauflos.
Carlotta kann nur stumm nicken.
Katie dreht sich einmal im Kreis und rappelt weiter: „Oh, Mann, ist das cool hier! Echt der Wahnsinn! Genauso hab ich’s mir vorgestellt! Ich hab dir übrigens neue Gummibärchen mitgebracht. Die liegen noch im Auto. Ist das da hinten Jonas? Der Süße mit dem blauen Shirt? Nee, oder?“
„Nein, das ist Brendan“, antwortet Carlotta. „Los, ich zeig dir alles. Dir auch, Papa. Obwohl du ja eigentlich schon alles kennst.“
„Ich lass es mir gerne noch mal von dir zeigen“, erwidert ihr Vater mit einem Augenzwinkern.
Carlotta ist sich sicher, dass heute der allerschönste Tag ist, seit sie auf Prinzensee ist. Er ist sogar noch schöner als der Tag, an dem Manu, Sofie und sie beschlossen haben, Freundinnen zu sein.
Sie zeigt Papa und Katie ihr Zimmer, führt sie durch den Park, erklärt ihnen alles und zeigt aufgeregt mal hierhin und mal dorthin. Auch Manu zeigt sie ihnen, die mit ihren Eltern auf einer Bank sitzt. Manu winkt. Ihre Eltern lächeln. Carlotta und Katie winken zurück.
Als ihnen Sofie und ihr Vater entgegenkommen, bleiben sie stehen. Die beiden Männer machen sich bekannt und unterhalten sich miteinander – zur Verblüffung der Mädchen in fließendem
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